DIE GESCHICHTE BERLINS
Verein für die Geschichte Berlins e.V, gegr. 1865
Newsletter 3/24 - 25. Juli 2024 - 42. Ausgabe

Liebe Leserinnen und Leser,

Vor 700 Jahren, im Jahr 1324, herrschten Unruhen und Spannungen in deutschen Landen. Unter der Führung von Papst Johannes XXII. kam es zu politischen Konflikten, da ein päpstliches Dekret verlangte, dass die Wahl eines deutschen Königs erst durch Zustimmung des Papstes gültig sei. Dieser Anspruch stieß auf heftigen Widerstand sowohl von den Fürsten als auch von den Bürgern vieler Städte.

Im Sommer 1324 kamen päpstliche Gesandte nach Berlin, um die päpstlichen Ansprüche durchzusetzen. Am 16. August 1324 entlud sich der Zorn der Bürger in zügelloser Gewalt, als der Propst von Bernau, ein strikter Verteidiger der päpstlichen Autorität, auf dem Weg zu einem Treffen mit den Gesandten von der aufgebrachten Menge getötet wurde.

Daraufhin wurde Berlin mit einem päpstlichen Bann belegt, der das religiöse und wirtschaftliche Leben lähmte. Kaufleute mieden die Stadt und für über zwanzig Jahre durften keine Gottesdienste, Taufen, Eheschließungen oder christlichen Begräbnisse mehr stattfinden. Nur die Franziskaner milderten den Bann ab und unterstützten die Bürger weiterhin.

Schließlich gaben die Berliner Stadtväter nach und zahlten eine große Summe Geld, um den Bann zu lösen. Zusätzlich musste ein jährlicher „Sühnepfennig“ an die Propstei von Bernau gezahlt werden und die Marienkirche erhielt einen neuen Altar. An der Stelle, an der der Propst getötet wurde, wurde ein Sühnekreuz errichtet, das später durch ein Steinkreuz ersetzt wurde. Dieses Kreuz, dessen fünf Löcher vermutlich von der Halterung der Ewigen Lampe stammen, wurde 1726 neben das Hauptportal der Marienkirche versetzt.

Dies ist die gängigste Version der Geschichte, wie sie sich vor 700 Jahren ereignet haben mag. Für die “wahre” Geschichte der Ereignisse empfehlen wir die Berliner Sühnekeuz-Sage von Doris Tüsselmann, zu finden am Ende des Newsletters.

Besonders freuen wir uns, dass der Vorsitzende unseres Vereins in einer eigenen Rubrik „BLICKwinkel“ historische Miniaturen der Berliner Geschichte für uns beleuchtet.

Viel Freude bei der Lektüre wünschen Ihnen

Ihre

Antje Bielfeld-Müller und Doris Tüsselmann

 


Inhalt

  1. BLICKwinkel
  2. MITTEmang inna Berlina Jeschichte
  3. Kietzjeschichten - …auch mal JottWeDee
  4. Vereinspost
  5. UffjeLESEN
  6. Wie war denn ditte? - Im Netz jefischt
  7. Wer noch nich jenuch hat: Echte Berlina Sajen

 

1. BLICKwinkel

Liebe Freunde der Berliner Geschichte!

nl240725 schleusen brueckeSommer, Natur und Zeit für Kunst und Geschichte gehören zusammen! Könnten wir die kurz vor 1900 an der Schleusenbrücke vor dem Berliner Schloss gepflanzte Eiche befragen, erhielten wir einen bis tief in eine sommerliche Nacht reichenden Vortrag über 125 Jahre Berliner Geschichte mit allen ihren Schattierungen. Die Eiche ist 18 Meter hoch und hat eine Krone von 10 Metern Durchmesser. Sie steht an prominentester Stelle Berlins, vor dem der Fertigstellung entgegen gehenden Einheitsdenkmal in Sichtweite des Auswärtigen Amts und der künftigen Bauakademie. Das sie umgebende Unkraut lässt nicht vermuten, dass diese Stelle einst poetisch „Liebesinsel“ genannt wurde. Der Künstler Thomas Neumann und der Regisseur, Kulturmanager und Autor Günter Jeschonnek forschten in 18 Archiven und bei Fotoagenturen nach Fotos der Eiche und planen die künstlerische Auseinandersetzung mit historischer Fotografie als Medium der Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur. Das von Lothar Semmel geleitete Fotoarchiv unseres Vereins konnte Aufnahmen beisteuern. Die Begeisterung für Geschichte bringt, wie dieses Beispiel zeigt, stets neue Blickwinkel zutage. In diesem Sinne begleiten Sie uns bitte weiterhin auf wechselnden Wegen zum immer wieder neuen „Abenteuer Geschichte“!

Herzlichst,

Ihr Manfred Uhlitz

 „Die Eiche“ von der Schleusenbrücke gesehen. Foto von Manfred Uhlitz


2. MITTEMANG inna Berlina Jeschichte

Mittelalter am Petriplatz: Am 28. Juni 2024 übergab Christian Gaebler, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen vor 120 geladenen Gästen den Schlüssel für das Archäologische Haus am Petriplatz. Was am Tag darauf geschah, hat Matthias C. Tank für Sie aufgeschrieben.

Würdevoller zweiter Abschied: Prozession der Gebeine der “ersten Berliner“ zum Archäologischen Haus PETRI (Ossarium):

Am Sonnabend, 29. Juni 2024, wurden ein Teil der Gebeine der auf dem Petrikirchhof in den spektakulären Grabungsjahren 2007 bis 2009 aufgefundenen „ersten Berliner“ im Rahmen von pastoralen Zeremonien und einer feierlichen Prozession vom Kirchhof der Parochialkirche in der Klosterstraße zum knapp tausend Meter entfernten Archäologischen Haus PETRI am gleichnamigen Platz in das Ossarium (Beinhaus) überführt. „Wir handeln dabei im Gedenken an alle 3778 geborgenen Toten [...] und aus Respekt für die Lebensleistung aller Berliner, die die Stadt seit dem Mittelalter erbaut, verschönert und trotz aller Wechselfälle immer wieder hoffnungsvoll aufgerichtet haben“, sagte Claudia M. Melisch, damalige Grabungsleiterin und Initiatorin dieser mittels ihrer immensen Organisationleistung denkwürdigen Veranstaltung.

nl240725 claudia melischUm 10 Uhr setzte sich der besinnliche Prozessionszug mit ehrendem Glockengeläut in Bewegung. Ihm voraus fuhr im Spalier der Gemeindemitglieder der Ev. Kirchengemeinde St. Marien-Friedrichswerder, zahlreicher Gäste sowie Zuschauer an den Straßen, eine zweispännige, gläserne Trauerkutsche aus dem 19. Jahrhundert. Ihr folgten evangelische und katholische Kirchenvertreter, darunter ein Repräsentant des Erzbistums Berlin, und sodann, direkt hinter Claudia M. Melisch, die eingeladenen Prozessions-Träger. Sie hatten zuvor die in der Gruft der altehrwürdigen Parochialkirche aufbewahrten 100 mit Blumengebinden liebevoll geschmückten schwarzen Kisten, einschließlich 25 weiße Kindersärge, mit den Gebeinen der im Mittelalter Verstorbenen empfangen, um sie persönlich in das im Untergeschoß eingerichtete Ossarium, dessen Einweihung an diesem Vormittag zugleich stattfand, zu tragen und niederzulegen. „Dort werden im Laufe der Zeit insgesamt 475 Verstorbene, darunter die ‘hundert frühesten Berliner‘, in den später durch Lehmplatten verschlossenen Gefachen ihre letzte Ruhestätte finden“, erklärte die begeisternde Archäologin Claudia M. Melisch. Sie hielt eine echte Überraschung für die Prozessions-Träger bereit: Jeder Gebeinkiste, jedem Kindersarg wurde ein Brief zum Behalt beigelegt mit den, u.a. durch Radiokarbondatierungen, wissenschaftlich ermittelten Individualdaten der sterblichen Überreste inklusive einer Befund- und Gefach-Nummer. In ihrer abschließenden, sehr berührenden Dankesrede an alle Prozessionsbeteiligten freute sie sich, „dass ihr euer Herz geöffnet habt für die Menschen aus der urkundenarmen Frühzeit dieser Stadt.“ Mit diesem würdevollen zweiten Abschied wurden die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Toten auf eine ganz besondere Weise geehrt. Ihr Aufbewahren im Archäologischen Haus PETRI, dem neuen Erinnerungsort in Berlin-Mitte, bedeutet, dass sie „nie wieder vergessen werden!“

Claudia M. Melisch ist neben ihren beachtenswerten Grabungseinsätzen u.a. auch als engagiertes Mitglied im Vorstand des Vereins für die Geschichte Berlins e.V. tätig. Wer mehr über „Die ersten Berliner“ wissen möchte, der kann sich mit ihrem titelgleichen Buch, erschienen im BeBra Verlag, alles in allem bestens informieren.
Mathias C. Tank, VfdGB-Pressesprecher; Foto: Claudia C. Melisch, Initiatorin. Fotografiert von Leon Kahanke

Noch mehr Mittelalter: Eine 2016 auf der Fischerinsel entdeckte mittelalterliche Latrine hat nun ihren endgültigen Standort gefunden und ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Diese um 1300 aus Ziegelsteinen erbaute, quadratische Latrine gehört zu den ältesten profanen Ziegelbauwerken Berlins. Ihre Entdeckung weist auf die wirtschaftliche Konsolidierung und das wachsende hygienische Bewusstsein der mittelalterlichen Berliner hin. Die Latrine musste aufgrund baulicher Gegebenheiten unter einem Neubau verlegt werden. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte finanzierte und organisierte die Erhaltung und den Transport der Latrine an ihren neuen Standort mittels eines Schwerlastkrans. Jetzt steht die Latrine geschützt unter einem Pavillon, begleitet von bebilderten Tafeln und zweisprachigen Beschreibungen, die Informationen zu den Ausgrabungen und zur historischen Entwicklung bieten. Eingebettet in eine kleine Parkanlage ergänzt sie die bestehenden archäologischen Fenster in der Umgebung und macht einen bedeutenden Teil der Berliner Geschichte anschaulich für Besucher.

Neue Gendenktafel für

Walter Trier. Der Zeichner, Karikaturist und Illustrator wurde als jüngstes von sieben Kindern am 25. Juni 1890 in Prag geboren, studierte nach Schulabschluss zunächst in Prag, später in München und veröffentlichte bereits unmittelbar nach Abschluss seines Studiums 1909 erste Zeichnungen für die Satire-Zeitschrift „Simplicissimus“ und die bedeutende Kunstzeitschrift „Jugend“, Namensgeberin der Kunstrichtung des Jugendstils. Im April 1910 folgte Trier dem Angebot Hermann Ullsteins und des Verlegers der „Lustigen Blätter“, Otto Eysler, und zog nach Berlin als Pressezeichner. Mit pointiertem Humor und prägnanter Bildsprache kommentierte er die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit. 1929 erschien der Welterfolg „Emil und die Detektive“, das erste von neunzehn Büchern als Illustrator in jahrzehntelanger Zusammenarbeit mit Erich Kästner. Es folgten u.a. „Pünktchen und Anton“ (1931), „Das fliegende Klassenzimmer“ (1933), „Das doppelte Lottchen“ (1949) und „Die Konferenz der Tiere“ (1949). 1933 erhielt Trier Berufsverbot. Als kritischer Satiriker mit jüdischer Herkunft verfolgt, flüchtete Trier 1936 schließlich mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten über Paris nach London. Während des Zweiten Weltkriegs setzte er seine Kunst im Widerstand gegen den Nationalsozialismus ein – so zeichnete er im Auftrag des britischen Informationsministeriums Flugblätter in Form von Leporellos und kleinen Heften, die mit Flugzeugen über von Deutschen besetzten Gebieten abgeworfen wurden. Er veröffentlichte im Exilorgan „Die Zeitung“. Karikaturen von u.a. dem Attentat vom 20. Juli 1944 erschienen bereits am 28. Juli 1944. Außerdem karikierte er Goebbels Propagandalügen, das Attentat auf Reinhard Heydrich, den darauffolgenden Racheakt des Massakers in Lidice oder Hitler am Hang eines schier endlosen Bergs von Totenschädeln. 1947 ließ sich Trier mit seiner Frau Helene in Kanada nieder. Am 8. Juli 1951 verstarb er im Alter von 61 Jahren.

 


3. Kietzjeschichten - …auch mal JottWeDee

Gesamtsanierung Schloss Pfaueninsel: Das Schloss Pfaueninsel wurde zwischen 1794 und 1797 auf Anordnung von Friedrich Wilhelm II. als Erholungs- und Rückzugsort erbaut, geplant und ausgeführt von Johann Gottlieb Brendel. Aktuell werden die Dächer und Fassaden des Schlosses, einschließlich der Türme und der Brücke, saniert, und aufwendige Konservierungsmaßnahmen an den Innenräumen durchgeführt. Besonders diskutiert werden die fachlichen Herausforderungen bei der Sanierung des Fachwerks, die die kunstvoll gestalteten Innenräume nicht beeinträchtigen dürfen.

Nehmen Sie im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Denkmalpflege vor Ort“ an dieser Diskussion teil. Die Architektenkammer Berlin, die Baukammer Berlin und das Landesdenkmalamt Berlin laden zu einem Lokaltermin ein: Dienstag, 17. September 2024, 16.00-19.30 Uhr, Schloss Pfaueninsel und Wirtshaus zur Pfaueninsel. Start: Fährstation Landseite (um 15.30 Uhr für die gemeinsame Überfahrt), Teilnehmergebühr: € 15,-.

Dreimächteabkommen: Bis zum 31.Oktober widmet sich eine Ausstellung im Schloss Cecilienhof der Dreimächtekonferenz und des Potsdamer Abkommens 1945. Am authentischen Ort werden eine Fülle an historischen Fotografien und vielschichtige Informationen sowie erläuternde Texten in Deutsch und Englisch neu aufbereitet gezeigt. Sie zeichnen ein lebendiges Bild rund um das Konferenzgeschehen vom 17. Juli bis zum 2. August 1945. Auch der historische Kontext von Hitlers Aufstieg über das verheerende Kriegsgeschehen bis zum Ende des Krieges im Pazifik – von Potsdam aus gab Truman grünes Licht für den Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki – wird in der Ausstellung beleuchtet.

 


4. Vereinspost

Bildhauerei in Berlin: Die Statue auf der kupfergedeckten Kuppel des Schloss Charlottenburgs, die Quadriga auf dem Brandenburger Tor und die Marmorgruppen auf den Pfeilern der Schlossbrücke sind Beispiele für die zahlreichen Denkmäler und Kunstwerke im öffentlichen Raum Berlins. Um mehr über diese Werke zu erfahren, ist die Webseite „Bildhauerei in Berlin“ eine unverzichtbare Quelle. Die Revitalisierung der ursprünglichen Webseite basiert im wesentlich auf den Erfassungen von Professor Dr. Susanne Kähler, ehemaliges langjähriges und hochgeschätztes Vorstandsmitglied des Vereins, und Dr. Jörg Kuhn, den meisten von uns bekannt als herausragender Referent für Denkmalschutz und Kunstgeschichte beim Evangelischen Friedhofsverband Berlin-Stadtmitte, die im Auftrag des Referates für Gartendenkmalpflege des Landesdenkmalamtes Berlin zwischen 2003 und 2016 durchgeführt wurden. Diese Erfassungen halten detailliert Daten zu den plastischen und skulpturalen Denkmälern, Brunnen und Werken der bildenden Kunst im öffentlichen Raum in Berlin bereit. Eine großartige Leistung! Die dadurch entstandene neue Webseite wird getragen von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) gemeinsam mit unserem Verein und in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Berlin. Schaun Sie mal: Verbesserte Suche, neue Inhalte zur baugebundenen Kunst sowie ausgewählte 3D-Modelle. Tausende Werke sind dort, meist mit Fotos, verzeichnet. https://bildhauerei-in-berlin.de

 

k 2024 heft 3Mitteilungen - 2024 Heft 3
120. Jahrgang, - Heft 3, Juli 2024

Titel: Ernst Günther von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg im Kostüm, Porträt von Elisabeth Vilma lwoff-Parlaghy, um 1895. Nordsee Museum, Husum

 

k berliner geschichte juli 2024Berliner Geschichte 38, Juli 2024
Leben in Ost-Berlin

 

 

 

 

 


5. UffjeLESEN

Tagungsband „Ost West Ost. Karl-Marx-Allee und Interbau 1957“: Die drei großen Wiederaufbau-Ensembles im Herzen Berlins symbolisieren Neuanfang und innovative Wohnbauideen durch experimentelle Bauformen, Grünflächenintegration, funktionale Grundrisse und innovative Materialien, die eine neue Lebensqualität schaffen sollten. Während die Karl-Marx-Allee als sozialistisches Prestigeobjekt entstand, repräsentiert die Internationale Bauausstellung 1957 im Hansaviertel die Nachkriegsarchitektur-Avantgarde und eine offene Gesellschaft, wobei beide wichtige Zeugnisse der geteilten Geschichte Berlins sind; das daraus entstandene Werk zur Tagung „OST WEST OST“ 2022 stellt einen bedeutenden Forschungsbeitrag dar. Zu bestellen für 29,95 Euro:
https://www.konrad-verlag.de/programm/titel/ost-west-ost-karl-marx-allee-und-interbau-1957-architektur-und-staedtebau-der-nachkriegsmoderne.html

 


6. Wie war denn ditte? - Im Netz jefischt

Kick it like Berlin: Dr. Christoph Rauhut, Direktor des Landesdenkmalamts Berlin, präsentiert in einem YouTube-Denkmalfilm spannende Einblicke in das Olympiastadion, Poststadion und Mommsenstadion und zeigt, wie eng der Sport und die Geschichte Berlins miteinander verbunden sind. Schaun Sie mal:
https://www.youtube.com/watch?v=INCF6nU6KlA

 


7. Wer noch nich jenuch hat: Echte Berlina Sajen

Det Steinkreuz vonne Marienkirche: Am Turminjang vonne Marienkirche steht een Steinkreuz, det is fast sechshundert Jaahre alt. An dem bemerkt man vorne fünf Löcher, daran warn früha de Eisenstäbe der „ewijen Lampe“ injelassen, die Tach un Nacht brennen mußte.

Üba de Setzung det Kreuzes wird mancherlei erzählt:

So soll eenst der Baumeesta, als de Kirche fast fertich war, mit dem Deiwel sich injelassen und im Kartenspiel de jesammten Baujelder verloren haben. Der Deiwel jab ihm zwar allet zurück, doch mußte der Baumeesta davor versprechen, beim Bau det Jewölbes eenen Fehla zu machen, so det dit am Einweihungtach üba den Jläubijen zusammenbräche;denn der Deiwel haßte fromme Leute. Der Baumeesta dachte aba den Deiwel zu betrüjen und führte det Jewölbe vorschriftsmäßij aus. Als nun de Einweihungsfeia vorrüba war, lauerte der Deiwel anne Tür. Zuletzt kam der Baumeesta raus; da jriff der Deiwel zu und drehte ihm den Hals um. Zum Andenken dran soll det Kreuz errichtet worden sein.

Et wird aba ooch jesacht, een Zinkenbläsa sei am ersten Sonntach nach de Vollendung vonne Kirche in der Frühe uff den Turm jestiege . Dort oben blies er een Lied zu Ehren Jottes. Dit ärjerte den Deiwel, wejen dette warf er den Mann vom Turm herab. Doch blähte een Windstoß den Mantel des Zinkenbläsers uff, der nun sanft runterjlitt. Zur Erinnerung an de jlückliche Errettung errichtete man späta det Kreuz.

De meesten aba halten det Kreuz for een Waarzeichen aus de Zeit von de Markjrafen und saajen, de Berlina hätten et zur Strafe oda Sühne setzen müssen, weil det Volk den Probst von Bernau erschlagen hatte. Dit wird schon seene Richtijkeit haben; aba wat den Zorn der Berlina so erreechte, det se sich zu so eene unseeliche Tat haben hinreeßen lassen, darüba jehen de Meinungen auseenander.

Probst Nikolaus von Bernau soll in Berlin den Zehnt Rudolf nich anerkennenen mit jroßer Härte injetrieben haben. Doch heeßt it ooch, er sei een Anhänger von Herzog Rudolf von Sachsen jewesen, der nach Markjraf Waldemars Tod Ansprüche uff de Mark machte, während de Berlina zu ihrem Landesherrn, dem Markjrafen Ludwig dem Älteren, hielten. Da erschien Probst Nikolaus in Berlin, jing inne Marienkirche und hielt eene donnernde Rede jejen de Berlina, weil se den Herzog Rudolf nich anerkennenen wollten. Dabei nannte er se „Verblendete“ und „Schurken“. Et war aba an dem Tach jrade Markt in Berlin, und ville Menschen hatten sich uff dem Platz vor de Marienkirche injefunden. Bald jing de Rede von dem Probst von Mund zu Mund fort bis zu de Menge draußen uff dem Neuen Markt. De Leute drangen inne Kirche, holten den Probst vonne Kanzel, zerrten ihn bis zur Tür und erschlugen ihn. Dann errichteten se uff dem Neuen Markt nen Scheiterhaufen und verbrannten de Leiche. Det jeschah wahrscheinlich am 16. Aujust 1325.Et wird aba ooch jesaacht, der Probst habe noch Zeit jehabt, inne Probstei zu flüchten, sei aba von dem wütenden Volkshaufen rausjeholt und uff dem Neuen Markt lebendich verbrannt worden.

Nun wurde der Bann üba Berlin ausjesprochen; et durften keene Glocken jeläutet werden, Brautpaare nich jetraut, Kinder nich jetauft werden, und keen Priesta folchte dem Sarj. Erst zehn Jaare nach dem Mord wurde festjesetzt, det de Berlina zur Sühne eene hohe Summe Jeldes zahlen, inne Marienkirche eenen neuen Altar bauen und anne Stelle des Mordes een zwee Faden (drei bis vier Meta) hohet Steinkreuz mit eene ewijen Lampe errichten sollten. Trotzdem lastete der Bann noch weitere zwölf Jaahre uff de Stadt.

Vermutlich is det Kreuz, obwohl et nich zwee Faden hoch is, doch det ursprüngliche und damit det älteste Denkmal Berlins. Wo es aba zuerst jestanden hat, lässt sich nich mehr feststellen; vielleicht stand et mitten uff dem Neuen Markt, vielleicht ooch anne Spandauer Straße. Denn da wohnte späta een Schmied, der nach der ewijen Lampe der „Lampenschmied“ jenannt wurde.

Von Doris Tüsselmann nach „Sagenhaftes Berlin“ - gesammelt und herausgegeben von Siegfried Neumann, H.Hugendubel Verlag ISBN 3-7205-2170-2

 

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