Fidicin-Medaille für Verdienste um die Erforschung der Berliner Geschichte
von Martin Mende
[Siehe auch Liste der Empfänger der Fidicin Medaille]

Der Verein für die Geschichte Berlins e.V. ehrt Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Mitglieder, die sich um die Aufgaben des Vereins, insbesondere die Erforschung der Berliner Geschichte, verdient gemacht haben, durch die Verleihung der Fidicin-Medaille.

Der Namensgeber Ernst Fidicin (1802 – 1883) war einer der wichtigsten Vertreter der Berlin-Brandenburgischen Geschichtsforschung im 19. Jahrhundert. Seit 1829 Registrator der Berliner Stadtverordnetenversammlung wurde er nach dem Tode des ersten Stadtarchivars Friedrich Zander 1846 ein Jahr später dessen Nachfolger. Als 1865 der Verein für die Geschichte Berlins gegründet wurde, nahm Fidicin als maßgebliches Gründungs- und Vorstandsmitglied die Aufgabe eines Vereinsbibliothekars wahr und betreute vor allem die vom Verein herausgegebenen Veröffentlichungen der mittelalterlichen Urkunden der Stadt.
Am 9. März 1872 wurde er für 50 Jahre Tätigkeit in der Verwaltung Potsdams und Berlins geehrt. Die vom Verein in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste im Bereich der Urkundenforschung und der Geschichtsschreibung Berlins gestiftete Medaille wurde jedoch nicht rechtzeitig fertig. Sie konnte ihm erst am 15. Juni 1872 feierlich übergeben werden. Dazu versammelten sich die Mitglieder märkischer und städtischer Geschichtsvereine an der im Park des Babelsberger Schlosses wiedererrichteten Berliner Gerichtslaube. Kaiser Wilhelm I. überreichte die goldene Medaille und der Vereinsvorsitzende, der Geheime Hofrat Louis Schneider, würdigte den späteren Ehrenvorsitzenden als „geistigen Gründer“ des Vereins. Als Fidicin das Amt des Stadtarchivars mit 76 Jahren 1878 abgab, war Berlin Reichshauptstadt geworden.

Der Königliche Münzmedailleur G. Emil Weigand (1837- 1906), Vereinsmitglied von 1874 bis zu seinem Tod, schnitt nach den Vorgaben des Vereins den Stempel für die 63 Millimeter große Medaille. Auf der Vorderseite zeigt die Medaille die sitzende Berolina mit einer Mauerkrone auf dem Haupt. Sie hält Papierrolle und Griffel zur Aufzeichnung der Geschichte bereit und erweist sich so zugleich als Clio, die Muse der Geschichtsschreibung. Der Bär neben ihr präsentiert in seinen Tatzen das älteste Berliner -Siegel von 1253. Es ist in der Berlinischen Chronik abgebildet ( 1. Hauptteil 1868, S. 7). Der linke Fuß der Berolina ruht auf Büchern, von denen eines den Namen Fidicin trägt. Im Hintergrund sind links der Königsplatz (heute Platz der Republik) mit der Siegessäule, rechts das Brandenburger Tor, der Turm des Rathauses und die Schlosskuppel zu sehen. Unten befindet sich der Wahlspruch des Vereins „Was Du erforschet, hast Du miterlebt“.

Die Rückseite ziert ein dichter Kranz von Eichen- und Lorbeerblättern, an verschiedenen Stellen durch Kronen gebunden und mit Stadtwappen belegt. Um das Wachsen der Stadt Berlin auszudrücken, wurde unten in der Mitte ein Helm mit der markgräflichen Krone gewählt, aus welcher der brandenburgische Adler hervorwächst, die Eroberung der Mark durch Albrecht dem Bären andeutend. Ihm folgt rechts der Kurhut, links die Königskrone, und oben zwischen den Enden des Kranzes die Kaiserkrone des Deutschen Reiches von 1871. Zwischen dem markgräflichen Helm und der preußischen Königskrone liegt ein Berliner Siegel, das auf ein Privileg für das Kürschner-Gewerbe von 1280 zurückgeht. Diesem Wappen rechts gegenüber, zwischen markgräflichem Wappen und Kurhut, befindet sich das kleine Berliner Stadtsiegel, wie es an einem Reverse der Ratsleute zu Berlin und Cölln aus dem Jahr 1338 hängt. Der schreitende Bär trägt hier das brandenburgische Wappenschild an einem Band über sich.
Zwischen der Königskrone und der Kaiserkrone ist das Siegel zu sehen, wie es zum ersten Mal 1460 vorkommt: der schreitende Bär, über ihm der brandenburgische Adler. Als letztes folgt das Stadtwappen von 1709 mit dem brandenburgischen und dem preußischen Adler sowie dem nun aufrechtstehenden Bären im Schächerkreuz.

Die Umschrift lautet: „Der Verein für die Geschichte Berlins. Gestiftet den 28. Januar 1865“; die Inschrift innerhalb des Ehrenkranzes: „Seinem Fidicin zum 9. März 1872“.

Ernst Fidicin erhielt die einzige Prägung in Gold (50 Dukaten, ca. 175 gr), weitere Prägungen in Silber (150 gr) und Bronze (142 gr) wurden zum Kauf angeboten. Die Auflagenhöhe ist nicht überliefert.

Gemäß einem späteren Beschluss des Vereins wurden 1873 auf der Rückseite der Medaille die Widmungsworte für Fidicin durch die Inschrift „Für Förderung der Vereinszwecke“ ersetzt. Die danach angefertigte Medaille, vorgesehen in Gold oder Silber, konnte nur noch durch Verleihung erworben werden. Auf dem Rande sollten Namen und Titel des zu Ehrenden eingraviert werden. Eine Prägung dieser Fassung in Gold unterblieb, es folgten zunächst Medaillen in Silber. Prägungen mit Namen und Titel des zu Ehrenden sind nicht überliefert. Zu den ersten vier 1882 ausgezeichneten Personen zählte der Mitbegründer des Vereins Ferdinand Meyer (1826 -1902). 1895 kam eine bronzene Version hinzu, die letztmalig 1945 verliehen wurde. Bis zum Kriegsende 1945 hatte der Verein insgesamt 129 Ehrungen ausgesprochen (eine goldene, 58 silberne und 70 bronzene Medaillen). Die noch 1945 jeweils mit Bronze und Silber ausgezeichneten Mitglieder, Dr. Max Arendt, Dr. Eberhard Faden und Dr. Wilhelm Schuster mussten sich mit Urkunden begnügen. Im Vereinsarchiv haben sich Vordrucke mit dem vom damaligen Vorsitzenden Dr. Hermann Kügler entworfenen Text für die Bronzene Denkmünze des Vereins erhalten:

„Der Vorstand des Vereins für die Geschichte Berlins hat beschlossen, seinem verdienstvollen Mitgliede .................für die erfolgreiche Förderung der gemeinsamen Aufgaben als äußeres Zeichen seiner dankbaren Anerkennung die Bronzene Denkmünze des Vereins mit dem Wunsche zu verleihen, daß ihm noch ein langes Wirken in unserem Kreise vergönnt sein möge. Der Verein für die Geschichte Berlins ist sich als Hüter und Pfleger des Schatzes Alt-Berliner Erinnerungen stets bewußt gewesen, daß er seine hohe Aufgabe, unsere heimische Vergangenheit zu erforschen und darzustellen, für die Erhaltung und Sammlung von Denkmälern der Berliner Vorzeit zu sorgen sowie den Sinn für die Geschichte unserer Stadt zu beleben, nur durch einmütige und verständnisvolle Mitarbeit seiner Mitglieder erfüllen könne. Darum hat er es stets mit Freude begrüßt und mit Dank anerkannt, daß er seit seiner Gründung durch alle Jahrzehnte hindurch Männer zu den Seinen hat zählen dürfen, die, jeder in seiner Art, ihre beste Kraft seinen idealen Bestrebungen gewidmet haben.
Der Vorstand des Vereins für die Geschichte Berlins, Erster Vorsitzender.“


1972 beschloss der Vorstand auf Vorschlag seines Vorsitzenden Prof. Dr. Dr. Walter Hoffmann-Axthelm, die Tradition wieder aufzunehmen, nunmehr nur in einer silbernen Ausführung. Der bisherige offizielle Name Medaille für Förderung der Vereinszwecke wurde dem bisher schon gebräuchlichen Sprachgebrauch angepasst und der neue Name Fidicin-Medaille für Förderung der Vereinszwecke eingeführt. Am 9. November 1972 wurden die beiden ersten Exemplare an Walter G. Oschilewski und Dr. Hans Pappenheim in Würdigung ihrer Verdienste um den Wiederaufbau des Vereins nach dem II. Weltkrieg überreicht. Die Verleihungsurkunden enthalten seitdem einen individuellen Text. Als Beispiel sei die Verleihungsurkunde von 1998 genannt:
„Urkunde des Vereins für die Geschichte Berlins, gegründet 1865, über die Verleihung der Fidicin-Medaille an Herrn Hans-Werner Klünner.

Der Verein für die Geschichte Berlins, gegründet 1865, würdigt das berufliche und ehrenamtliche Wirken seines stellvertretenden Vorsitzenden, der im Geiste Ernst Fidicins mit großem Engagement und wissenschaftlicher Akribie die Berliner Geschichte erforscht. Durch zahlreiche Veröffentlichungen, durch Vorträge und Führungen versteht er es, seine überreichen Detailkenntnisse in den Gesamtzusammenhang der historischen Entwicklungen zu stellen, dadurch Geschichte lebendig zu gestalten und viele Menschen zu fesseln. So, in der besten Tradition bedeutender Vertreter des Vereins in der Vergangenheit stehend, gelingt es dem Gewürdigten, die Liebhaber Berlins zu mehren und zur Auseinandersetzung mit der Stadthistorie anzuregen. Er ist aber nicht nur Chronist der Stadt, sondern auch als langjähriges Mitglied beispielgebender Chronist unseres Vereins. Hans-Werner Klünner hat sich im Sinne unserer Vereinsziele um die Berliner Geschichte und die Fixierung historischer Zeugnisse in hervorragender Weise verdient gemacht.
Berlin, am 20. Mai 1998, Hermann Oxfort (Vorsitzender)“

Einschließlich der Anfang 2008 ausgezeichneten Kunsthistoriker Dr. Eva Börsch-Supan und Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan hat der Verein bisher 133 Persönlichkeiten im Rahmen von 153 Ehrungen ausgezeichnet. Einige Personen erhielten sowohl Medaillen in Bronze wie in Silber; Frau Prof. Dr. Margarete Kühn bekam 1974 und 1991 jeweils eine silberne Medaille. Die Ernst Fidicin überreichte einzige goldene Prägung wurde nach einer Verfügung der Hinterbliebenen dem Vereinsarchiv übergeben und ist seit 1945 verschollen. Die jetzt vergebenen Feinsilbermedaillen aus B. H. Mayer´s Kunstprägenanstalt GmbH München haben einen Durchmesser von 60 mm und ein Gewicht von 110 Gramm.

Die Liste der Empfänger der Fidicin-Medaille erinnert an Mitbürger und Vereinsmitglieder, die es verdient haben, nicht vergessen zu werden. Wohl alle können sich mit dem Satz von Helmut Börsch-Supan in seiner Dankesrede am 24. Januar 2008 identifizieren: „Ein Geschichtsverein ist für Berlin wichtiger als für Rothenburg ob der Tauber, weil die Stadt sich mit ihrer Geschichte schwer tut und nur zu gern mit ihrer Jugend und Wandlungsfähigkeit kokettiert.“

Literatur:
Meyer, Ferdinand: Die Fidicin-Medaille, in: Vermischte Schriften im Anschlusse an die Berlinische Chronik und das Urkundenbuch Bd. 2, Berlin 1888, Taf. 3; ebd. die Beschreibung der Feierlichkeiten im Babelsberger Park am 15. Juni 1872 und Taf. 13 die Beschreibung der abgeänderten Medaille sowie des großen und kleinen Siegels des Vereins nach dem Vorbilde der Medaille.
Bericht über die Sitzungen des Vereins, in: Alt-Berlin, Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Nr. 1/1909 S. 18f.
Hoffmann-Axthelm, Walter: 100 Jahre Fidicin-Medaille, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 69 (1973), S.258-260.
Rousavy, Regina: Ein Beamter als Historiker und Archivar für die Stadt Berlin – Ernst Fidicin (1802 – 1883). in: Der Bär von Berlin, F. 51, 2002, S. 23-44.

aus „Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins“ 4/2008

siehe auch:
Fidicin-Medaille für Dr. Ute Laur-Ernst und Dr. Gernot Ernst - Ehrung auf dem Neujahrsempfang des Vereins für die Geschichte Berlins e.V.