Wenn auch der Zeitraum von 12 Jahren in einer Vereinsgeschichte von fast 150 Jahren ein kurzer Abschnitt sein mag, ist es gerade für einen Geschichtsverein wichtig, sich der Ereignisse in diesen Jahren unter Berücksichtigung der Schicksale verschiedener Vereinsmitglieder zu erinnern.
Von Martin Mende
Abbildung: Vereinszimmer im Deutschen Dom am Gendarmenmarkt, Vorstandssitzung am 8. April 1933, Fotograf: Heinrich Lichte, Mitglied des Vereins (vgl. Mitteilungen des Vereins 1933, S.64) [http://opus.kobv.de/zlb/volltexte/2007/1469/pdf/MVGB_50_1933.pdf]
Abgebildet sind von links nach rechts:
- Felix Hasselberg, Vereinsbibliothekar
- Kurt Brockerhoff, 2. Vereinsbibliothekar, Bankbeamter
- Dr. Hans Jahn, Schriftwart des Vereins, Studienrat
- Günther Tschöpe, 2. Archivar des Vereins, Finanzbeamter
- Christoph Voigt, 2. Schatzmeister des Vereins, Regierungsrat
- Willibald E. Meyer, 1. Archivar des Vereins, Architekt
- Dr. Ernst Kaeber, Hauptschriftwart des Vereins, Stadtarchivdirektor
- Dr. Hermann Kügler, Vereinsvorsitzender, Studienrat
- Eduard Brandt, 1. Schatzmeister des Vereins, Fabrikbesitzer
- Dr. Walter Doht, 3. Vorsitzender des Vereins, Chemiker
Der 2. Vorsitzende Dr. Paul Torge, Pfarrer an St. Georgen, war nicht anwesend.
Seit 1930 wurde der Verein von Studienrat Dr. Hermann Kügler (1889-1955) als 1. Vorsitzenden repräsentiert Kügler hatte sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges als Student der Berliner Universität freiwillig zur Front gemeldet und war schwer verwundet mit einer Lähmung der rechten Hand zurückgekehrt. Ende 1916 beendete er sein Studium der Germanistik und neuerer Sprachen mit der Staatsprüfung und begann im Folgejahr den Schuldienst für die Fächer Englisch, Französisch und Deutsch. Seit 1917 Mitglied im Verein, wurde er bereits 1921 in den Vorstand gewählt und wirkte ab 1928 als Vertreter des damaligen Vorsitzenden Oberst a.D. Louis Noël. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer beschäftigte sich Dr. Kügler schon seit seiner Studienzeit mit Themen aus der Berliner und märkischen Geschichte und Volkskunde. Er dachte – wie möglicherweise die Mehrzahl der Vereinsmitglieder – national-konservativ; er war zwar, seinem Beruf entsprechend, Mitglied des NS-Lehrerbundes, nicht aber der NSDAP. Bis 1945 war er die bestimmende Person im Verein.
Als 2. Vorsitzender wirkte Dr. Paul Torge (1873 – 1938), Pfarrer an St. Georgen in Berlin-Mitte. Im Verein betätigte er sich von 1921 bis 1923 als Schriftwart, von 1924 bis 1930 als dritter Vorsitzender, danach bis zu seinem Rücktritt 1934 als Vertreter des 1. Vorsitzenden. Torge war als feinsinniger Sammler von Berliner Ansichten und seltenen Büchern bekannt. Nach seinem Tode erschien 1939 bei Stargardt / Berlin sein Buch „Rings um die alten Mauern Berlins – historische Spaziergänge durch die Vororte der Reichshauptstadt" mit zahlreichen Abbildungen aus seiner Sammlung.
Als 3. Vorsitzender ist Dr. Walter Doht (1878 – 1958) zu nennen, Mitglied im Verein seit 1917. Der Chemiker und Direktor der Sodavertriebs-GmbH war gleichzeitig 1. Vorsitzender des Zentralverbandes der chemisch-technischen Industrie, Handelsgerichtsrat und 2. Vorsitzender der Deutschen Photographischen Gesellschaft, ab dem 1. April 1933 auch Mitglied der NSDAP.[1]
Dr. Ernst Kaeber (1882-1961) betätigte sich seit 1932 als Hauptschriftwart und Herausgeber der „Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins". Der Berliner Stadtarchivdirektor bezeichnete sich selbst 1923 als parteipolitisch auf dem linken Flügel der bürgerlichen Parteien stehend, war Anhänger der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und von tief demokratischer Gesinnung. Es verwundert daher nicht, dass er deshalb und wegen seiner jüdischen Ehefrau berufliche Schwierigkeiten bekam und im Oktober 1937 zwangsweise pensioniert wurde. Seine Weigerung, sich scheiden zu lassen, rettete seiner Ehefrau das Leben.[2]
Schließlich ist noch der Privatgelehrte Felix Hasselberg (1893 – 1945) zu erwähnen, der von 1923 bis zur Vernichtung der Bestände 1943 im Deutschen Dom als 1. Bibliothekar in der Vereinsbibliothek wirkte. Der Literaturhistoriker arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Autographen-Auktionen der Fa. Stargardt und sammelte auch für den Verein Autographen berühmter Berliner. Daneben gab Hasselberg von 1931 bis 1943 ein Nachrichtenblatt des Vereins heraus.[3] Seine eigene Zeitschrift „Berlinische Blätter für Geschichte und Heimatkunde" erschien von Oktober 1933 bis Ende 1936.
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Schatzmeister des Vereins war der Fabrikbesitzer (Klebstoffherstellung) Eduard Brandt (1865 – 1948), Mitglied seit 1910 und Ehrenmitglied seit 1937.