Gustav Wunderwald

1.1.18221 Köln - 24.6.1945 Berlin
Grabstätte: Friedhof Heerstraße (nicht mehr vorhanden)

Tätigkeit: Maler
Lebens- und Wirkungsorte: Berlin, Köln, Gotha, Stockholm, Düsseldorf, Innsbruck, Freiburg

Gedenkorte in Berlin: Heimatmuseum Wedding, Stadtmuseum Berlin, Berlinische Galerie, Neue Nationalgalerie SMPK
Gedenkorte außerhalb Berlins :

Die Straßenkreuzung von Müller- und Seestraße hat etwas Anziehendes, heute und immer schon. Sie zählt außerhalb der Mitte Berlins sicherlich zu den am häufigsten wiedergegebenen Orten der Stadt. So fehlt sie auch im Werk des Malers Gustav Wunderwald nicht und zeigt zugleich eine Eigenheit, die der Künstler bei seinen Berliner Stadtansichten anwandte: die leichte Überhöhung der vorgefundenen Architekturmotive.

Mit einer Reproduktion dieses Bildes von 1927/28 unter dem Arm ist das ganz leicht heute noch nachvollziehbar, denn diese Ecke des Wedding hat sich kaum verändert. Aus der Gärtnerei Blume wurde der Imbiß Kaplan, aus dem Eisladen der "ägyptische" Optiker. Daneben zogen Blume 2000 und drospa ein. Die Häuser stehen noch, die Reklametafeln wechselten, drospa ist schon wieder fort.
In dem Ausstellungskatalog zum 100. Geburtstag des Künstlers kann man in der Gegenüberstellung mit einer Photographie von 1982 sogar noch das Bekleidungsgeschäft Kohnen hier bewundern. Aber der Nachwelt Quellen zu liefern, war nicht des Künstlers Absicht.

Wunderwald, nach eigenem Bekunden manchmal "wie besoffen" von seinen Wanderungen durch Berlin zurückkehrend, suchte seine Motive mit Vorliebe im Wedding und in Moabit. Die tristesten Gegenden der Großstadt hatte er sich ausgesucht, so meinte mancher. Das bezeugen seine Ölbilder von der Gartenstraße, der Ringbahn, die Reklamewände und andere mehr, die er im dokumentarisch-kühlen Stil der Neuen Sachlichkeit anfertigte.

1912 war er nach Berlin gekommen, als Dekorationsmaler am Deutschen Opernhaus, wohnhaft in der Reichsstraße 8, Berlin-Charlottenburg. Stadtansichten waren nicht von an Anfang sein bevorzugtes Genre gewesen. Und Gegenden wie den Wedding hatte er wohl vor seiner Ankunft hier nicht gekannt.

Gustav Wunderwald wurde 1882 in Köln-Kalk geboren. Nach einer Lehrzeit beim Kölner Malermeister Wilhelm Kuhn (1896-98) wurde er Kulissenmaler in Gotha (1899-1900), arbeitete für das Charlottenburger Atelier für Theatermalerei, Firma Georg Hartwig & Co. (1900-1904), für die Königliche Oper Stockholm (1904-1907), dann am Düsseldorfer Schauspielhaus (1907-08), am Stadttheater Innsbruck (1909) und am Stadttheater Freiburg (1910).

Endgültig in Berlin niederlassen konnte er sich erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Nach einer ersten Einzelausstellung in der Berliner Kunst- und Buchhandlung Landsberg machte ihn ein Aufsatz von Paul Westheim (1927) einem breiteren Publikum als Maler bekannt. Westheim bezeichnete Wunderwald als "Berliner Utrillo" (1929), ein schöner Vergleich, der für die Berlin-Ansichten allerdings nicht immer zutrifft.

Gustav Wunderwalds Bilder aus dem Wedding, aus Spandau und Moabit besitzen nicht Utrillos farbige Leichtigkeit, aber das liegt vielleicht an der grundsätzlichen Verschiedenheit der Städte Berlin und Paris. Diese Gemälde Wunderwalds entstanden hauptsächlich in den sogenannten goldenen zwanziger Jahren, die im Wedding, im Prenzlauer Berg und anderswo alles andere als golden waren - zwischen 1925 und 1930.

Ab 1927 beteiligte sich Wunderwald immer wieder an Ausstellungen, die auch Landschaftsdarstellungen zum Thema hatten, zeigte Havellandschaften und Bilder von den Reisen nach Ostpreußen. Unter der Regierung der Nationalsozialisten, von 1935 bis 1945, nahm Wunderwald an keiner Ausstellung mehr teil, kolorierte stattdessen Werbe-Filme für die Ufa und Mars-Film. Am 24. Juni 1945 starb Gustav Wunderwald nach einer Wasservergiftung im Charlottenburger Hildegard-Krankenhaus und wurde auf dem Friedhof Heerstraße begraben. Das Grab wurde 1970 eingeebnet.

Literatur:
Gustav Wunderwald. Gemälde, Handzeichnungen, Bühnenbilder. Eine Ausstellung zum 100. Geburtstag des Künstlers, hg. von der Städtischen Galerie Albstadt und der Berlinischen Galerie, wissenschaftliche Bearbeitung: Hildegard Reinhardt, Berlin 1982.

Gerhild H. M. Komander 11/2004