Otto Nagel

27.09.1894 Berlin-Wedding - 12.07.1967 Berlin
Grabstätte: Zentralfriedhof Friedrichsfelde

Tätigkeit: Maler, Kunstkritiker, Kunstvermittler, Kunstlehrer, Publizist, Politiker
Lebens- und Wirkungsorte: Berlin, Moskau und andere

Gedenkorte in Berlin: Otto-Nagel-Haus, Otto-Nagel-Galerie

Lebenslauf:
Vater: Friedrich Karl Nagel, Tischler, Sozialdemokrat
1900-1908 Besuch der Volksschule, Wedding
1908-1910 Lehre in den Werkstätten für Mosaik- und Glasmalerei Gottfried Heinersdorff
Bruno Paul, Leiter der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums, Berlin hat ihn dorthin empfohlen. - Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterjugend
1910 Nagel bricht die Lehre ab nach Maßregelung wegen der Teilnahme an der Feier zum 1. Mai.
1910-1917 Hilfsarbeiter
1913-1914 Zeichenkurs an der Städtischen Abendschule
1914 Kriegsgegner, kurzer Kriegsdienst
1916 Erneute Einberufung zum Kriegsdienst
Geburt der Tochter Lotte
1917-1918 Haft als Kriegsdienstverweigerer im Strafgefangenenlager Wahn bei Köln.

1918 Als Arbeiter- und Soldatenrat nimmt Nagel an der Novemberrevolution teil. Rückkehr nach Berlin
1919 Unter dem Einfluss der Werke von August Macke (Blauer Reiter) entstehen die ersten Ölbilder und Aquarelle. - Nagel lernt den sozialdemokratischen Kunstkritiker Adolf Behne kennen, der sein Förderer wird.
1920 Mitgliedschaft in der KPD
Beginn der Reihe von Selbstbildnissen mit dem Gemälde "Selbstbildnis mit Hut"
1921 Beteiligung am Berliner Märzstreik. Nagel wird deshalb fristlos bei Bergmann-Borsig entlassen und arbeitet notgedrungen als freischaffender Künstler.
Ausstellung von Werken in der Arbeiter-Kunst-Ausstellung von Ernst Friedrich, Pazifist und Buchhändler (Begründer des Anti-Kriegsmuseums, heute: Wedding, Brüsseler Straße) - Beginn der Freundschaft mit Käthe Kollwitz
1922 Sekretär der Künstlerhilfe der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH), gemeinsam mit Erwin Piscator - Freundschaft mit Heinrich Zille

1924 Nagel nimmt an der ersten Reichskonferenz der IAH in Berlin teil und organisiert im Kaufhaus Wertheim für die Künstlerhilfe eine Ausstellung - Herausgeber der IAH-Publikation "8 Stunden" - Nagel beteiligt sich an den Künstlermappen "Krieg" und "Hunger" - Mit Eric Johanson, Maler aus Dresden, Organisation der 1. Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Moskau, Saratow und Leningrad (St. Petersburg) im Auftrag der IAH - Im September 1924 reist Nagel nach Moskau.
1925 ist Nagel mit der Ausstellung in Leningrad. - Er heiratet die Schauspielerin Walentina Nikitina (Wally Nagel)und kehrt im Juli des Jahres nach Berlin zurück. -
Gemälde "Meine Mutter im Altersheim"

1926 zum ersten Mal Teilnahme an der Ausstellung der Preußischen Akademie der Künste - Die Stadt Berlin erwirbt die Ölstudie "Arbeitsnachweis". - Gemäldezyklus "Aus dem Leben eines Großstadtmenschen" begonnen - Polyptychon "Wedding-Kneipe" - Eigene Wohnung in der Turiner Straße 4, Wedding, durch die Petition von mehr als fünfzig Künstlern an den Berliner Oberbürgermeister - Organisation von Gemeinschafts-Ausstellungen in den Kaufhäusern Joseph, Lindemann, Stein und Tietz
Ausstellung im Arbeiterlokal "Sängerheim" - Mitglied des Reichswirtschaftsverbandes Bildender Künstler Deutschlands - Gemälde "Wochenmarkt am Wedding"

1927 Das Gemälde "Feierabend" aus dem Zyklus "Aus dem Leben eines Großstadtmenschen" wird in der Akademie der Künste gezeigt. - Gemälde "Die Witwe".
1928 "Parkbank am Wedding" wird in der Frühjahrsausstellung der Akademie gezeigt. - Nagel und Heinrich Zille begründen die satirische Zeitschrift "Eulenspiegel"; Nagel leitet die Zeitschrift bis 1931. - Nagel beginnt den Roman "Die weiße Taube oder das nasse Dreieck". - Gemälde "Weddinger Jungen" und "Asylisten"
1929 Das Zille-Buch "Für alle!" von Nagel erscheint.- Mitarbeit an dem Film "Mutter Krausens Fahrt ins Glück"; Regie und Kamera: Piel Jutzi (verfilmte auch Alfred Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz); künstlerische Leitung: Otto Nagel, Käthe Kollwitz und Hans Baluschek; Exposé: Otto Nagel; Plakate: Nagel und Kollwitz - Mitorganisator der Zille-Gedenkfeier im Mercedes-Filmpalast, Wedding - Gemälde "Frühschicht" und "Mutter mit Kind"

1930 Polyptychon "Weddinger Familie" - Freitod der Tochter Lotte - Nagel beteiligt sich an der Organisation der Ausstellung "Sozialistische Kunst heute", Amsterdam
1931 Organisation der Ausstellung "Frauen in Not", Berlin - Einzelausstellung, Kunsthandlung Victor Hartberg, Lützowufer - Organisation der Käthe-Kollwitz-Ausstellung im Wedding
1932 Organisation einer Käthe-Kollwitz-Ausstellung für Moskau und Leningrad anlässlich ihres 65. Geburtstages

1933, 30. Januar, Wahl zum Vorsitzenden des Reichsverbandes Bildender Künstler in Deutschland; Wahl später von den Nationalsozialisten annuliert - Fortsetzung der Selbstbildnisse - Hausdurchsuchungen und mehrfache Inhaftierung
1934 Nagel erhält Malverbot im Atelier und wählt die Straße als "Freiluftatelier". Kinderbildnisse, Pastelle, vor allem Ansichten aus dem Wedding, entstehen.
Organisation einer Ausstellung mit eigenen Arbeiten und Werken von Heinrich Zille und Käthe Kollwitz in Amsterdam und Den Haag - Gemälde "Der 70. Geburtstag des Waldarbeiters Scharf"
1935 Gründung einer privaten Malerschule - Umzug in die Badstraße 65, Wedding. - Erste Atelierausstellung
1936 Nagel wird in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht.
1937 Aufenthalt im Spreewald und auf Rügen - 27 seiner Werke werden als "entartet" aus öffentlichem Besitz beschlagnahmt.
1939-1945 Die Altberliner Bilder entstehen, überwiegend Pastelle.
1943 Flucht nach Forst/Lausitz - Geburt der Tochter Sibylle
1944 Durch Bomben wird Nagels Atelier in Berlin zerstört.

1945 Bei Kriegsende hält sich Nagel in Rehbrücke, Potsdam auf. - Mitbegründer des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands
1946 Ausstellung der eigenen, zwischen 1933 und 1945 entstandenen Werke im Kulturbund-Haus, Potsdam
1947 Die ersten Ruinen-Bilder entstehen. - Nagel wird Landtagsabgeordneter.
1948 Verleihung des Professorentitels - Mitglied des Deutschen Volksrates
1949 Publizistische Tätigkeit - Gemälde "Selbstbildnis mit rotem Schal"
1950 Gründungsmitglied des Verbandes bildender Künstler Deutschlands und der Deutschen Akademie der Künste
1952 Übersiedlung nach Biesdorf - Die Autobiographie "Mein Leben" erscheint.
1953 Vorsitzender des Verbandes bildender Künstler Deutschlands
1953-1956 Vizepräsident der Deutschen Akademie der Künste, Berlin
1953-1957 Volkskammerabgeordneter

1954 Die "Berliner Bilder" Nagels werden in der Deutschen Akademie der Künste ausgestellt.
1955-1956 Präsident des Verbandes Bildender Künstler - Nagels Zille-Buch erscheint. - Das Buch "Berliner Bilder", von Nagel, erscheint mit einem Vorwort des Kunsthistorikers Richard Hamann.
1956-1962 Präsident der Deutschen Akademie der Künste, Berlin
1958 Nagel wird zum Ehrenmitglied der Akademie der Künste der UdSSR berufen.
1958 ff. Ausstellungen in Amsterdam, Berlin, Moskau, Stockholm und anderen Städten
1962 Bis zu seinem Tode Präsident der Deutschen Akademie der Künste, Berlin
1963 Nagels Monographie über Käthe Kollwitz erscheint. - Das letzte Selbstbildnis entsteht: "Der alte Maler".
1965 Die Folge "Abschied vom Fischerkiez" (Berlin, Fischerinsel vor ihrem Abriss) entsteht. - Ehrenbürger der Stadt Potsdam
1967 Tod Otto Nagels in Biesdorf, Berlin
1970 Die Berliner Künstler Otto Nagel und Heinrich Zille werden gemeinsam zu Ehrenbürgern der Stadt Berlin ernannt.

Literatur:
Otto Nagel: Leben und Werk. Autobiographie, Einführung von Max Schroeder, Berlin 1952.
Otto Nagel. Berliner Bilder, Vorwort von Richard Hamann, Berlin 1955.
Walli Nagel: Das darfst Du nicht! Erinnerungen, Halle und Leipzig 1981.
Otto Nagel. Berliner Bilder - Berlin im Bilde, Ausstellung in der Nationalgalerie Berlin 1994 und im Käthe-Kollwitz-Museum Berlin 2003, Werke aus der Otto-Nagel-Sammlung der Landesbank Berlin, Berlin 1994/2003

Gerhild H. M. Komander 6/2003 - 7/2004