Johann Friedrich Ferdinand Fleck (1757-1801) und Louise Fleck-Schröck (1777-1846) (Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde, Abt. 1, G3)

Ein Intendant errichtet einem Schauspieler ein Denkmal: 1803 beauftragte Iffland den berühmten Bildhauer Johann Gottfried Schadow damit, ein Grabmal für Ferdinand Fleck zu entwerfen, den Star seines Ensembles, und bezahlte es aus eigener Tasche. Die beiden Masken an der Urne, eine weinende und eine lachende, symbolisieren Tragödie und Komödie. Die Inschrift auf dem Sockel ist kaum noch zu lesen:

Der Leidenschaften Flamme / des Hochsinns Adel / der Tugend Göttergestalt / prägte er mit des Genius Schwunge / staunenden Hörern ins Herz / und das Laster bebte./ - Dem hartsinnigen Alter / dem bespotteten Sonderlinge, dem höfischen Schmeichler Volk hielt er treu den Spiegel vor / und die Toren erröteten! / - Wahr, edel, groß / auf der Bühne und im Leben / biederherziger Freund, zärtlicher Gatte und Vater /ging er, droben Großes zu schauen / was er hienieden ahnend empfand.

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Das Grab Ferdinand Flecks © Erika Babatz 2014

Johann Friedrich Ferdinand Fleck beeindruckte das Berliner Theaterpublikum als Hamlet, Coriolan, Lear, Shylock und Macbeth. „Man muß ihn gesehen haben“, schrieb der Kritiker Moritz Saphir, „diesen jungen schönen Mann mit diesem bedeutenden Kopfe, diesem funkelnden Auge, dieser festen Gestalt; man muß es selber gehört haben, dies unvergleichliche Organ, das in dem seltensten Umfange ebenso stark als wohltönend war; man muß die Macht seiner Phantasie empfunden haben, die diesen Körper belebte und beseelte.“

Fleck ist das erste Genie, das die Berliner Bühne betritt. Er spielt auf einsamer Höhe,  von keinem im Ensemble auch nur annähernd erreicht. Andere Schauspieler setzen ihre Figuren mosaikartig aus charakteristischen Einzelheiten zusammen, er aber vertraut völlig seiner Intuition, seinen Träumen und Visionen und wird darum zum Abgott der Romantiker. Sein Meisterstück war Schillers Wallenstein, den er 1799, nur wenige Wochen nach der Weimarer Uraufführung, in Berlin spielte. Keiner habe als Wallenstein auch nur entfernt an Fleck herangereicht, schwärmte Ludwig Tieck. Fleck habe das Visionäre und Gespenstische in den Mittelpunkt gestellt, die Widersprüche Wallensteins anschaulich gemacht: ein Machtpolitiker, der sich von den Sternen und seinen Träumen leiten lässt.

Auch Iffland, bewunderte Fleck, hatte es als Direktor aber oft nicht leicht mit ihm. Denn Fleck war ein Nervenmensch, launenhaft und cholerisch und neigte zu alkoholischen Exzessen. Iffland schrieb später:

„Der Mensch spielte zuweilen, dass man ihn mit Hunden vom Theater hetzen sollte, wenn er nämlich zu viel getrunken hatte; allein, kam die gute Stunde über ihn, so riß er auch wieder alles so zur Bewunderung hin, daß ich vor dem verfluchten Kerl auf die Knie hätte stürzen mögen.“

Als Fleck kurz vor einer lebensgefährlichen Operation auf der Bühne Wallensteins berühmte Schlussworte sprach „Ich denke einen langen Schlaf zu tun“, da glaubten Viele an eine Vorahnung. Er hat die Operation überlebt, ist aber bald darauf  gestorben (am 20. Dezember 1801). Nur 44 Jahre ist er alt geworden, 18 davon hat er in Berlin verbracht, wo er in 202 Rollen 2627-mal auf der Bühne stand - ein heute unvorstellbares Arbeitspensum.

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Das Grab Louise Fleck-Schröders © Erika Babatz 2014

In unmittelbarer Nähe zu Flecks Monument und leicht zu übersehen steht ein verwitterter, kaum noch lesbarer Grabstein (Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde, Abt. 1, G4), der uns an seine Witwe erinnern soll. Fleck hatte 1793 die 20 Jahre jüngere Schauspielerin Sophie Louise Mühl geheiratet. Das Paar stand oft gemeinsam auf der Bühne. Er spielte den Wallenstein, sie die Thekla, seine Tochter. Als ihr berühmter Gatte starb, war die Mutter dreier Kinder erst 24 Jahre alt und begann eine eigene, sehr erfolgreiche Karriere. Sie spielte Lessings Emilia Galotti, Goethes Iphigenie und viele Rollen in beliebten Lustspielen und Rührstücken ihrer Zeit. Das Berliner Publikum liebte sie wegen ihrer Schönheit und Natürlichkeit. In zweiter Ehe heiratete sie (1807) den Flötisten und königlichen Kammermusiker August Schröck und brachte noch drei Söhne und vier Töchter auf die Welt. Nachdem sie 50 Jahre lang Theater gespielt hatte, gab sie am 25. Oktober 1842 ihre Abschiedsvorstellung. Ihr Ruhestand war nur von kurzer Dauer: Louise Fleck-Schröck starb vier Jahre später (am 16. Oktober 1846) im Alter von 69 Jahren und wurde neben Ferdinand Fleck bestattet. Ihr zweiter Mann, viel weniger berühmt, kam 1854 hinzu. So ruht sie nun an der Seite ihrer beiden Männer, denen sie - neben ihrer Theaterkarriere - zehn Kinder geschenkt hatte.

Text: Gerold Ducke; Fotos: Erika Babatz
Auszug aus ihrem Vortrag „Friedhof der Schauspieler“, gehalten Im Rahmen der Vortragsreihe des Vereins für die Geschichte Berlins am 3. September 2014