14.08.1688 Schloss zu Cölln (Berlin) - 31.05.1740 Potsdam
Grabstätte: 1. Garnisonkirche zu Potsdam 2. Friedenskirche im Park von Sanssouci

Tätigkeit: Landesherr
Gedenkorte in Berlin: Kammergericht in der Lindenstraße (Jüdisches Museum Berlin)
Gedenkorte außerhalb von Berlin: Jagdschloss Stern in Potsdam, Jagdschloss König Wusterhausen

1706 Heirat mit Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (26.3.1687 - 28.6.1757)
1713 Nachfolger seines Vaters als Kurfürst von Brandenburg und König in Preußen

Friedrich Wilhelm I.
Von Gerhild H. M. Komander
siehe auch: Der Soldatenkönig und der Prediger der Herzensreligion. Der Briefwechsel zwischen Friedrich Wilhelm I. und dem Grafen Zinzendorf

Der Tod Friedrichs I. inmitten ungeheurer Schulden und neuer Steuerprojekte nötigte eine Berliner Zeitung diese Hinterlassenschaft des ersten preußischen Königs mit einem zynischen Kommentar zu begleiten: "Dieses Schloß ist zu vermieten und diese Residenz ist zu verkaufen."
Die ersten Amtshandlungen Friedrich Wilhelms I. bedeuteten sowohl für die Außenpolitik als auch für die Innenpolitik, vor allem aber für Kunst und Kultur, einen radikalen Bruch mit der Zeit des ersten Königs.
Bezüglich des Spanischen Erbfolgekriegs unternahm Friedrich Wilhelm I. alles, um seine Länder so schnell wie möglich aus dessen Stricken zu lösen, da er erkannt hatte, dass der Nordische Krieg (1700-1721; Dänemark, Sachsen-Polen und Russland gegen Schweden) die Interessen seines Landes viel stärker berührte. Bereits kurze Zeit nach dem Regierungswechsel wurde der Frieden zu Utrecht geschlossen.
Friedrich Wilhelm erhielt lediglich die Bestätigung des noch unter seinem Vater eroberten Teiles von Geldern sowie für den Erwerb von Neufchâtel, Mois und Lingen aus der oranischen Erbschaft.
Seine Hoffnungen auf Erwerbungen im Nordischen Krieg erfüllten sich nicht. Nach der Einnahme Vorpommerns schloss er am 1. Februar 1720 einen Separatfrieden mit Schweden. Die folgenden Friedensschlüsse beendeten drei Jahrzehnte Krieg in Europa.

Zur Finanzierung eines starken Heeres löste Friedrich Wilhelm I. den Hofstaat auf. Als erster Hohenzollernfürst verwirklichte er die finanzielle Souveränität Brandenburg-Preußens, indem er sein Land von ausländischen Subsidien unabhängig machte. Die dazu notwendigen Massenrekrutierungen und Zwangswerbungen bürdeten der Bevölkerung unvorstellbare Lasten auf. Selbst Berlin wurde erst 1730 von den Rekrutierungen ausgenommen, als der König einsah, dass Wirtschaft, Geistlichkeit und andere Bereiche des öffentlichen Lebens in ihrer Existenz bedroht waren.
Von Friedrich Wilhelm I. ist gesagt worden, er habe die Idee des patriarchalischen Absolutismus bis zur Karikatur gesteigert. Zeitlebens war er ein frommer Mann im Sinne des orthodoxen Kirchenglaubens, ein Verächter aller Finessen der Diplomatie und aller Feinheiten der Literatur.

Kirchenbau als Ausdruck der königlichen Frömmigkeit
Die ernste Frömmigkeit Friedrich Wilhelms fand ihren adäquaten Ausdruck im Neu- und Umbau einer großen Zahl von Kirchen. 1720 hatte der König Philipp Gerlach zum "Oberbaudirektor von hiesigen Königlichen Residenzen" ernannt, der damit die Verantwortung für das gesamte staatliche Bauwesen einschließlich des Brücken- und Festungsbaus erhielt.
Gerlach errichtete vor allem Kirchenbauten und Stadtpalais, aber auch Wohn- und Zweckbauten, und war an der Gestaltung der Stadt Berlin durch die Anlage von Plätzen beteiligt. Er gilt als der bedeutendste Architekt in Brandenburg zwischen Andreas Schlüter und Wenzeslaus von Knobelsdorff.
Der Entwurf für den Turm der Jerusalemer Kirche, die sich in der Lindenstraße der Friedrichstadt befand, veranschaulicht den klaren und zierlichen Baustil Gerlachs. Das offene Glockengeschoss trat erstmals bei Schlüter auf.

Friedrich Wilhelm I. war es, der Potsdam als Stadt ausbaute. Die Garnisonkirche in Potsdam wurde im Zusammenhang mit der Verlegung des Regiments der "Riesengrenadiere" von Berlin nach Potsdam errichtet. Schon 1722 hatte Gerlach hier einen Fachwerkbau ausgeführt, der aber 1730 abgetragen werden musste. Der schlechte Baugrund hatte ihn rissig werden lassen.
Für den Neubau wurde der Grund mit Steinen und Holzpfählen gesichert. Die Mauersteine kamen aus Rathenow und Glindow. Der König drängte auf eine schnelle Fertigstellung. 1732 konnte die Garnisonkirche 1732 eingeweiht werden. Turm und Kanzel fehlten noch. Dem calvinistischen Glauben des Königs entsprach die schmucklose, einfache Ausstattung der Kirche.
Dementsprechend erhielt auch die Königsloge hölzerne Bänken und einen Schemel für den König. Die neue Orgel stammte von Joachim Wagner, einem Schüler Gottfried Silbermanns. Die 1737 erbaute Kanzel über der Gruft des Königs ließ Friedrich Wilhelm aus Marmor erbauen. Sie sollte nach seinem Willen "sehr schön sein" und erhielt ihrer Bestimmung gemäß militärischen Schmuck und Statuen von Minerva und Mars. Friedrich Wilhelm III. entfernt entfernte sie.
Der berühmte Glockenturm der Potsdamer Garnisonkirche besaß 35 Glocken. Sie spielten zur vollen Stunde ein geistliches Lied, zur halben Stunde ein weltliches.

Als Vergleich für die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte und später gesprengte Kirche kann heute die Berliner Sophienkirche dienen. Weitere Kirchenbauten aus der Zeit Friedrich Wilhelms I. waren die Böhmische Kirche, die Garnisonkirche Berlin und die Schlosskirche in Buch sowie in Potsdam die Heiliggeistkirche und die Nikolaikirche.

Die bildenden Künste
Der Soldatenkönig setzte an die Stelle der repräsentativen Hofhaltung die militärische und kürzte die Mittel für Kunst und Wissenschaft zugunsten der Armee drastisch. Von Ludwig XIV., dem Vorbild aller absolutistischen Fürsten übernahm Friedrich Wilhelm I. nur die äußeren Instrumente der Macht, diejenigen, die den modernen Staat charakterisierten: Bürokratie, Polizei und stehendes Heer.

Die finanzielle Bevorzugung der Armee und die Militarisierung des Lebens, der Ausbau Berlins und Potsdams zu Garnisonstädten vertrieb neben reichen Adligen und Kaufleuten auch zahlreiche Künstler und Handwerker.
Die bekanntesten unter den Künstlern waren Andreas Schlüter, der an den Zarenhof gerufen wurde, Johann Friedrich Nilsson Eosander von Göthe, der nach Schweden ging, und der Maler Johann Friedrich Wentzel, der in Dresden weiterarbeitete. Als wichtigster Maler dieser Zeit gilt Antoine Pesne, der unter Friedrich I. tätig gewesen war und noch für Friedrich II. arbeiten sollte.

1731 rief Friedrich Wilhelm I. den Maler Dismar Degen (tätig 1730 - 1751) an den Hof, einen mittelmäßigen Schlachten- und Vedutenmaler, der auch Bildnisse malte. Degens Ansichten von Berlin in ihrer Mischung von Naivität und Anschaulichkeit entsprachen dem Geschmack des Königs.
Antoine Pesne wurde vom König nicht gefördert, sondern nur geduldet. Förderung erfuhr durch Königin Sophie Dorothea und den Kronprinzen Friedrich (II.). Im Auftrag der Königin malte er zahlreiche Bildnisse der königlichen Kinder. Erst Ende der zwanziger Jahre erhielt er den Auftrag, das Porträt Friedrich Wilhelms zu malen.

Schlicht ging es auch in den Jagdschlössern des Königs zu. Jagdschloss Stern ist der einzige "Schlossbau", den er sich errichten ließ. Ein bürgerliches Haus, erbaut von einem Ingenieur seiner Armee im Stil der Wohnhäuser des Holländischen Viertels von Potsdam.

Jagdschloss König Wusterhausen ist seit dem 30. September 2000 als Museumsschloss besichtigen. Es ist ein Renaissanceschloss, das Friedrich Wilhelm I. als Kronprinz von seinem Vater geschenkt bekam, und neben dem Potsdamer Stadtschloss wohl am meisten schätzte. Dorthin musste ihm die ganze Familie folgen, wenn er bis in den November hinein seine ausgedehnten Jagden unternahm.

Pietismus in Brandenburg-Preußen
Die Akademie der Künste und die Societät der Wissenschaften zu Berlin erhielten keine finanzielle Unterstützung mehr vom König. Sie mussten Miete zahlen für die ihnen bisher kostenfrei zugestandenen Räume und kümmerten vor sich hin.
Friedrich Wilhelm förderte aber die Disziplinen, die er für nützlich ansah, militärische, ökonomische und politische Aufgaben zu lösen. In Halle und Frankfurt an der Oder wurden 1727 die ersten deutschen Lehrstühle für Kameralwissenschaften, also die Wissenschaft von Wirtschaft und Finanzen, errichtet. Die Verwaltung in Brandenburg-Preußen wurde durch die innenpolitischen Reformen auf den modernsten Stand gebracht. Die meisten anderen Wissenschaften aber lagen brach.

Eine wichtige Ausnahme bildete die Tätigkeit der Pietisten und Aufklärer in Halle.
Von der persönlichen Frömmigkeit des Königs ist schon die Rede gewesen. Dem Pietismus aber als einer Art "Staatsreligion" ist noch einmal besonderes Augenmerk zu leihen.
Friedrich Wilhelm I. schloss ein Bündnis zwischen Pietismus und Kaserne. Der Hallesche Pietismus verbreitete eine Toleranzgesinnung, die dem Staat auch aus wirtschaftlichen Gründen lieb und teuer war, erzog sie ihm doch gehorsame, berufstüchtige und sozial verantwortungsbewusste Untertanen.
Gleichzeitig stärkte der König, die moralische Tüchtigkeit des preußischen Heeres durch die Tätigkeit seiner Feldprediger, weil auf königlichen Befehl hin nur Geistliche aus Halle in der Armee dienen durften.
Wenngleich Friedrich Wilhelm I. auch als tolerant in religiösen Angelegenheiten bezeichnet werden kann, hatte seine Toleranz ihre von der Staatsräson gezogene Grenze. Das zeigt das Beispiel der intriganten Vertreinbung Christian Wolffs durch seine Universitätskollegen, die dem König die Schriften Wolffs als atheistisch und staatsfeindlich erklärten.

Die Verbindung von Pietismus, Calvinismus des Herrscherhauses und des von Holland her einsickernden, neustoischen Gedankengutes haben die preußische Tugend der Pflichterfüllung mit formen geholfen. Hier liegen die Wurzeln der später sich entwickelnden Berliner Aufklärung und des damit verbundenen brandenburgisch-preußischen Patriotismus. Staat und Pietismus wirkten einträchtig zusammen, um die feudale Lebensordnung zu überwinden und ein modernes Bürgertum herauszubilden: Der Staat durch seine merkantilistische Handelspolitik, der Pietismus, indem er den Untertanen die rechte bürgerliche Gesinnung einpflanzte.

August Hermann Francke (22geschichteberlins/persoenlichkeiten/persoenlichkeiteag/12.? März 1663 Lübeck - 8. März 1727 Halle a. d. Saale) und Philipp Jacob Spener waren der Ansicht, dass Armut allein nicht selig mache, andererseits Besitz und Reichtum allein kein Grund zur Verdammnis seien, der Gläubige aber den Geiz meiden solle und die Stellung eines Menschen in der Gemeinschaft sich durch den Wert seiner Arbeit bestimme, wodurch in erster Linie das religiöse Selbstbewusstsein der einfachen Leute gehoben wurde.
Das Drängen der Pietisten auf persönlichen Glauben und auf Unabhängigkeit des religiösen Lebens jedes Individuums von menschlicher Autorität, ermöglicht durch eigenes Schriftstudium, machte eine umfassende Volksbildung notwendig, öffnete unter staatlicher Duldung und Förderung der Aufklärung Tor und Tür.

Die in Brandenburg-Preußen eingeführte Schulpflicht wurde vom Halleschen Schulwerk mit der Errichtung von 2 000 Volksschulen unterstützt, die wiederum, genauso wie Waisenhäuser, Armenschule, Bürgerschule und Paedagogium staatliche Unterstützung erhielten.

Wirtschaft
Ein Motor der positiven Entwicklung der zentralisierten Wirtschaft war die Armee: Sie musste versorgt werden. 1713 gründete Friedrich Wilhelm I. in Berlin eine Tuchmanufaktur, die 1738 4 730 Menschen beschäftigte. 1717 legte die Ansiedlung von Webern in Luckenwalde den Grundstein für die dortige Textilindustrie. Mit einem Ausfuhrverbot für Wolle 1718 sicherte der König die Produktion in seinen Landen.

1730 erregte die Verdrängung und die Vertreibung der Salzburger Protestanten großes Aufsehen in Europa. Friedrich Wilhelm lud sie in seine Lande ein. Vor allem das entvölkerte Preußen sollten die neuen Untertanen rekultivieren. Und sie kamen zu Tausenden. Damit setzte der König die Peuplierungspolitik seiner Vorgänger erfolgreich fort.
In Spandau und Potsdam entstanden ab 1722 Gewehrmanufakturen, in denen Kinder aus den königlichen Waisenhäusern arbeiteten. Die Betreiber, Splitgerber und Daum, pachteten 1732 sogar den Kupferhammer bei Eberswalde und wurden mit königlicher Unterstützung - und der Arbeit der Waisenkinder - zu den größten Metall- und Waffenproduzenten Brandenburgs. Abnehmer war natürlich überwiegend die Armee.

Ab 1716 leistete die königliche Deichkommission für die Oder ihre Arbeit. Die Entwässerung von Havelländischem und Rhinluch (nordwestlich von Nauen) brachte guten Gewinn an relativ ertragreichem Boden.
Franken und Schwaben wurden auf wüste Stellen in der Uckermark gesetzt.
Der wirtschaftliche Aufschwung war anhaltend, denn die Förderung beschränkte sich nicht mehr in erster Linie auf die hofzentrierten Wirtschaftszweige - wie unter Friedrich I. -, sondern weit über den Radius der Residenzen hinaus, und konzentrierte sich im militärischen Bereich - und der lag fast überall.

So erfolgte auch der Ausbau Potsdams vom unbedeutenden Burgort zur zweitgrößten Stadt der Kurmark unter militärischem Vorzeichen.
1721 wurde die erste Neustadt begonnen, 1733 das Holländische Viertel: Handwerker, Kaufleute, Offiziere und gemeine Soldaten bevölkerten die Stadt. Die obligatorischen - Dachstuben, etwa in der Brandenburger Straße, waren den Soldaten als Unterkunft bestimmt. Kasernen ließ erst Friedrich II. errichten.
Der Marlygarten in Sanssouci erhielt übrigens auch seinen Namen von Friedrich Wilhelm I.: Es war sein Küchengarten, den er spöttisch nach dem Jagdschloss Ludwigs XIV. in der Nähe von Versailles benannt hatte.

Am Ende der zwanziger Jahre wandte sich Friedrich Wilhelms der Architektur und den schönen Künsten zu, wie die Beispiele des Kirchenbaus zeigen.
Der Schutzjude David Hirsch durfte gar 1730 mit königlichem Privileg in Potsdam die erste Samt- und Plüschfabrik einrichten. Offensichtlich hatte sich der Wohlstand so weit gehoben, dass auch außerhalb des Hofes derartige Luxusprodukte Absatz finden konnten. Hirsch belieferte später auch Friedrich II. und seine Schlösser.
Von den diesen Veränderungen zeugt auch der Ausbau der Wilhelmstraße in Berlin, die Friedrich Wilhelm I. durch Philipp Gerlach zur Prachtstraße der neuen Friedrichstadt ausbauen ließ. Zahlreiche Adelspalais entstanden hier in den dreißiger Jahren.
Das Palais Schulenburg zum Beispiel, eine geräumige Anlage nach dem Vorbild Pariser Stadthäuser, der sogenannten Hôtels, gelangte 1875 in Staatbesitz und seitdem unter der Bezeichnung Reichskanzlerpalais Wohnsitz des Reichskanzlers.

Literatur:
Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I., Hamburg 1941.
Gerhard Oestreich: Friedrich Wilhelm I., Göttingen 1977.
Helmut Börsch-Supan: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, Berlin 1980.
Friedrich Wilhelm I. Der Soldatenkönig als Maler, Katalog, hg. von den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci, Potsdam 1990.

Literatur aus den Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins:
Manfred Stürzbecher: "Ihr noch in der Welt mehr Nutzen stiften könntet". Friedrich Wilhelm I. von Preußen und die Medizin, in: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins 14, 1965, S. 28-48.
Hans-Joachim Neumann: "In tormentis pinxit". Eine medizinisch-historische Betrachtung über den Soldatenkönig, in: MVGB 92, 1996, 2, S. 38-47.

12/2004