[Vereinsgeschichte: Die Vereinstätigkeit 1920]

Jahresbericht über die Tätigkeit des Vereins im Jahre 1920.

Das 56. Vereinsjahr nahm im Gegensatz zu den vorhergegangenen Kriegsjahren einen verhältnismäßig stillen und ruhigen Verlauf. Die öffentlichen und Arbeitssitzungen wurden regelmäßig abgehalten, waren allerdings mitunter wegen der häufigen Verkehrs-, Beleuchtungs-, Heizungs- und Saalschwierigkeiten schwach besucht. dagegen zeigten die geselligen Zusammenkünfte im Deutschen Dom eine überaus lebhafte und rege Teilnahme. Es trat geradezu ein Bedürfnis nach engerem und öfterem Verkehr der Mitglieder zutage.
Durch den Tod verlor der Verein 11 Mitglieder.

Die "Mitteilungen" erschienen mit Ausnahme der Juli-Nummer regelmäßig, konnten aber wegen Papiermangels und der um 160% erhöhten Herstellungskosten nur in beschränkterem Umfange herausgegeben werden; daher mußte auch von der Aufnahme größerer Aufsätze abgesehen werden. Die "Mitteilungen" bilden jedoch ein festes Bindeglied zwischen den Mitgliedern und Freunden des Vereins, die nicht regelmäßig an den Veranstaltungen des Vereins teilnehmen können. Mit der Schriftleitung wurde, da Stadtarchivar Dr. Kaeber sein Amt niedergelegt und den Austritt erklärt hatte, wieder der Hauptschriftwart Dr. H. Brendicke betraut.
Als Weihnachtsgabe wurde das von Prof. Dr. Behrendt verfaßte 51. (grüne) Heft "Tunnel über der Spree" (I. Teil) veröffentlicht.

Der Achtzehner-Ausschuß hat unter der Leitung von Hauptmann Schreiber fünf Sitzungen abgehalten. Der von Dr. Unger sorgfältig ausgearbeitete Entwurf für die neue Satzung wurde in der Hauptversammlung vom 18. Dezember 1920 mit großer Mehrheit angenommen und bedarf noch der Genehmigung durch die vorgesetzte Behörde.
Die Beziehungen des Vereins zu verwandten wissenschaftlichen Gesellschaften und Instituten wurde durch den Austausch der Vereinsschriften aufrechterhalten. Insbesondere gedachte der Vorstand des 60jährigen Bestehens des Historischen Vereins für Heimatkunde zu Frankfurt a.O.

Es wurden 22 Versammlungen abgehalten, davon 6 öffentliche, 6 Arbeitssitzungen und 10 außerordentliche Versammlungen. Die Veranstaltung größerer Wanderfahrten verbot sich durch den Ernst der Zeit und auch durch die ungenügenden Verpflegungs- und Verkehrsverhältnisse. Dagegen erfreuten sich die kleineren Ausflüge nach Königswusterhausen, Fürstenwalde, Oranienburg und die Besichtigung des Schulgartens in Blankenfelde, der Blindenanstalt zu Steglitz und der kommunal-historischen Ausstellung Alt-Schöneberg sowie der staatlichen Hundezucht- und Dressuranstalt in Fangschleuse der lebhaftesten Teilnahme. Den Wanderfahrts-Ausschuß bildeten Dr. Brendicke, Martin, Meyer, Schaffert, Schuster, Suder. Dem wissenschaftlichen Beirat für das Märkische Museum gehörten Prof. Dr. Zeller und Geheimer Baurat Höpfner an.

Möge die politische und wirtschaftliche Neuordnung der Dinge sich recht bald vollziehen, damit der Verein mit erneuter Kraft sich der Pflege der Geschichte der Heimat widmen kann. Die Bildung der Gemeinde Groß-Berlin wird den Verein vor ganz neue Aufgaben stellen und dazu führen, auch die Geschichte der bisherigen Vororte in den Kreis der Betrachtung und Erforschung mit zu ziehen.

Dr. H[ans]. Brendicke

Bericht des Bibliothekars.

Die Vereinsbibliothek zählt zur Zeit 6108 Werke. Im Laufe des Jahres wurden nur wenige neue Bücher angeschafft. Besonders wertvolle erhielt die Bibliothek von den Mitgliedern Noël, Mönch, Kühn, v.d. Ahé, Baumgarten, Brendicke, Wittig und Zehmich als Geschenk überwiesen, wofür diesen Herrn herzlichst gedankt sei. Die Verleger von Berolinensien wurden durch Karten, für deren Druck und Vertrieb Herr Frensdorff in freundlicher Weise eintrat, gebeten, Exemplare einzusenden, die beurteilt oder durch Katalogzettel angekündigt werden sollten. Auf diesem Wege sind 27 Bücher in den Besitz der Bibliothek gekommen. An Katalogzetteln erschienen infolge Geldmangels von den geplanten 12 nur 4, und zwar in den Monaten Januar, Februar, März und Mai. Besucht wurden Bibliothek und Lesezimmer während des zweiten halben Jahres von 312 Mitgliedern und 12 Nichtmitgliedern. 49 Lesekarten wurden ausgegeben, und unter diesen 2 gegen die Lesegebühr von 5 M. Entliehen wurden 169 Bücher.

Der größte Wohltäter der Bibliothek war Herr Kaufmann Jäckel, der ihr bisher 100 M überwiesen hat. Zu besonderem Danke verpflichtet ist der Bibliothekar dem Herrn Lesewart Dr. Brendicke und dem treuesten Helfer Herrn stud. phil. Werner Tschöpe, wie auch dessen Bruder Herrn stud. theol. Günther Tschöpe. Außerhalb des Etats verwaltet der Bibliothekar eine eigene Bibliothekskasse, die gegenwärtig einen Bestand von 180,75 M aufweist.
B. Hoeft.

Aus: "Mitteilungen" 38, 1929, S. 6-7. Red.: Gerhild H. M. Komander 11/2003