20. Mai 2019 Kolloquium „Das Graue Kloster in Berlin. Perspektive aus der Geschichte“
Von Claudia Mehlisch

Die Historische Kommission zu Berlin veranstaltete am 20.05.2019 im Georgensaal der Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien in der Klosterstraße ein wissenschaftliches Kolloqium zur Geschichte Grauen Klosters und am Abend eine Podiumsdiskussion in der Parochialkirche. Im Rahmen des begonnnen Umbaus des Molkenmarkts bekommen auch die Pläne zur Wiederrichtung der traditionsreichen Eliteschule Zum Grauen Kloster eine neue Aktualität, wie auch die zukünftige Gestaltung des gesamten umgebenden Areals. Durch die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geplante Neuordnung der Otto-Braun-Straße und die Neubebauung der südlich angrenzenden Grundstücke ergeben sich viele städtebauliche Fragen und Herausforderungen. Einige Aktanten haben zu dieser Neuordnung in der Vergangenheit bereits relativ konkrete Visionen entwickelt, für andere wird das Thema erst jetzt langsam aktuell. Auffälligerweise wird in der Öffentlichkeit viel häufiger über die dort neu entstehende Architektur debattiert, als über die Bedeutung die große historische dieser Ort in der Vergangenheit für Berlin hatte. Um in der an Intensität und Kontroverse zunehmenden städtebaulichen Debatte solide historische Kenntnisse und Diskussionsgrundlagen zu schaffen, versammelte die Historische Kommisssion am 20.5.2019 Experten aus verschiedenen Fachrichtungen in einem eintägigen Kolloqium, das in einer Podiumsdiskussion mündete. Bei der Podiumsdiskussion in der Parochialkirche waren die Verfasser dieses Artikels als Mitglied der Historischen Kommission anwesend (Herr von Kieseritzky) bzw. als Vorstandsmitglied des Vereins für die Geschichte Berlins als Diskutantin in das Podium berufen worden (Frau Melisch).

Der Verein für die Geschichte Berlins sieht es als eine seiner Kernaufgaben an, die Geschichte Berlins alters- und generationsübergreifend in ihrer gesamten Vielfalt und Komplexität zu vermitteln und zu bewahren. Das Thema Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster wurde vom VfdGB bereits im Jahr 2008 umfassend von Wolfgang Krogel aufgegriffen (Klosterviertel 4 Heft 2/2008, S. 41). Sein Beitrag steht auf der Webseite des Vereins www.diegeschichteberlins.de als Volltext zur Verfügung.

Das Kolloquium wurde mit Grußworten des Senators für Kultur und Europa Dr. Klaus Lederer, der Fachbereichsleiterin Kunst und Kultur des Bezirksamtes Mitte Dr. Ute Müller-Tischler und des Vorsitzenden der Historischen Kommission zu Berlin Prof. Dr. Michael Wildt eröffnet. Der Landesarchäologe und Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte Prof. Dr. Matthias Wemhoff gab eine Einführung in das Thema.
Die Sektion I, welche der Historiker Dr. Michael Menzel moderierte, wurde mit einem Vortrag von Prof. Dr. Heinz-Dieter Heimann zur Wirkung und zur Geltung des Berliner Franziskanerkonvents im Mittelalter und heute begonnen. Ihm folgten Vorträge von Dr. Doris Bulach und Dr. Susanne Knackmuß zur mittelalterlichen Memoria im Grauen Kloster bzw. zum Klostergeist in situ. Nach einer gemeinsamen Mittagspause wurde die Sektion II mit dem Moderator Guido Hinterkeuser eröffnet. Zur Architektur der Franziskanerkirche hielt Dirk Schumann einen engagierten und kenntnisreichen Vortrag, gefolgt von einem Beitrag von Gunnar Nath und Michael Malliaris zu den archäologischen Untersuchungen, die im Bereich des Grauen Klosters bislang stattgefunden haben bzw. noch stattfinden sollen. Anschließend führten die drei Referenten der Sektion II auf dem Gelände des Grauen Klosters.

Die Sektion III war der neuen Wertschätzung des Areals im 19. Jahrhundert gewidmet. Moderator dieser Sektion war Benedikt Göbel und Dr. Peter Lemburg referierte über die bauhistorische Erforschung des Klosters durch Friedrich Adler und Prof. Dr. Wolfgang Schäche hielt einen sensiblen und luziden Vortrag zu Ludwig Hoffmanns Umbau des Gymnasiums zum Grauen Kloster im 20. Jahrhundert. Er verdeutlichte, dass der Hoffmannsche Umbau ein exklusiver architketonischer Gestaltungsbeitrag war, der die gesamte Geschichtlichkeit des Ortes respektierte, sich auf innovativste und modernste Art und Weise mit ihr auseinander setzte und aus diesem Verständnis heraus einen neuen Formenkanon für diesen Ort erschuf. Für den Respekt vor dem historischen Ort und vor dessen langer Geschichte und für die Größe der Aufgabe, dort eine würdige Architektur und Nutzung zu entwicklen, war Schäches Beitrag unzweifelhaft der Wichtigste, weil er etwas von der architektonischen-räumlichen Erhabenheit vermittelte, die auserlesene Architektur im Stadtraum schaffen kann. Eine Erhabenheit, welche selbst noch die Ruine der Franziskanerklosterkirche bis heute ausstrahlt. Die neue Bebauung muss sich nicht nur in ihrer architektonischen Formensprache, sondern auch in der Art und Weise des Nutzungskonzeptes dem Charakter dieses alten und stadtgeschichtlich unverzichtbaren Ortes als würdig erweisen. Deshalb ist zu hoffen, dass sich die Stadtoberen intensive Gedanken zu dieser Neubbebauung machen, sich für die Entscheidungsfindung Zeit lassen und dann für und vor allem gemeinsam mit den Berliner Bürgern, diesem Ort neue Lebendigkeit einhauchen.

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