Die „prachtvollste ihrer Straßen“ - Berlins Leipziger Straße . Ein Spaziergang - Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1/2015
Von Martin Mende

„Mit Vergnügen betrachten Einheimische und Fremde diesen schönen Theil unserer Hauptstadt. Sie ist die regelmäßigste, geradeste und prachtvollste ihrer Straßen“. So beschrieb Leopold Freiherr von Zedlitz 1834 die Straße.[1] Das Vergnügen ist heute schwer nachzuvollziehen. Die Berliner Friedrichstadt wurde ab 1688 entwickelt und bekam 1706 den Namen ihres Gründers König Friedrich I. Eine in Ost-West-Richtung neu angelegte Straße erhielt im gleichen Jahr den Namen Leipziger Straße. Sie endete zunächst an der Mauerstraße und wurde erst ab 1734 bis zum Achteck (heute Leipziger Platz) verlängert. Diese Verlängerung trug am Anfang noch den Namen Potsdamer Straße. Heute erstreckt sich die ca. 1,4 km lange Leipziger Straße zwischen Leipziger Platz und Spittelmarkt.

Bereits Friedrich Nicolai hob in seiner Beschreibung Berlins 1786 den besonderen  Charakter der Straße hervor: „Die Leipziger Straße geht vom Dönhofschen Platze bis an das Achteck 270 rheinländische Ruten lang. Sie ist voll ansehnlicher Häuser und Paläste. Der jetzt regierende König hat 1773 bis 1777 46 neue Häuser nach Ungers Zeichnungen erbauen lassen, deren einige, wie z. B. die Eckhäuser an der Jerusalemstraße, vier Geschosse, die übrigen aber drei Geschosse haben.“ Nicolai beschrieb dann den gräflich Reußischen Palast von 1737, die Königliche Porzellanmanufaktur und einige vornehme Privathäuser.[2]

Im 19. Jahrhundert wurde in der Leipziger Straße preußische und deutsche Geschichte geschrieben. Das Preußische Herrenhaus tagte ab 1851 im ehemaligen Palais  Mendelssohn-Bartholdy, gefolgt vom Reichstag des Norddeutschen Bundes in den Jahren 1867 bis 1870. Auf dem benachbarten Grundstück Nr. 4 der ehemaligen Porzellanmanufaktur befand sich seit 1871 die „provisorische“ Tagungsstätte des Reichstags bis zum Umzug 1894 in das neue Reichstagsgebäude am Königsplatz.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Leipziger Straße zur bedeutendsten Einkaufs- und Geschäftsstraße der Metropole. Die  barocke Bebauung verschwand. Nach Angaben von Richard Borrmann waren im Jahre 1893 nur noch zehn Häuser erhalten, die ganz oder in Teilen ihre ursprüngliche Architektur zeigten. Die großen Warenhäuser Wertheim und Tietz sowie exklusive Läden traten an die Stelle der alten Bauten. 19 Straßenbahnlinien und drei Omnibuslinien führten durch die lebhafte Straße, nunmehr die wichtigste Ost-West-Verbindung der Stadt. „An den Kreuzungspunkten stauen sich die Straßenbahnen nicht selten derart, dass deren Verlegung unter den Straßendamm vorbereitet wird.“[3]

Die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und nachfolgende Abrisse rissen tiefe Wunden. Nur wenige Baulichkeiten erinnern an die frühere Bedeutung, so das für den Bundesrat umgebaute ehemalige Preußische Herrenhaus, der Sitz des Ministeriums für Finanzen im vormaligen Reichsluftfahrtministerium bzw. zu DDR-Zeiten Haus der Ministerien, das Museum für Kommunikation im Gebäude des früheren Reichspostministeriums und das Gebäude des ehemaligen Ministeriums für öffentliche Arbeiten von 1894 Leipziger Straße 125. Während der Teilung unserer Stadt entstanden östlich der Charlottenstraße in den 1970er-Jahren  11-25geschossige Häuser mit insgesamt 2000 Wohnungen und zahlreichen Handels- und Dienstleistungseinrichtungen. Die Straße mutierte zum Vorzeigeobjekt der DDR. Das erste Doppelhochhaus Nr. 46/47 belegt den Westteil des alten Dönhoffplatzes. Bei allen Gebäuden wurden die beiden unteren Geschosse und das Kellergeschoss in monolithischer Stahlbetonweise ausgeführt. Die darüberliegenden Wohngeschosse entsprechen der Großtafel-Montagebauweise des Wohnungsbausystems „WBS 70“. Durch die Zurücksetzung der historischen nördlichen Bauflucht wurde die Straße ab der Charlottenstraße ostwärts auf 62 m aufgeweitet. Die Bauten des industrieellen Wohnungsbaus wiesen nach wenigen Jahrzehnten laut einem Gutachten vom 31. Dezember 1991 erhebliche Schäden auf, „zurückzuführen auf die Herstellungstechnologie, Materialrestriktionen, mangelnde Planungs- und Ausführungssorgfalt und unterlassene Instandhaltungarbeiten.“[4]
Im Mai 1994 beschloss der Berliner Senat, die Leipziger Straße zwischen Leipziger Platz und Charlottenstraße auf 22,5 Meter zuzüglich einer sechs Meter breiten Arkade auf der Nordseite, „zuückzubauen“. Vorschläge der Architekten Hans Kollhoff und Helga Timmermann für einen durchgängigen Rückbau auf 22 m im Bereich zwischen Charlottenstraße und Spittelmarkt konnten sich nicht durchsetzen.

Die Beschreibung der Liegenschaften in der Leipziger Straße beginnt mit der Südseite vom Leipziger Platz in Richtung Osten.

Südseite der Leipziger Straße

Nr. 1-7 – Vom Leipziger Platz zur Wilhelmstraße

Das Grundstück Nr. 1 gehört zur Adresse Leipziger Platz 11. 1887 erwarb der preußische Staat das Wohngebäude der Leipziger Straße 2 und baute es für das Handelsministerium um. Das Grundstück hatte bei einer Straßenfront von 33 Metern eine Tiefe von 243 Metern. Die dem Ministerium unmittelbar unterstellte Königliche Porzellanmanufaktur erhielt Verkaufsräume im Erdgeschoss und Lagerräume im Keller. Im ersten Stock lagen die Arbeitsräume des Ministers. 1940 war hier der Sitz des Reichsforstmeisters Hermann Göring als Leiter des Reichsforstamtes. Es war zuständig für alle Waldfragen von der Holzwirtschaft bis zum Naturschutz. Der benachbarte Bundesrat erhält hier einen Erweiterungsbau mit einem Besucherzentrum im Erdgeschoss. Gewinner des Wettbewerbs für den Neubau mit einer Natursteinfassade und großen Fenstern war im September 2014 der Architekt Max Dudler. Die Besucher werden von einem Arkadengang an der Leipziger Straße aus in ein neun Meter breites und 25 Meter hohes Atrium gelangen. Ein öffentlich zugängliches Foyer kann für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden und soll durch ein Café ergänzt werden. In den oberen Etagen werden sich neben Büros Konferenzräume und die Bibliothek befinden. Seit 2000 liegen in der Mitteder Leipziger Straße Gleise für eine Straßenbahnverbindung vom Alexandeplatz zum Kulturforum.

Nr. 3-4: Bundesratsgebäude - Der Architekt Friedrich Schulze-Colditz entwarf das 1903 fertiggestellte Herrenhaus-Gebäude im Stil der italienischen Hochrenaissance als Dreiflügelanlage mit Ehrenhof zusammen mit dem südlich an der Niederkirchnerstraße gelegenen Abgeordnetenhaus. Das Herrenhaus war die von adligen Grundbesitzern und königlichen Vertrauenspersonen dominierte erste Kammer des Preußischen Landtags und zählte 1914 353 Mitglieder. Im November 1918 wurde die Institution des Herrenhauses abgeschafft. Von 1921 bis zu seiner Auflösung 1933 tagte in diesem Gebäude der Preußische Staatsrat unter der Leitung des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer. Der Staatsrat setze sich aus Vertretern der Provinziallandtage zusammen, hatte jedoch nur geringe Befugnisse. Er konnte Gesetze vorschlagen und Beschlüsse des Preußischen Landtags  aufschieben, aber nicht verhindern. Hermann Göring hatte danach hier als preußischer Ministerpräsident sein Büro. 1934 wurde das Herrenhaus in „Preußenhaus“ umbenannt und dem Reichsluftfahrtministerium angegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die Staatliche Plankommission der DDR und die Akademie der Wissenschaften der DDR Teile des Gebäudes. Nach Plänen des Architekten Peter Schweger wurde von 1997 bis 2000 das Haus für den Bundesrat umgebaut. Die verlorenen Attikafiguren ersetzte derdänische Bildhauer Per Kirkeby durch etwas unproportionierte schwarz patinierte Bronzen.

Nr. 3 (alt) - Hier errichtete der preußische Leutnant Johann Heinrich von der Groeben 1735 – 1737 auf Wunsch Friedrich Wilhelm I. ein barockes Palais. Es hatte zusammen mit dem durch ein Walmdach betonten Mittelbau neunzehn Achsen. Hinter dem Haus lagen ein von eingeschossigen Gebäuden eingefasster Hof und ein 380 Meter langer Garten, der bis zum Garten des Palais Vernezobre (später Prinz-Albrecht-Palais) reichte. Schon nach wenigen Jahren wurde die Liegenschaft vom König dem Seidenfabrikanten Antoine Simond (Simon) überlassen, der sie 1750 an Johann Ernst Gotzkowsky weitergab; dem Fabrikanten, Kaufmann und Bankier wurde sie 1752 vom König erblich überschrieben. Er galt auch als erfahrener Kunstkenner und Friedrich II. erteilte ihm 1755 den Auftrag, „eine Quantität kostbarer Gemälde anzuschaffen, dier er zu der neuen Gallerie, welche in Potsdam ausgebauet wurde, bestimmt waren.“ Im Laufe von etwa zehn Jahren brachte es Gotzkowsky selbst zu einer reichen Gemäldesammlung, musste jedoch einen großen Teil 1763 wegen finanzieller Schwierigkeiten an die Zarin Katharina II. verkaufen. Die Gemälde gehören zum Grundstock der Eremitage in St. Petersburg. Als russische Truppen 1760 Berlin besetzten, verhandelte Gotzkowsky über die Höhe der Berlin auferlegten Kontribution und verhinderte die Plünderung der königlichen Fabriken. 1764 musste er Konkurs anmelden und starb verarmt 1775 im Alter von 64 Jahren.

Die Beamtenfamilie von der Recke übernahm das Haus und veräußerte es 1825 an den Bankier Abraham Mendelssohn-Bartholdy, Sohn des Philosophen Moses Mendelssohn. Im Saal des Palais ermöglichte der Bankier Sonntagsmusiken mit Musikern der Königlichen Kapelle. Sein musikalischer Sohn Felix komponierte im Gartenhaus bis zu seinem Weggang 1829 unter anderem die Konzertouvertüre zu Shakespeares „Sommernachtstraum“ Die Wiederaufführung der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach unter der Leitung von Felix Mendelssohn-Bartholdy am 11. März 1829 in der Sing-Akademie war epochemachend und stand am Beginn einer Bach-Renaissance. Die Schwester des Komponisten, Fanny Hensel, setzte bis zu ihrem frühen Tod 1847 die kulturelle Tradition des Hauses fort. 1851 kaufte der preußische Staat das Grundstück, um im Garten den Sitzungssaal des Preußischen Herrenhauses zu errichten. Am 25. März 1867 tagte hier erstmals der Reichstag des Norddeutschen Bundes; an diesem Ort wurde im Juli 1870 der Beschluss zum Krieg gegen Frankreich gefasst. Die letzte Sitzung vor dem Umzug in die Leipziger Straße 55 wurde am 12. Dezember 1870 geschlossen. 1894-1899 wurde auf dem südlichen Teil des Grundstücks  das Preußische Abgeordnetenhaus gebaut, heute Sitz des Berliner Abgeordnetenhauses.

Nr. 4 (alt) - Das um 1735 errichtete Dorvillesche Freihaus wurde von Gotzkowsky 1761 für die Einrichtung einer Porzellanmanufaktur erworben. Zwei Jahre später übernahm Friedrich II. von dem finanziell angeschlagenen Gotzkowsky die Manufaktur, die nnmehr unter dem Namen Königlich Preußische Porzellanmanufaktur (KPM) firmierte. Nach Friedrich Nicolai beschäftigte die Manufaktur in den 1770er-Jahren „gegen sechshundert Personen. Die Fabrik hatte ein großes Warenlager, woselbst man zu allen Stunden des Tages Porzellan kaufen konnte.“ Am 16. Mai 1778 besichtigte Goethe die Manufaktur. 1870 zog die KPM nach Charlottenburg in die Wegelystraße. Reichskanzler Bismarck ließ nach einem Entwurf von Friedrich Hitzig unter der Leitung von Martin Gropius und Heino Schmieden das Vorderhaus umbauen und auf dem Hof einen  provisorischen Sitzungsaal für den Reichstag errichten. 1874 wurde das Vorderhaus um eine Etage erhöht und erhielt eine neue Fassade in Quaderputz. An dieser Stelle tagte der Reichstag bis 1894; hier hat Bismarck seine historischen Reden gehalten. Das Gebäude wurde 1898 für den Bau des Herrenhauses abgerissen.

Nr. 5 (alt) war ehemals Standort eines von Staatsminister Happe 1737 erbauten Palais. Über die gräfliche Familie Reuß von Plauen ging es gegen Ende des 18. Jh. in staatliches Eigentum über und wurde nach erheblichen Umbauten und Erweiterungen Sitz des Preußischen Kriegsministeriums. Unter der Leitung des Architekten Friedrich August Stüler hatte das nunmehr etwa 90 m lange Gebäude ein weiteres Stockwerk und eine gequaderte Fassade erhalten. Den oberen Abschluss bildete ein Konsolengebälk mit einer Attika und einigen Trophäenaufsätzen. In der Weimarer Republik nutzten den Bau das Reichswehrministerium, das Reichsarchiv, das Reichsfinanzministerium und das Reichsverkehrsministerium. 1935 wurde das Gebäude abgebrochen.

In Nr. 6 (alt) betrieb Georg Leonhard Hopf eine Weinstube 1834 braute er im Hof versuchsweise das erste Berliner Bockbier nach bayerischer Art. Wegen der großen Nachfrage mietete er in der Friedrichstraße 126 eine alte Brauerei an und gründete die Berliner Bayrisch-Bier-Brauerei. Sie wurde 1838 zum Tempelhofer Berg (heute Kreuzberg) verlegt. Die Brauerei an der Methfesselstraße gehörte zuletzt Schultheiss und wurde 1994 geschlossen.
Später war in Nr. 6 die Trautwein´sche Musikalienhandlung und Pianofortefabrik angesiedelt.  Nach einem Umbau des Geschäftshauses durch Emil Schaudt diente das Haus seit 1909 der Berndorfer Metallwarenfabrik Arthur Krupp als Verkaufsgeschäft für hochwertige Bestecke und Tafelgeräte. Das Gebäude musste dem Bau des Reichsluftfahrtministeriums weichen. Nr. 7 gehörte bereits zur Wilhelmstraße.

Nr. 5-7 (neu) Bundesministerium der Finanzen
Der heutige Sitz des Bundesministeriums der Finanzen, nach 1992 von der Treuhand genutzt und Detlef-Rohwedder-Haus genannt, wurde 1935/36 nach Plänen des Architekten Ernst Sagebiel als Reichsluftfahrtministerium errichtet. Der Neubau war mit 2000 Büroräumen und 56.000 qm Nutzfläche seinerzeit das größte Bürogebäude der Stadt. Die Fassade wurde mit Muschelkalkplatten verblendet. Anstelle eines Soldatenreliefs von Arno Waldschmidt befindet sich seit 1952 im Eingangsbereich zur Leipziger Straße in einer Pfeilervorhalle ein Wandbild aus Meißner Fliesen von Max Lingner. Es idealisiert den Aufbau des Sozialismus in der DDR.  Nach dem Kriege diente der Komplex als Sitz der sowjetischen Militärverwaltung und der Volkskammer der DDR und wurde dann „Haus der Ministerien“mit Abteilungen der DDR-Wirtschaftsplanung.. Am 16. Juni 1953 zogen Berliner Bauarbeiter vor das Gebäude und protestierten gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen. Einen Tag später demonstrierten etwa 10.000 Menschen an gleicher Stelle und verlangten von den Machthabern politische und wirtschaftliche Reformen. Der sowjetische Stadtkommandant General Dibrowa verhängte um 13 Uhr den Ausnahmezustand und schickte T 34-Panzer in die Leipziger Straße. Sowjetische Offiziere übernahmen den Befehl über die kasernierte Volkspolizei und schlugen den Aufstand, der sich auf die gesamte DDR ausgedehnt hatte, nieder. Ein in den Boden eingelassenes Glasbild in den Abmessungen 24 x 3 m mit einem verfremdeten Ausschnitt eines Fotos vom Aufstand – ein Kunstwerk von Wolfgang Rüppel – erinnert seit 2001 an die Ereignisse in Berlin. Der im Eigentum des Bundes befindliche Vorplatz erhielt im Juni 2013 den Namen „Platz des Volksaufstandes von 1953“.

Nr. 8-28 (alt) Von der Wilhelmstraße zur Friedrichstraße

Das zur Zeit unbebaute Grundstück Nr. 8 an der Ecke zur Wilhelmstraße ist Eigentum der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Stüler erbaute hier um 1845 ein Haus mit einem markanten halbrunden Erker. 1863 eröffnete Carl Hillbrich eine Konditorei und war so erfolgreich, dass er später das Grundstück Leipziger Straße 24 für sein Unternehmen erwerben konnte. Im Obergeschoss der Nr. 8 war ab 1905 ein Atelier des Fotografen und Porträtmalers Carl Brasch (vorher Nr. 9). In den 1920er Jahren nutzten das Café Telschow und das benachbarte Pelzhaus Herpich die unteren Geschosse. Der Chemiekonzern I. G. Farben richtete dann unter dem Namen Indanthren-Haus ein Geschäft ein, in dem mit Indanthren gefärbte oder bedruckte Textilien angeboten wurden, die auch nach zahlreichen Wäschen nicht verblassten. 1936 zog eine Filiale der Leinen- und Tischzeugwebereien Strunkmann und Meister in die Räumlichkeiten des ehemaligen Cafés Telschow. . Die Firma fertigte Damast-Tafelwäsche nach Kundenwünschen. In der NS-Zeit wurde 1937 der Abriss der Häuser bis einschließlich Nr. 12 für einen Erweiterungsbau des Reichspostministeriums entlang der Wilhelmstraße geplant – als Pendant zum Reichsluftfahrtministerium gegenüber.

Nr. 9-11(alt) diente von 1905-1943 als Sitz des Pelzhauses C. A. Herpich. Erich Mendelsohn fasste 1924-1929 zwei  alte Häuser und einen durch Abriss ermöglichten dritten Ergänzungsbau zu einem Geschäftshaus  mit einer einheitlichen Fassade im Stil der Neuen Sachlichkeit zusammen. Werner Hegemann erklärte den Bau „zum schönsten Gebäude der Leipziger Straße und zu einem der schönsten Bauten unserer Zeit“. Die Innenräume entsprachen mit einer klaren Gestaltung unter Verwendung von Spiegelflächen und Lichtdecken dem beeindruckenden Äußeren mit seiner verdeckten Beleuchtung der Schaufenster und der Einbeziehung der Lichtreklame in die Architektur mittels Leuchtgesimsen unter den Fenstern.

Wo seit 2009 der Flachbau des ersten deutschen „Cahoona-Coffee-Drive-In“ steht befand sich in Nr. 12 ein vom Architekten Georg Rathenau 1901 fertiggestelltes Geschäftshaus mit zwei eindrucksvollen Giebeln. Sein 1908 erstelltes Bürogebäude in der Mohrenstraße 20-21 wird heute vom Zentralverband des Deutschen Handwerks genutzt. Von 1913 bis 1942 befand sich in Nr. 12 das Geschäft von Jul. Brühl Sohn, Vertrieb von Einrichtungsgegenständen und Handarbeiten.

In Nr. 13(alt), einem Gebäude des Architekten Joseph Fraenkel von 1900, befand sich von 1902 bis 1911 das Hohenzollern-Kunstgewerbehaus Hermann Hirschwald (zuvor gegenüber gelegen). Die Ladenfront und die Inneneinrichtung hatte Henry van de Velde entworfen.

Bis 1870 stand auf dem Grundstück Nr. 15 (alt) ein behäbig-breites Haus aus der Zeit Friedrich Wilhelm I. Nach einem Entwurf von Carl Schwatlo entstand in den Jahren 1871-1874 an gleicher Stelle das Generalpostamt, Dienstsitz des Generalpostmeisters Heinrich von Stephan. Es war der erste größere Neubau der nach der Reichsproklamation gegründeten Reichspost. 1893-1898 folgte bis zur Mauerstraße der monumentale Erweiterungsbau für das Reichspostamt und das Reichspostmuseum nach einem Entwurf von Ernst Hake. Er beherbergte das älteste Postmuseum der Welt. Nach einer Teilrekonstruktion wurde das Haus 1960 als Postmuseum der DDR wiedereröffnet. Das westliche Anschlussgebäude der Erweiterung von 1898 war vollkommen zerstört und wurde vollständig rekonstruiert. Eine umfassende Sanierung des Gebäudes begann 1983 und endete erst 2000. Der Eckbau wird wieder durch eine die Weltkugel haltende Gigantengruppe betont. Heute befindet sich hier das Museum für Kommunikation, die Baulichkeiten im Hof beherbergen Büros des Finanzministeriums. Von der Straße ist durch einen modernen Eingang das Museums-Café „Das Kaffeehaus“ von Sarah Wiener zu erreichen. An der Decke kann die Original-Schlüter-Decke aus dem früheren Palais Wartenberg Burgstraße Ecke Königstraße bewundert werden.

An der anschließenden Mauerstraße stand niemals eine Mauer. Wegen der fortschreitenden Bebauung der um 1720 entstandenen Straße wurden Pläne einer Mauer zum Schutz der älteren Friedrichstadt nicht mehr realisiert. Die Mauerstraße markiert die ursprünglich vorgesehene Mauerlinie. Jenseits der Mauerstraße sieht man an der Ecke vor der Bulgarischen Botschaft, die sich nach Süden bis zur Krausenstraße ausdehnt, eine Bronzeplastik des bulgarischen Künstlers Prof. Georgi Tchapkanov (Tchapp) mit dem Titel „Mauern durchbrechen“ von 2006. Zur Bulgarische Botschaft mit der heutigen Grundstücksnummer 20 gehören die früheren Liegenschaften Nr. 19-24. Der Stahlbetonskelettbau von 1983 entstand nach dem Entwurf eines deutsch-bulgarischen Architektenkollektivs. Der Bau zählt neben der Tschechischen Botschaft zu den bedeutendsten Botschaftsneubauten der DDR in den 1980er Jahren und enthält auch Wohnungen für die Mitarbeiter.

Auf der früheren Parzelle Nr. 19 hatte Georg Christian Unger Ende des 18. Jh. einen königlichen Immediatbau errichtet, von 1858 bis 1872 vom Militärkabinett, einer Behörde des Kriegsministeriums, genutzt. Nach Abbruch des Hauses 1890 errichtete Otto March das Geschäftshaus „Zur Mauerkrone“. Hier befanden sich seit 1893 das Geschäft L. C. Busch Bronzewaren und seit 1896 in der ersten Etage das „Konzert-Café Klose“. Das hier von 1909 an beheimatete Schuhhaus Chasalla bekam um 1928 eine travertinverkleidete Fassade mit großen Glasflächen und warb mit weißen Leuchtbuchstaben.

Nr. 20-21 (alt) war das 1904 im Jugendstil erbaute fünfgeschossige Grünfeld-Haus der Architekten Georg Rathenau und Friedrich August Hartmann. Markant waren die Korbbogenfester und das ausladende, geschwungenes Walmdach. Die Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Grünfeld betrieb hier und im Erweiterungsbau Nr. 22 sowie in einer Filiale am Kurfürstendamm das weltweit größte Spezialgeschäft für Leinen und Wäsche. Im März 1938 begann die antisemitische Wochenzeitung „Der Stürmer“ mit einer Hetzkampagne gegen die Firma. In einer Auflage von 473.000 Exemplaren erschien eine Namensliste der Kunden. Am 8. März 1938 verteilten Nazis vor den Geschäften diffamierende Flugblätter: „Deutsche Frauen! Kennt Ihr dieses Gesicht? Es ist der Jude Max Grünfeld, genannt der „Kaiser der Leipziger Straße“. Die Familie Grünfeld sah sich gezwungen, die Firma am 15. September 1938 weit unter Wert an den „Arier“ Max Kühl zu verkaufen.

Auf Nr. 23 befand sich Geschäftshaus von 1899/1900 des Architekten Julius Jost. Die 1823 gegründete älteste Berliner Schokoladenfabrik J. D. Groß ermöglichte im Erdgeschoss bis 1910 die Beobachtung der Produktion (später in Nr. 19). Von 1927-1937 verkaufte hier die Firma Electrola Musikinstrumente und Schallplatten.

Von 1878 bis 1943 befand sich in Nr. 24 das Café Hillbrich. Die Konditorei war Hoflieferant, errichtete 1924 einen Neubau und eröffnete in den zwanziger Jahren auch einen Betrieb am Kurfürstendamm 202 (später verlegt nach Nr. 24). Die Räumlichkeiten Leipziger Straße 24 und Kurfürstendamm 24 wurden durch Brandbomben zerstört, der Fabrikationsbetrieb in der Mauerstraße 1949 enteignet. 1953 übernahm die Hillbrich KG die Konditorei Miericke in der Rankestraße 35 an der Gedächtniskirche, heute befindet sich dort ein Maredo-Steakhaus.

An der Stelle des heutigen Hotels Kubrat Nr. 21 stand befand sich in Nr. 25 (alt) ein 1907 von Alfred Balcke für das Weinhaus Kempinski & Co. im Jugendstil umgebautes Gebäude.  Erdgeschoss und 1. Obergeschoss waren mit poliertem, rotem schwedischen Granit verkleidet, die weiteren Geschosse und die Front in der Krausenstraße verputzt und mit farbig bemalten Stuckteilen, teilweise vergoldet, verziert. Die Fassade in der Leipziger Straße endete in einem weinbekränzten Paar unter einem wellenförmigen Dachabschluss. Das Restaurant erstreckte sich über vier Etagen mit 2500 Plätzen und galt als Luxusrestaurant. Die Innenräume mit Marmor-Wandverkleidungen, Edelholzpaneelen und farbigen Fresken gingen wie der Hohenzollernsaal mit der Wandbekleidung aus Cadiner Majolika im Feuersturm des Zweiten Weltkriegs unter.

Nr.22-25 sind heute nicht mehr vergeben, es folgt unmittelbar die Nr. 26. Das Haus des Architekten Georg Rathenau von 1908 hat sich erhalten und beherbergte von 1909-1942 die Juweliere F. J. Schröder. Im Eingangsbereich ist eine Tafel angebracht. Danach wurde die Firma 1855 in Graudenz gegründet und 1875 nach Berlin verlegt. Der Juwelier Franz Johann Schröder veranlasste 1906-1908 den Neubau, von 1934 – 1945 war F. F. Gerhard Schröder Geschäftsführer. Das Haus wurde 1991-1993 im Auftrag von Dr. med. F. J. Heinrich Schröder und der Commerzbank AG durch die Architekten Peter Berten und Bernd Tibes modernisiert. Heute wird das Haus von  der Landesbausparkasse Berlin, Immobiliengesellschaften und dem Finanzdienstleister Gravis Property AG genutzt.

Nr. 27/28 (alt wie neu): 1928/29 veranstaltete das Kaufhaus Adam einen Wettbewerb zum Bau eines modernen Warenhauses an Stelle des alten. Der Neubau-Entwurf des Architekten Heinrich Straumer  kam aber 1931 wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht zur Ausführung. 1934/35 entstand an der Ecke zur Friedrichstraße das Büro- und Geschäftshaus „Haus Friedrichstadt“, ein Stahlskelettbau von Jürgen Bachmann. Die Seitenfront an der Leipziger Straße beträgt nur 20 m, an der Friedrichstraße dehnt sich der Bau über 78 m bis zur Krausenstraße. Die verstärkte Dachkonstruktion aus Stahlbeton bewahrte das denkmalgeschützte Gebäude vor der Zerstörung durch die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg.

Nr. 29-35 – Von der Friedrichstraße zur Charlottenstraße

Nach Überqueren der Friedrichstraße, benannt nach dem ersten Preußenkönig, erreichen wir mit Nr. 29 das erhaltene fünfgeschossige Stahlskelett-Gebäude des Architekten Robert Leibnitz. Es wurde 1908/09 an der Ecke zur Friedrichstraße für Moritz Mädler Lederwaren im sachlichen Jugendstil erbaut. Die Fassade erhielt eine Verblendung aus grauem Tuffstein. Die vorgezogenen zweistöckigen Fenster sind Rekonstruktionen in Anlehnung an das historische Vorbild; an der Fassade befinden sich Bildhauerarbeiten von Richard Kühn. Im Gebäude waren von 1911-1943 eine Filiale des Schuhhauses Stiller und Geschäfte für Hüte, Blusen und Blumen. Karl Bruhn verkaufte unter dem Namen „Monopol“ Pelzwaren. Gegenwärtig findet man im Erdgeschoss das Bekleidungshaus Tandem & Transit.

Auf den Grundstücken Nr. 30-35 steht heute bis zur Charlottenstraße ein 1987 fertiggestelltes Wohn- und Geschäftshaus. Die unteren beiden Geschosse und das Kellergeschoss wurden für zweigeschossige Verkaufseinrichtungen und das Café rosé  in monolithischer Stahlbetonbauweise ausgeführt. Die darüberliegenden Wohngeschosse entstanden in der Großtafel-Montagebauweise des Systems „WB 70“. Die Architekten Jörg Müller und Ulrich Kunc versuchten die Fassade durch Vor- und Rücksprünge zu beleben.

In Nr. 30 (alt) hatte seit 1864 die Firma A. W. Bullrich, Produzent von Bullrich-Salz gegen Sodbrennen, ihren Sitz. Bekannt wurde der Slogan: „So nötig wie die Braut zur Trauung ist Bullrich-Salz für die Verdauung.“ Seit 1888 befand sich hier auch das Geschäft des Juweliers F. J. Schröder, seit 1896 ebenso Aschinger´s Bierquelle. Später nutzten der Goldschmiedemeister W. Hülse und das Herrenmodehaus S. Segall das Erdgeschoss.

In Nr. 31 (alt) wurde am 27. März 1810 im „Haus zum fliegenden Roß“ der Schriftsteller Adolf Glaßbrenner als Sohn eines Schneidermeisters aus Wittau bei Crailsheim geboren. Der Vater unterhielt einen Schmuckfederladen. Sein Sohn Adolf begann eine kaufmännische Lehre in der Seidenhandlung Gabain in der Breiten Straße. Er veröffentlichte ab 1827 erste eigene journalistische Beiträge, kritische Aufsätze teilweise unter dem Pseudonym Adolf Brennglas. Glaßbrenner erhielt von den Zensurbehörden ein fünfjähriges Berufsverbot und verließ Berlin. Sein Bestseller „Neuer Reineke Fuchs“ und die Serie „Berlin wie es ist und – trinkt“ schrieb er in Neustrelitz/Mecklenburg. 1858 kehrte er nach Berlin zurück. Die von ihm seit 1868 verlegte „Berliner Montagszeitung“ erschien auch nach seinem Tode 1876 weiter bis zum Jahr 1883. Glaßbrenner gilt als der Begründer des berühmten Berliner Witzes.
Von 1901-1943 befand sich in dem Gebäude das Weinlokal „Rheinische Winzerstube“.

Nr. 33 (alt) war 1900-1905 Standort der Weingroßhandlung H. Pfuhl und des Weingartens Steinert & Hansen. Nr. 34(alt) bildete den Sitz des Kaufhauses Thiele, erbaut 1884 durch die Architekten Kayser und Großheim im Neorenaissance-Stil. Die Keksfabrikation Thiele befand sich bis 1910 in den Kellerräumen und in Teilen des glasüberdachten Hofes.

Auf Nr. 33-35 (alt) an der Ecke zur Charlottenstraße, baute Emil Schaudt (Architekt des KaDeWe) 1912 im Stil der beginnenden Moderne für das Seidenhaus Gustav Cords. In der gegenüberliegenden Nr. 96 (alt) richtete die Firma 1935 zusätzlich ein Damenbekleidungsgeschäft ein.

Nr. 36-51 Von der Charlottenstraße zum Spittelmarkt

Auf der anderen Seite der Charlottenstraße, benannt nach der ersten preußischen Königin Sophie Charlotte, liegt die Nr. 36. Hier wohnte der Geograph Daniel Friedrich Sotzmann von 1806-1807. Die Eigentümer des 1905 an der Werderstraße gegründeten Damenmodehauses Kersten & Tuteur , Jacob Tuteur und Willi Kersten, ließen  das 1886 erbaute Geschäftshaus durch  Hermann Muthesius 1913 vollständig umbauen. Noch heute ist die Ecklösung mit dem dreiteiligen, zweistöckigen Schaufenster eindrucksvoll. Nach der Pogromnacht 1938, in der das Geschäft geplündert und zerstört wurde, übernahm die Firma Horn das Geschäft. Jacob Tuteur gehörten zwei Villen Am Rupenhorn. Von seiner Frau wegen seiner jüdischen Abstammung verlassen, nahm er sich 1939 in einer Pension am Kurfürstendamm mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Das Geschäftshaus Nr. 36 wurde von seiner Ehefrau an die Schuhfirma Bata veräußert und diente zu DDR-Zeiten als Botschaft der Tschechoslowakeit bzw. als Handelsvertretung. Mit der Trennung von Tschechien übernahm die Slowakische Republik die Liegenschaft als Botschaftsgebäude. Nach einem elfjährigen Gerichtsverfahren erstritt eine Nachfahrin von Tuteur eine Restitution des Hauses. Das Gericht entschied: „Die nichtjüdische Witwe war aufgrund der damaligen Rassenideologie als sogenannte jüdisch Versippte Verfolgungsmaßnahmen in Form von diskriminierenden Zugriffen auf ihr Vermögen ausgesetzt.“ Nach Umbauarbeiten wird das Haus heute unter anderem von der Galerie für zeitgenössische Kunst Thomas Schulte, dem Friseursalon Dzwikowski und der Anwaltskanzlei Otto Schily genutzt( Eingang Charlottenstraße 24).

An der sich anschließenden Südseite der Leipziger Straße bis zum Spittelmarkt hat sich kein historisches Gebäude erhalten. Hier stehen jetzt 22- und 25geschossige Hochhausgruppen und zweigeschossige Verkaufseinrichtungen.

In der alten Nr. 37 befand sich von 1873-1943 der Standort der Musikalienhandlung und Konzertkasse Bote & Bock. Der Notenstecher Eduard Bote und der Buchhändler Gustav Bock übernahmen 1838 die Musikalienhandlung Fröhlich & Comp.. Bote schied nach neun Jahren aus dem Unternehmen aus. 1873 bezog dann die Firma Bote & Bock die Räumlichkeiten. Da der Gründer Gustav Bock Jude war, hatten seine Nachfahren als „Halb- oder Vierteljuden“ in der NS-Zeit Schwierigkeiten. Sie konnten den Geschäftsbetrieb bis zur Ausbombung nur durch Eigentumsübertragungen an „arische“ Verwandte aufrechterhalten. 1957 zog die Musikalienhandlung in die Hardenbergstraße 9 A, 1965 eröffnete sie zusätzlich ein Geschäft im neuen Europacenter. Nach dem Verkauf der Firma 1995 an das Londoner Unternehmen Boosey & Hawkes mussten 2000 die Läden aufgegeben werden. Unter dem Namen Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH & Co, KG besteht weiterhin ein Musikverlag in Berlin. 

An Stelle der alten Nr. 39 befindet sich heute eine Grünanlage mit zwei aus Ziegelsteinen pyramidenförmig gestalteten Brunnen sowie im hinteren Teil zur Krausenstraße neben einer Tiefgarageneinfahrt eine Kinderplansche mit drei Stahlsäulen.

In Nr. 40 (alt) befanden sich früher Geschäftsräume der 1850 in Wien gegründeten Möbelfirma Jacob & Josef Kohn. Josef Hoffmann und Koloman Moser gestalteten um 1905 die Ladenfront im Jugendstil um. Die Marke Kohn blieb auch nach Eingliederung in die Firma Thonet bis 1937 bestehen.

Nr. 42 (alt) an der Ecke Markgrafenstraße stand ein Geschäftshaus der Architekten Georg Rathenau und Friedrich August Hartmann im Stil der beginnenden Moderne. Es wurde von 1913 bis 1943 vom Damenkonfektionshaus R. M. Maassen genutzt. Seit 1932 war hier eine Filiale von Woolworth.

Heute ist der ursprüngliche Verlauf der Markgrafenstraße nach Süden durch eine Grünanlage unterbrochen. Jenseits des alten Verlaufs der Markgrafenstraße beginnen mit der heutigen Nr. 40/41 die ab 1970 errichteten DDR-Neubauten in Stahlbeton-Skelettmontagebauweise. Der Komplex ist Eigentum der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM). Zu DDR-Zeiten befand sich in Nr. 40 die Moccabar. In der zurückgesetzten Nr. 41 war zu DDR-Zeiten eine Vorzeige-Kindertagesstätte. Derene Räumlichkeiten dienen heute der Daniel Barenboim Stiftung und dem „musik kindergarten berlin“. Die Stiftung unterstützt zahlreiche Musik- und Bildungsprojekte in Israel und Palästina. Auch der Musikkindergarten mit dem Schwerpunkt der Vermittlung musischer Fähigkeiten geht auf eine Initiative des Generalmusikdirektors der Berliner Staatsoper zurück. An dieser Stelle (Nr. 43 alt) stand bis zu seiner Zerstörung ein von Hans Grisebach 1886 entworfenes Geschäftshaus der Firma Ascher & Münchow (Teppiche, Gardinen, Polsterwaren). Die Backsteinfassade ließ der Architekt in den Brüstungen und Bogengliedern mit Gold hinterlegen und mit zum Teil figürlichen Terrakotten schmücken. Seit 1907 war das Haus Sitz des 1893 in Krefeld gegründeten Seidenhauses Michels & Co.

Nr. 42: Der zweistöckige Flachbau dient heute als Verkaufsfläche von Multipolster. Den folgenden , 1982 fertiggestelllten, 78 Meter hohen Gebäudekomplex Nr. 43/44 entwarfen Werner Straßenmeier und Joachim Näther. Näther war „Chefarchitekt der Hauptstadt“. Seiner Konzeption unterstand seit 1965 der gesamte Wieder- und Neuaufbau von Berlin (Ost). Die Bavaria Objekt- und Baubetreuungs GmbH modernisierte in 1999 Nr. 43/44 und Nr. 46/47. Insgesamt wurden 70 Millionen Mark für neue Bäder und Küchen, die wärmedämmende Fassade, neue Loggien-Brüstungen , Fluchtwege und Fenster investiert. Danach begann der Verkauf der Wohnungen an Kapitalanleger für durchschnittlich 3625 DM pro Quadratmeter. Die Käufer mussten allerdings den Mietern ein lebenslanges Wohnrecht garantieren. Nur wenige Mieter machten von einem um 400 DM je Quadratmeter günstigerem Vorkaufsrecht Gebrauch.

Auf diesem Grundstück (alte Nr. 48) wurde um 1850 im Hofbereich ein Tanz-Saal, bekannt unter dem Namen „Musenhalle“ errichtet. Nach einem Umbau von 1868 war hier bis 1899 hinter dem Vorderhaus das „Concerthaus“ mit 1200 Plätzen. Richard Wagner dirigierte in diesem Saal  im Februar 1873 Passagen aus dem „Tristan“ und den  „Meistersingern“. Gerhart Hauptmann erinnerte sich in Das Abenteuer meiner Jugend:
„Wir besuchten die Bilse-Konzerte. Dort saßen die Männer hinter Bierseideln, die Frauen hinter Strickstrumpf und Kaffeetasse. Mütter brachten die Kinder mit. Aber Bilse, ehemals Militärkapellmeister, hatte ein von ihm gut geschultes Orchester in der Hand. Es hatte im Reich den besten Namen. Die Banalität hörte auf , sobald der Meister den Taktstock erhob, um das Mittelstandspublikum des geräumigen Vergnügungsetablissements mit großer Musik zu speisen. Während die Klänge rauschten, wurde der Wirtschaftsbetrieb nicht abgestellt, nur dass die Kellner, wenn sie Bier oder Speisen brachten, auf leisen Sohlen einherschritten und sich mit den Gästen nur pantomimisch verständigten.“
Aus der Kapelle des Musikdirektors und Dirigenten Benjamin Bilse gründete sich 1882 das Berliner Philharmonische Orchester. Im April 1889 fand im „Concerthaus“ die erste proletarische Jugendweihe statt. Die freireligöse Gemeinde Berlin organisierte für 37 Mädchen und Jungen eine Feierstunde. Der Festredner Ewald Vogtherr (SPD) forderte die Jugendlichen auf „tatkräftig in das große Werk der Vervollkommnung der Befreiung der Menschheit einzugreifen.“ 1900 wurde das „Concerthaus“ für den Neubau des Warenhauses Tietz abgerissen.

Nr. 45, ein zweistöckiger Flachbau, wird heuteu. a. von einer Drogerie und einem Discounter genutzt. Hier stand – alte Nr. 50a Ecke Jerusalemer Str. - von 1854-1900 an der Ecke zum Dönhoffplatz das „Hotel Stadt London“. Der Neubau des Geschäftshauses Unger (Kaufhaus Stadt London) von 1901 wurde bereits 1910 für die Erweiterung des Warenhauses Tietz wieder abgerissen. Das Warenhaus Tietz stand mit drei Bauteilen auf den Grundstücken Nr. 45-50 A (alt). Der erste Bauteil wurde um 1900 von den Architekten Bernhard Sehring, Lachmann und Zauber errichtet. Die viergeschossige Vorhangfassade wurde durch eine 4,50 m hohe beleuchtete Weltkugel bekrönt. Die Architekten Cremer & Wolffenstein errichteten 1912 den Ergänzungsbau am Dönhoffplatz mit der Hauptfassade zur Jerusalemer Straße 36-40. 1925/26 kam noch der Erweiterungsbau Leipziger Str. 45 (alt) hinzu.

Nr. 46/47: Die Bauten der Architekten Werner Straßenmeier und Joachim Näther stammen von 1972. Das Gebäude steht auf dem westlichen Areal des früheren Dönhoffplatzes. Zu DDR-Zeiten befand sich im Erdgeschoss und in der ersten Etage der Nr. 46 das bulgarische Nationalitätenrestaurant Sofia. Heute findet man hier neben Geschäften das Restaurant China City. Über dem Restaurant eröffnete Mitte 1992 der weltweit größte Wettanbieter, die Londoner Ladbroke Group, ein Wettbüro mit 80 Monitoren, machte aber bis zur Schließung am 30. November 1993 nur Verluste.Namensgeber des früheren Dönhoff-Platzes war Alexander Graf von Dönhoff, der im 18. Jh. am Platz wohnte. Der Platz wurde 1887 nach Abschaffung des Wochenmarktes als repräsentativer Stadtplatz mit zwei Fontänen angelegt. Auf dem Platz standen die Denkmäler für die preußischen Reformer Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein an der Leipziger Straße und Karl August von Hardenberg an der Krausenstraße. Beide Statuen befinden sich jetzt vor dem Berliner Abgeordnetenhaus, wobei die Stein-Statue das Original ist, das Denkmal für den Staatskanzler von Hardenberg dagegen von der Berliner Firma Opus Denkmalpflege nach altem Vorbild neu hergestellt und am 2. Juni 2011 enthüllt wurde. Die Kosten von 180.000 Euro wurden zum überwiegenden Teil  vom früheren Vorsitzenden des Vereins für die Geschichte Berlins Klaus Finkelnburg aufgebracht.

Seit 1935 befand sich in der Mitte des Dönhoffplatzes ein Glockenturm mit Lebensuhr. Alle fünf Minuten ertönte ein Kinderlied zum Zeichen der Geburt eines Menschen in Deutschland, alle sieben Minuten spielten die Glocken einen Choral für einen Sterbenden. Die Lebensglocke war in der Magistratsvorlage Nr. 233 vom 26. April 1946 als abzutragendes Denkmal aufgeführt und wurde folglich abgeräumt. 1975 verschwand der Dönhoffplatz als Platzanlage im Zuge der Neubebauung an der Leipziger Straße. Der Platz war früher im Osten begrenzt durch die schräg von Süden einmündende Kommandantenstraße. Die jetzige Einmündung der Jerusalemer Straße entspricht nicht der historischen Straßenführung, früher ging die Jerusalemer Straße vom Hausvogteiplatz gerade nach Süden am Westrand des Dönhoffplatzes lang.

Jenseits der heutigen Einmündung Jerusalemer Straße schließt sich auf dem östlichen Teil des früheren Dönhoffplatzes eine Grünanlage an mit einer Rekonstruktion der Spittelkolonnaden, die früher etwas weiter östlich standen. Karl von Gontard entwarf 1776 zwei spätbarock-frühklassizistische Säulenhallen zur Begrenzung der über den Festungsgraben führenden Brücke. Reste der Brücke aus rotem Sandstein wurden Anfang März 1993 bei Bauarbeiten der Bewag freigelegt. Den Graben hatte man bereits 1881 zugeschüttet. Die südlichen Kolonnaden wurden 1929 für eine Verbreiterung der Leipziger Straße abgebrochen, die nördlichen Kolonnaden erlitten im Zweiten Weltkrieg erhebliche Schäden und verschwanden 1960. Bei der Neugestaltung der Leipziger Straße wurde 1979 an der südlichen Straßenseite an einem etwas veränderten Standort eine Kopie der nördlichen Kolonnaden errichtet. Gleichzeitig rekonstuierte man die von 1730 bis 1875 auf dem Dönhoff-Platz befindliche historische Meilensäule. Etwa an dieser Stelle  mündete früher die Kommandantenstraße, die heute nur noch bis zur Axel-Springer-Straße geht. Die Grünanlage an den Spittelkolonnaden bekam am 25. März 2011 den Namen Marion-Gräfin-Dönhoff-Platz. Damit wurde „die Lebensleistung einer Frau, die am Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime beteiligt war, die die Entwicklung eines kritischen und seriösen Journalismus beförderte und die sich für die Aussöhnung mit Osteuropa einsetzte“ gewürdigt. Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002) war Chefredakteurin und Mitherausgeberin der Wochenzeitschrift „Die Zeit“.

Nr. 48/49: In dem 1976 gebauten und 1996 sanierten Doppelhochhaus gibt es auf jeder Etage acht Wohnungen zwischen 47 und 100 qm mit Loggia. Der Bau, 78 Meter Hoch entstand nach Entwürfen von Joachim Näther und Werner Straßenmeier, Nr. 48 beherbergte das Restaurant Prag, eine rustikale Bierstube hatte sich die Prager Schänken zum Vorbild genommen, in der ersten Etage befand sich das Speiserestaurant.

Nr. 50: Das 2011 eröffnete Hotel „motel one“ am Spittelmarkt stammt von den Berliner Architekten Michael Kny und Thomas Weber. Bei Bauarbeiten zur Anbindung der Axel-Springer-Straße wurden neben dem Hotel im Sommer 2011 Gebeine und Sargreste vom früheren Gertraudenspital-Kirchhof freigelegt. Der Anfang des 15. Jahrhunderts eröffnete Kirchhof um die Gertraudenkapelle war 1734 für die Anlage des Spittelmarktes geschlossen worden. Die Anbindung der Axel-Springer-Str. an die Leipziger Straße wurde am 31. Mai 2012 eröffnet.

Nr. 51: Noch zu Zeiten der Teilung wurde an dieser Stelle ein großes, winkelförmiges Hochhaus geplant, aber nicht mehr errichtet. Den 1998 fertiggestellten Stahlskelettbau mit Glasfassade entwarf das  Architektenbüro HPP Hentrich, Petschnigg & Partner, Berlin für den Ostdeutschen Sparkassenverband. Das Verbandsgebiet umfasst die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Nordseite der Leipziger Straße

Vor der weit zurückgesetzen neuen Bebauung begann früher die Nummerierung am Spittelmarkt mit Nr. 64, heute mit Nr. 54. An der Ecke zum Spittelmarkt stand früher mit der Nr. 64 ein Geschäftshaus von 1891/92, das päter zeitweise von Jandorf als Warenhaus genutzt wurde. Leipziger Straße 65 (alt) befand sich Weinstube Dedel.

Nr. 54-66:Vom Spittelmarkt zur Charlottenstraße

Nr. 54/55: Der zweigeschossige Flachbau vor der Wohnscheibe in Plattenbauweise beherbergte seit 1981 ein Kinderkaufhaus. Neben Bekleidung wurden Kinderwagen, Spielzeug  und Schuhe angeboten. Nach 2006  baute das Berliner Büro ADN Architekten den Komplex zu einem vietnamesischen Zentrum für Handel, Investition, Kultur und Tourismus um. Für die Innenarchitektur war die AA Group aus  Ho Chi Minh Stadt verantwortlich. Im 1. und 2. Obergeschoss befindet sich das Halong Hotel. Das SEN-Restaurant im Erdgeschoss offeriert vietnamesische Spezialitäten und hat einen großen Veranstaltungssaal im Obergeschoss. Mehrheitseigner der Viethaus AG ist über Tochtergesellschaften der Staat Vietnam. Nach der Selbstdarstellung ist die Viethaus AG das erste Dienstleistungszentrum außerhalb Asiens und verfolgt den Zweck, die Zusammenarbeit zwischen europäischen und vietnamesischen Unternehmen zu fördern.

Südlich der heutigen Häuserfront befanden sich die nördlichen Spittelkolonnaden, umbaut von Geschäftshäusern Nr. 68-71 (alt). In der Nr. 69 (alt) wurde am 15. Mai 1823 die Parfümerie-Fabrik Treu & Nuglisch eröffnet, sie zog im Dezember 1828 nach der Jägerstraße Ecke Oberwallstraße. Die Konditorei Steidel  besaß die Liegenschaften 67-70 (alt) und stellte zwischen den Säulen der nördlichen Spittelkolonnaden ihre Tische auf. Die nördlichen Kolonnaden wurden im Zweiten Weltkrieg beschädigt und 1960 abgetragen.

Im Wohn- und Geschäftshaus der WBM Mitte, Nr. 56, befinden sich unten ein irisches Restaurant, ein Fahrradgeschäft, eine Pizzeria, darüber eine Etage mit Arztpraxen. Auf der vorgelagerten Fläche bis zur Fahrbahn der Leipziger Straße stand einstmals Nr. 75 (alt) – auf der Nordseitedes alten Dönhoffplatzes – ein von Georg Christian Unger 1774- 1776  für den General von Dönhoff errichtetes Palais. Die Königliche Seehandlung erwarb das Grundstück aus privater Hans und verkaufte es 1819 für 50.000 Taler an den Fiskus weiter. Der Preußische Staatskanzler Fürst von Hardenberg hatte hier ab 1804 seinen Arbeitssitz und wohnte hier auch bis zu seinem Tode 1822. Danach diente das Haus dem Staatsministerium. Durch Einbeziehung des Nebenhauses Nr. 76 (alt) wurde Ende 1848 das Palais zur Aufnahme des Preußischen Landtages umgestaltet. Der auf dem hinteren Grundstücksteil als separates Gebäude neu errichtete Sitzungsaal wurde durch Seitenflügel mit dem Vorderhaus verbunden. 1866 verlängerte der Architekt Blankenstein den Sitzungssaal und schuf weitere Räume. Am 21. März 1871 trat hier zum erstmals der neue Deutsche Reichstag zusammen:
„Eine elende Halle, aus Fachwerkmauern notdürftig errichtet, mit erbärmlichen Sitzreihen für die Herren Volksvertreter versehen, in der nicht einmal für eine auch nur einigermaßen ausreichende Beleuchtung Vorsorge getroffen war“,so schildert es Isidor Kastan in „Berlin wie es war“.
Noch 1871 siedelte der Reichstag in das Haus Leipziger Straße 4 über. Während der Nutzung durch das Preußische Abgeordnetenhauses bis zur Übersiedlung in den Neubau 1901 (heute das Berliner Abgeordnetenhaus) fanden weitere Umbauten statt, das Herrenhaus zog 1903 aus. Das Haus Nr. 76 (alt) war lange Zeit Sitz des kaiserlichen „Geheimen Zivil-Kabinetts“ Schließlich erwarb der Aktienbauverein “Unter den Linden“ die Liegenschaften 75 und 76 (alt) und ließ von den Architekten MaxAlterthum und Salo Zadek einen Neubau mit zwei markanten Giebeln errichten. Hier hatte u. a. der Adressbuch-Verlag Scherl seinen Sitz.

Nr. 57/58: Die Heinrich-Klaproth-Apotheke erinnert mit ihrem Namen an Martin Heinrich Klaproth. Er hatte nicht weit entfernt von 1780-1800 eine Apotheke und entdeckte 1789 das Uran (Gedenktafel Spandauer Straße 25). Auf dem Grundstück alte Nr. 77, befand sich von 1878-1933 das Varieté und Theater „Reichshallen“ mit angeschlossenem Restaurant, oben der Saal mit mehr als 1000 Plätzen, unten das Restaurant im Stil des Rokoko. Unter dem Direktor Ferdinand Meyer wurden die Stettiner Sänger berühmt, deshalb nannte sich das Theater später auch Reichshallentheater Stettiner Sänger. Einprägsam war ein Plakat mit zwei Männern, einem langen Dünnen und einem kurzen Dicken. Hermann Frey berichtete in  seinem Buch Immer an der Wand lang...1940:
„Jeden Abend bei den „Stettinern“ war ein Fest. Wenn sie aufmarschiert kamen, die obligate rote Mappe mit den Texten unter den Arm geklemmt und sich, zunächst vier an der Zahl, als Quartett präsentierten, wurden sie mit schallendem Applaus begrüßt. Wenn dann die Einzelnummern folgten, bis im zweiten Teil das vom Publikum immer sehnsüchtig erwartete Volksstück herankam, dessen Autor natürlich Papa Meysel selbst war, dann waren die Berliner so recht unter sich, dann bildeten sie und die Fremden, die jeden Abend mit mang waren, eine große Familie. Nebenbei gesagt, war Meysel glänzend fundiert. Sein Unternehmen hatte ihm im Laufe der Jahre, dank seiner Tüchtigkeit, ein Millionenvermögen eingebracht, und um sein schönes Heim in der Straße Wilhelmshöhe am Kreuzberg hat ihn so mancher beneidet.“
Das Theater genügte 1933 nicht mehr den feuerpolizeilichen Anforderungen und musste geschlossen werden. Das Gebäude stand danach mehrere Jahre leer, bis es 1937 für Ausstellungen umgebaut wurde.(vgl. Dr. Otto de la Chevallerie in: Zeitschrift des VfdGB 1/1939, S. 33)

Nr. 79 (alt) beherbergte ein Bierquelle von Aschinger und in der ersten Etage die Seidenhandlung Hermann Herzog. Dann schloss sich als Eckgebäude zur Jerusalemer Straße das Grundstück Jerusalemer Straße 14 an, heute Leipziger Straße 58.

Nr. 60: Auf der Höhe der Nr. 60 unterquert ein Fußgängertunnel die Leipziger Straße Richtung Krausenstraße. Hier befand sich zu DDR-Zeiten seit 1978 das Kultur- und Informationszentrum der Tschechoslowakei, später das Tschechische Zentrum. Von 1912-1936 war im Eckhaus Leipziger Str. 80 alt ein Schuhgeschäft von Carl Stiller, nicht weit entfernt von dem Keller Jerusalemer Ecke Krausenstraße, in dem das Schuhhaus 1867 gegründet worden war. 1937/38 bezog das Schuhhaus Bata die Räume. Der gesamte Komplex Nr. 61 bis Nr. 66 wurde nach 1990 Eigentum des Bundes. Hier waren zu DDR-Zeiten viele Diplomaten und Auslandskorrespondenten untergebracht.

Nr. 61: Der Vistél´s Cello MusikSalon bietet Privatkonzerte mit Schwerpunkt Cellomusik. Am Haus Leipziger Straße 85 (alt) befand sich seit 1888 eine Tafel mit folgendem Text: „Hier wohnte und starb am 16. September 1753 Hans Georg Wenzelslaus Freiherr von Knobelsdorff. Die Stadt Berlin seinem Andenken.“ Die Berliner Wochenschrift Der Bär vom 9. Juni 1888 bemerkte dazu (S. 467): „In hiesigen Blättern wird, ohne dass Widerspruch sich erhoben hätte, darauf aufmerksam gemacht, dass die Inschrift nicht ganz zutreffend sei, indem Knobelsdorff einem adeligen, nicht aber einem“freiherrlichen“ Geschlechte entsprossen, auf den Namen „Hans“ nicht getauft und auch nicht in diesem Hause, sondern in demjenigen Kronenstraße 29 gestorben sei. Eine Klarstellung hierüber wäre gewiss dringend zu wünschen.“ In der Tat hatte Friedrich II. seinem Architekten zwei Grundstücke geschenkt, Kronenstraße 29 und das daran an der Hinterfront anstoßende Haus Leipziger Straße 85 . In dem mehrfach umgebauten  Haus  war seit 1882 ein Münchner Hofbräu-Ausschank. 1885 wurde in dem Restaurant ein Bild Knobelsdorffs nach einem Gemälde von Pesne angebracht, nach einem Umbau 1894 war es Aschingers 14. Bierquelle. Das Haus wurde im März 1926 abgerissen.[5]

Nr. 62: Zu DDR-Zeiten war hier der Schuhsalon Salopp. 1993 richtete sich nach der Privatisierung des einstigen DDR-Rundfunks  zeitweise der Berliner Rundfunk auf 1200 Quadratmetern Büros, Studios und Konferenzräume ein. In der früheren Nr. 86 (alt) existierte seit 1903 ein Automatenrestaurant und in Nr. 87 (alt) seit 1920 das Seidenhaus Michels. Die Firma errichtete durch Johann Emil Schaudt 1930  ein neues Geschäftshaus im Stil der Neuen Sachlichkeit, betont durch einen langen Reklameleuchtkörper an der Fassade. Max Osborn schrieb: „Michels ist ein berühmtes Geschäft für Seidenwaren, also wurde dem Ganzen ein Zug freier Eleganz gegeben, der zu der kostbaren Ware stimmt, ohne dass die Strenge des architektonischen Aufrisses  dadurch berührt wurde."

Nr. 63 (Nr. 88 alt). In dem Gebäude von Carl Schwatlo befand sich seit 1874 das Magazin für Haus- und Kücheneinrichtungen E. Cohn. 1920 gestaltete Carl Stahl -Urach ein Geschäft für Sarotti-Schokoladen im Stil des Expressionismus. In Nr. 89 (alt) breitete die Wiener Firma Gebrüder Thonet in ihrer deutschen Hauptniederlassung ihr Angebot an Möbeln aus gebogenem Holz aus. Unter der gleichen Adresse war das Kunstauktionshaus Max Perl 1927 (mit Eingang Markgrafenstraße) zu erreichen. Später bezog es Galerieräume Unter den Linden.

Jenseits der Markgrafenstraße erstreckt sich bis zur Charlottenstraße der Neubaukomplex Nr. 65-66, früher waren es die Häuser Nr. 90–95 (alt). In Nr. 65 befinden sich heute das Restaurant Löwenbräu am Gendarmenmarkt und ein Hotel. In Nr. 91 (alt) war einst die Alte Rheinische Weinstube und von 1927 an das Schuhhaus H. Leiser. Nr. 92 (alt) war das vom Architekten Georg Rathenau 1902 errichtete Verwaltungsgebäude der Singer & Co. Nähmaschinen AG. Auf dem Grundstück Nr. 93 (alt) stand ein 1899 errichtetes Gebäude der Architekten Rathenau und Hirschhorn. bis 1943 Sitz der Pelican-Apotheke. Seit 1902 wohnte hier der Fotograf F. A. Schwartz.  Die Klavierbaufirma Biese zog 1907 ein. In Nr. 94 (alt) lud das Weinrestaurant Mamsch mit täglicher musikalischer Unterhaltung zu Diners und Soupers ein. Nr. 95 (alt) Ecke Charlottenstraße stand ein 1901 vom  Architekten Albert Bohm umgebautes Haus, bis 1939 Sitz des Kinderkonfektionshauses Arnold Müller. Der Architekt verzichtete auf eine Pfeilerfassade und löste die Front in ein klares Raster von vertikalen Stützen und horizontalen Brüstungen auf. Der modern gedachte Bau wurde durch eine historisierende neobarocke Eckbekrönung verunstaltet.

Nr. 96-121: Von der Charlottenstraße zur Wilhelmstraße

Nach Überqueren der Charlottenstraße verengt sich die Leipziger Straße auf ihre historische Breite und die alte Nummerierung wird fortgesetzt. Das nach 1993 errichtete Büro- und Geschäftshaus Nr. 96-98 ist Eigentum der Hamburger Kommanditgesellschaft Hefter´sche Erben GmbH & Co.
Früher stand  auf Nr. 96 (alt) ein Geschäftshaus von 1881 der Architekten Hermann von der Hude und Julius Hennicke. Der spätere Hofarchitekt Ernst Ihne (seit 1906 v. Ihne) entwarf zusammen mit Paul Stegmüller 1881 die Einrichtung des Café Keck im Stil Ludwig XV. Von  1884 an verkehrte die Halbwelt in dem prunkvollen Interieur und Frauen warteten auf zahlungskräftige Herren. Das gesamte Haus wurde noch vor 1917 abgerissen. Um 1934 war das Eckhaus ein Modezentrum mit dem Modehaus Berlin GmbH. Aronheim & Horwitz boten Damenmäntel, Grünthal Blusen und Klipstein Regenmäntel an. In der Folgezeit verschwanden alle jüdischen Namen. Die Grundstücke Nr. 97-99 (alt) waren Eigentum der Hefter´schen Erben. In Nr. 98 (alt) hatte August Hefter 1861 ein Fleischerfachgeschäft mit einem bis dahin unbekannten Lieferservice eröffnet. Die bereits 1853 außerhalb Berlins gegründete Firma wurde 1878 „Königlicher Hoflieferant“, fusionierte nach dem Ersten Weltkrieg mit den EFHA-Fleischwerken und eröffnete bis 1940 70 Verkaufsstellen. 1967 gingen Läden und Stadtküche an die Firma Hermann Meyer über. In Nr. 99 (alt) befand sich die Modejournal-Centrale von Arthur Tichauer, gegründet 1887, in der NS-Zeit „arisiert“ unter dem Namen Schirmer fortgeführt. In Nr. 100 (alt) – Eigentum der Hildebrand-Erben - befand sich von 1872 bis 1937 ein Geschäft der Schokoladenfabrik Theodor Hildebrand.

Nr. 100: An der Ecke zur Friedrichstraße wurde 1997 das Atrium der ECE eröffnet. Die ECE steht als Marktführer der Entwicklung von Einkaufszentren im Eigentum der Familie Otto. Das siebengeschossige Bürogebäude kostete 250 Millionen Mark und bietet 20.000 qm Nutzfläche. Der Architekt Volkwin Marg aus dem Büro Gerkan, Marg und Partner wollte mit dem Eckturm an den Vorgängerbau erinnern. Die von der Friedrichstraße aus zu betretende 30 m hohe und 45 m lange lichtdurchflutete Eingangshalle ist 700 Quadratmeter groß.
Vorher stand hier ein palastartiges Gebäude des Architekten Carl Schaefer aus den Jahren 1887-89 im Eigentum der amerikanischen Lebensversicherungsgesellschaft Equitable.
Im ersten und zweiten Stock befand sich das „Café Kerkau“ mit 20 Billardtischen. Hugo Kerkau war Billardweltmeister. Danach nannte sich das Café „Café Equitable“ bzw. „Zielka & Co.“ Seit 1930 führte eine Rolltreppe in das Tanz-Café „Moka Efti“ mit 3000 Plätzen, „wo die Weitläufigkeit und die bizarre maurische Formgebung die Augen nicht zur Ruhe kommen lassen und das Ohr von der durch Lautsprecher übermäßig verstärkten Klangfülle des Orchesters gemartert wird“[6] Der Eigentümer Giovanni Efti hatte bekannte Orchester zur Unterhaltung engagiert.

Nr. 103-104: Gegenüber an der Ecke zur Friedrichstraße steht mit einer dunklen Natursteinfassade das Wohn- und Geschäftshaus Leipziger Straße 103-104. Die Viktoria Lebensversicherung AG investierte 100 Millionen DM in den Komplex „Quartier Stadtmitte“ der Architekten Thomas van den Valentyn und Norbert Koska. Sie hatte das Grundstück mit dem zu Teilungs-Zeiten fast vollendeten Neubau eines Spielcasinos 1992 von der Interhotel-Tochter Casino GmbH erworben. Die Casino-Pläne waren dem Devisenhunger der DDR und der Nähe zum Übergang Checkpoint Charly geschuldet. Wegen der von der  von Ost-Berlin vorgesehenen Straßenbreite von 38 m war der Bau von der Leipziger Straße zurückgesetzt. Die Grundstücksausnutzung galt als unwirtschaftlich und der fast fertige Komplex musste weichen. Die neue Bauflucht mit der wieder auf  22,5 m verschmälerten Straße ermöglichte der Viktoria das Dreifache an Bruttogeschossfläche.In der Nr. 103 (alt) war ab 1902 eine der zahlreichen Filialen der Weingroßhandlung C. S. Gerold Sohn mit Frühstücksstube. und darüber eine Filiale der Anzeigenexpedition Rudolf Mosse.
Daneben stand auf Nr. 104 (alt) das Kaufhaus Max Grünbaum. Im Neubau von 1915 betrieb die Parfümerie Gustav Lohse seit 1928 ein Geschäft, das Haus war zudem Sitz der Montblanc Füllfeder-Zentralen GmbH. In Nr. 105 (alt) war ein Geschäft des Herrenaustatters Edm. Wünsch und im vierten Stock das Atelier des Fotografen Waldemar Titzenthaler. Der Notar Dr. Arthur Katz floh bereits 1933 nach Palästina.

Nr. 106-111: Das 2000 erbaute NH Hotel Berlin-Mitte mit 392 Zimmern und 13 Tagungsräumen ist ein Stahlbetonbau mit Natursteinfassade der Berliner Architekten  Klaus Theo Brenner und HPP Partner. Nr. 107 (alt) war das 1896 von Heinrich Kayser und Karl von Groszheim konzipierte Kaufhaus Henniger & Co., später vom Strumpfhaus Etam, dem Lichthaus Mösch  und der Firma Stollwerk genutzt. Die gleichen Architekten entwarfen auch das Haus Nr. 109 (alt) mit dem Restaurant Dreher, von 1899-1917 durch Theodor Kochintke als Gastwirtschaft „Zum Dortmunder“ weitergeführt. Nr. 110/111(alt) war ein von Klingenberg und Meyer konzipiertes Gebäude. Es beherbergte ab 1903 Schauräume der Bildgießerei Gladenbeck & Sohn und von 1916 an Verkaufsräume von Ludwig Hupfeld (elektrische Pianos). Der Optiker Eduard Messter hatte sich auf die Herstellung optischer und feinmechanischer Geräte spezialisiert und betrieb hier seit 1915 ein Geschäft. Sein von ihm ausgebildeter Sohn Oskar brachte bereits 1896 den ersten Filmprojektor auf den Markt. Der jüdische Rechtsanwalt Dr. Max Zirker durfte in der NS-Zeit seinen Beruf nicht mehr ausüben und ging im Januar 1936 nach Palästina.

Nr. 112: Das Geschäftshaus für die Württembergische Metallwarenfabrik (WMF) von 1904/1905, hatten dieStuttgarter Architekten Eisenloh & Weigle entworfen. Im Erdgeschoss bedienten 100 Angestellte die Käufer, zwei darüberliegende Etagen beherbergten eine Musterausstellung. In den obersten Etagen befand sich die Berliner Redaktion der französischen Zeitung „Le Matin“ Das Gebäude wurde vom Ost-Berliner Magistrat für die Verbreiterung der Straße 1986 enteignet und verfiel. Seit dem 6. Juni 1990  unter Denkmalschutz gestellt, erhielt es die WMF zurück und verkaufte es an die Helvetic Grundbesitz GmbH. Die Bauverwaltung verlangte die Anlage eines 7,50 m breiten Arkadendurchgangs, verlor aber den Rechtsstreit 2003 vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin. Seit 2006 bietet die Firma Falper Berlin im Ladenbereich exklusive Badeeinrichtungen an. Die Deutsche Rechtsschutzversicherung Berlin hat für ihre Schadensabteilung eine Etage angemietet.

Nr. 113 (alt): Das Eckgrundstück zur Mauerstraße wurde nicht neu bebaut, vor dem Kriege stand hier ein spitzwinkliges Gebäude der Cohn´& Jaffe´schen Erben, 1943 Eigentum der Herzog Film-GmbH. Die für ihre Parfümprodukte berühmte Drogeriefirma Schwarzlose unterhielt hier von 1930 bis zur Zerstörung 1944 ein exklusives Geschäft.

Nr. 114-120: Die Straße wird flankiert von einem 1990 entstandenen, zurückgesetzten Plattenbau im Eigentum der WBM Mitte. Über den Geschäftsräumen im Erdgeschoss liegen 111 Wohnungen. Nach den ursprünglichen Senatsentwürfen des Planwerks Innenstadt sollte nach einem Abriss die alte Bauflucht durch Neubauten mit Arkadengängen wiederhergestellt werden. Die Bezirksverordnetenversammlung Mitte lehnte den Abrissantrag der WBM 2002 ab. Im vom Einrichtungshaus Löwenberg 1895 errichteten Haus Nr. 114 (alt) des Berliner Architekten Hermann Krause waren verschiedene Einzelhandelsgeschäfte und seit 1906 das Weinrestaurant „Römer-Keller“. In Nr. 115/116 (alt) befand sich seit 1897 die Photographische Gesellschaft von Ottomar Anschütz. Der 1907 verstorbene Fotograf war ein Pionier der Fototechnik und der Kinematografie. 1934 befand sich hier das Fotostudio Zander & Labisch. Der Architekt Julius Wendler baute für die die Berliner Niederlassung der Solinger Stahlwarenfabrik Fa. J. A. Henckels das Wohn- und Geschäftshaus Nr. 117/118 (alt).  Im Hause kam von 1891–1901 auch das Hohenzollern-Kunstgewerbehaus unter, bevor es gegenüber in die Nr. 13 zog. Nach dem Auszug etablierte sich 1901 das „Weinrestaurant Traube“.

1934 eröffnete im Obergeschoss von Nr. 119/120 (alt) der Buch- und Kunsthändler Karl Buchholz eine „Galerie für zeitgenössische Kunst“ mit Werken von Karl Hofer, Max Beckmann, Karl Schmidt-Rottluff, Georg Kolbe und Renée Sintenis. Buchholz musste Ende 1936 seinen jüdischen Mitarbeiter Curt Valentin entlassen. Er sandte ihn nach New York mit dem Auftrag, dort eine Filiale zu gründen. Sie wurde im März 1937 unter dem Namen „Buchholz Gallery – Curt Valentin“ eröffnet. Buchholz verkaufte diskret im Auftrag der NS- Regierung als „entartete Kunst“ bezeichnete Kunstwerke über diese und eine Lissaboner Filiale. Nach der Zerstörung des Hauptgeschäftes 1943 zog die Galerie in die Leipziger Straße 107 (alt). Buchholz verlegte seinen bereits Ende 1945 wiederaufgenommenen Kunsthandel von Unter den Linden 26 nach Westen in die Westfälische Straße 87. Er gründete in Bogotá die Libreria y Galeria Buchholz und starb in Kolumbien 1992. Sein Name kam im Zusammenhang mit den bei Grabungen vor dem Berliner Rathaus zur Vorbereitung des U-Bahn-Baus aufgefundenen Kunstwerken „entarteter Kunst“ wieder auf, weil Buchholz im Haus Königstraße 50 Geschäftsräume hatte. Tatsächlich stammten die Kunstwerke aus einem dortigen Lager des Propagandaministeriums.[7]

Nr. 121: An der Ecke zur Wilhelmstraße steht ein Geschäfts- und Wohnhaus von 2003 der Architekten HPP Hentrich, Petschnigg & Partner. Ein Einrichtungshaus bietet Objekte der klassischen Moderne an. Das Haus Nr. 121 (alt) war Eigentum der Schuhfirma Salamander AG, die dort ein Schuhgeschäft unterhielt. In Nr. 122 (alt)  konnte man bei Raddatz & Co. Porzellan und Haushaltsgeräte erwerben. An der Ecke zur Wilhelmstraße (Nr. 123 alt)
eröffnete der Amerikaner deutscher Herkunft Maximilian  Berlitz 1888 seine erste Sprachschule in Europa. Von 1914 bis 1943 war auch hier das Pelz- und Bekleidungshaus C. A. Herpich vertreten. Der Architekt Erich Mendelsohn gestaltete 1927 die Ladenfront mit den charakteristischen Formen des Stammhauses und veränderte die zwei Geschosse im Inneren im Stil der Neuen Sachlichkeit.

Nr. 124-137: Von der Wilhelmstraße zum Leipziger Platz

Die achtgeschossige Stahlbetonskelettkonstruktion der Nr. 124 wurde von der Architektengemeinschaft WEP Effinger und Partner aus München und Berlin, entworfen und 2005 fertiggestellt.. Im Erdgeschoss befindet sich das Einrichtungshaus ligne roset. Nr. 124 (alt) war die Adresse des 1886 vom Architektenbüro Kayser & von Großheim entworfenen Geschäfts- und Wohnhauses New York für die gleichnamige Lebensversicherungsgesellschaft. Engelbert Kayser, der Bruder des Architekten, hatte hier bis 1934 ein Geschäft für Luxuswaren, bekannt ist die Marke Kayser-Zinn.

Nr. 125: Der ehemaliger Erweiterungsbau des Ministeriums  für öffentliche Arbeiten wurde von Paul Kieschke 1894 errichtet. Das Ministerium erstreckte sich über die Grundstücke Wilhelmstraße 79/80 bis zur Voßstraße 35, es war für den Hochbau und das Eisenbahnwesen zuständig. An der Fassade zur Leipziger Straße sieht man Wappen der zwölf Provinzen Preußens. 1934 wurde das Haus vom Reichsverkehrsministerium und der Deutschen Reichsbahn übernommen und im Erdgeschossbereich mit Läden versehen, die nach 1945 wieder verschwanden. Auch ein mächtiger, aus Kupfer getriebener Adler über der Mittelachse  ging verloren. Das Haus gehört heute zum Komplex „Mall of Berlin“ und wurde durch den Einbau von Arkaden 2013 verändert.

Die Grundstücke von Nr. 126 bis 137 Ecke Leipziger Platz 12 waren früher alle im Eigentum  des Kaufhauses Wertheim. Auf Nr. 126 bis 130 errichtete 1911/12 der Architekt Heinrich Schweitzer als 4. Bauabschnitt des Kaufhauses einen Erweiterungsbau nach dem Vorbild des Architekten Alfred Messel, der für die Bauabschnitte 1 bis 3 verantwortlich gewesen war und durch seinen architektonischen und bildkünstlerischen Aufwand Aufsehen erregt hatte. Messel  hatte den benachbarten 1. Bauabschnitt Nr. 132/133 Ende 1897, den 2. Bauabschnitt Nr. 134/135 Ende 1900 und den 3. Bauabschnitt Nr. 136/137 Leipziger Platz 12 ischließlich 1904 fertiggestellt. Der markante Eckbau mit seiner eindrucksvollen Kalksteinfassade schloss die 150 m lange Kaufhausfront zur Leipziger Str. wirkungsvoll ab. Hohe Arkaden im Erdgeschoss öffneten sich zu einer Vorhalle. Mit dem Erweiterungsbau am Leipziger Platz nach den Plänen von Schmohl und Kolb (5. Bauabschnitt) war das größte Warenhaus Europas 1927 mit einer Nutzfläche von 106.000 qm vollendet. Walter Kiaulehn sprach von einem Traumschloss der Verführung: „Es war vollkommen, und seine Schönheit ist niemals von einem anderen Warenhaus übertroffen worden. […] Hunderttausend Glühbirnen erleuchteten den Palast, dessen Grundfläche doppelt so groß wie die des Reichstags war und dessen Frontlänge in der Leipziger Straße und am Platz dreihundertdreißig Meter maß.“[8]

Die Baulichkeiten litten unter den Luftangriffen 1943 und brannten in den Jahren 1944 und 1945 aus. Obwohl ein Wiederaufbau möglich gewesen wäre räumte man die Ruinen 1955 wohl wegen der Nähe zur Sektorengrenze ab. Der unterirdische Tresorraum der Wertheim-Bank von 1912 blieb nach dem Abriss der Wertheim-Ruine 1955 erhalten. Von 1991 bis 2005 befand sich darin der Techno-Club Tresor von Dietmar-Maria Hegemann. Eine alte Treppe führte in den flachen, düster wirkenden Gewölbekeller mit etlichen maroden aufgebrochenen Schließfächern. Seit Mai 2007 hat der „Tresor“ im ehemaligen Heizkraftwerk Mitte, Köpenicker Str. 70 eine neue Heimstatt. Dort sind einige Schließfächer und Tresortüren aus dem früheren Domizil zu sehen.

Nr. 126: Das 2008 fertiggestellte Bürogebäude der Architekten Almut Ernst und Armand Grüntuch mit seiner klar gegliederten Glasfassade wurde 2009 mit dem „best architects architektur award“ausgezeichnet. In gleicher Formensprache hat das Berliner Büro Grüntuch & Ernst  auch das 2000 fertiggestellte gläserne Haus neben den Hackeschen Höfen errichtet. Die beiden Büro-, Wohn- und Geschäftshäuser der Architekten Patzschke & Partner  - Nr. 127 und Nr. 128 - konnten 2008 bezogen werden. Sie weisen acht Etagen und Tiefgaragen im Untergeschoss auf. Die zweigeschossigen Kolonnaden und die Rückstaffelung in den Obergeschossen waren vorgeschrieben. Die Zwillingsbrüder Jürgen und Rüdiger Patzschke sind für die von ihnen vertretene klassisch-traditionelle Formensprache bekannt (z. B. Hotel Adlon).

Nr. 129-137: Auf dem ehemaligen Wertheim-Gelände zwischen Leipziger Straße, Leipziger Platz  und Voßstraße entstand nach einem Entwurf der Architektengemeinschaft Manfred Pechtold und nps Tchoban Voss für die High Gain House Investments (HGHI) des Berliners Harald G. Huth das neue Stadtquartier „LP 12 Mall of Berlin“ mit 270 Geschäften, rund 35 Gastronomien, Dienstleistern, einem Hotel, Fitnesscenter, Entertainment, Büros auf 4.000 Quadratmetern und 270 Wohnungen. Vier unterirdische Etagen enthalten 1000 Autostellplätze, darüber liegen acht Geschosse. Ab der dritten Etage sind Wohnungen im Angebot. Die Verkaufsfläche beträgt 76.000 Quadratmeter. Der Investor Huth sammelte mit seinen bisherigen Projekten „Das Schloss“ in Steglitz und den „Gropius-Passagen“ ausreichend Erfahrung für eine richtige Mischung. Die Geschäfte sind in Branchenzonen verteilt. Im Basement werden Waren des täglichen Bedarfs in Supermärkten angeboten, im Erdgeschoss liegen Geschäfte der Luxusmarken. In der 1.Etage findet der Kunde Schuhe, Bekleidung und Acessoires, im 2. Geschoss alles für Kinder, einen Elektronikfachmarkt und den Foodcourt mit 30 Küchen und Platz für 800 Gäste. Die Investitionen einschließlich Grundstückserwerbskosten bis zur Wilhelmstraße und Ausbau des Hauses Leipziger Straße 125 betrugen etwa 800 Millionen Euro. Die Eröffnung war am 25. September 2014. Seitdem kann man überdacht von der Mohrenstraße bis zum Leipziger Platz laufen und eine Passage nach Süden gibt den Blick auf das Gebäude des Bundesrats frei. Der Architekt Sergej Tschoban äußerte, der Leitgedanke bei der Architektur war, keinen riesigen, einheitlichen Block zu schaffen, sondern einzelne Häuser mit gesonderten Adressen. Für jedes Gebäude wählte er Natursteinfassaden in unterschiedlichen Farbnuancen aus. Die Ecke Wilhelmstraße/Voßstraße erinnert architektonisch an den Expressionismus der 1920er Jahre, die Fassaden am Leipziger Platz und der Leipziger Straße lehnen sich in ihrer betonten Vertikalität an die Entwürfe von Alfred Messel an.

Wie kaum eine andere Straße legt die Leipziger Straße Zeugnis ab von der wechselvollen Geschichte Berlins.

 

Anmerkungen:

[1] Leopold Freiherr von Zedlitz: Neuestes Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam, Berlin 1834
[2] Friedrich Nicolai: Beschreibung der königlichen Residenzstadt Berlin, Berlin 1786
[3] Karl Baedeker: Berlin und Umgebung – Handbuch für Reisende, Leipzig 1908
[4] Gutachten über die im industriellen Wohnungsbau als Serienerzeugnisse errichteten Nachkriegsgebäude in Berlin (Ost) vom 31. 12. 1991 im Auftrag der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen. Zitiert in der Zeitung „Scheinschlag“ vom 1. Dezember 1992.
[5] Martin Engel: Das Knobelsdorffsche Freihaus in der Leipziger Straße, in Berlin in Geschichte und Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 1997, S. 33-54
[6] Alfred Stieler, in Westermanns Monatshefte, Bd. 149 I, Heft 891, November 1930
[7] Benedikt Goebel/Jörg Rudolph: Die Königstraße  50 - „Entartete Kunst“ im     Bombenschutt, in Mitteilungen des
    Vereins für die Geschichte Berlins, 108. Jg. Heft 4/2012, S.  86-93.
[8] Walter Kiaulehn: Berlin – Schicksal einer Weltstadt, München/Berlin, 2. Auflage, S. 31