Niederlagsrecht, Stapelrecht

Das Niederlagsrecht oder Stapelrecht war ein Zwangsrecht der Stadt und brachte ihr Handelsvorteile und unmittelbare Einnahmen. Das Niederlagsrecht erlaubte der Stadt von reisenden Kaufleuten zu Land und zu Wasser, die auf dem Weg zu ihrem Zielort die Stadt einschließlich eines bestimmten Umkreises berührten, zu verlangen, daß dieselben ihre Ware ausluden und auf dem Markt oder in der Kaufhalle der Stadt den Einwohnern feilboten. Nur was nicht verkauft wurde, durfte ohne Zahlung einer Entschädigung weiter befördert werden.
Die Stadt konnte das Niederlagsrecht vom Landesherren erwerben.

Berlin und Cölln müssen dieses wichtige Handelsrecht schon in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens als Kaufmannsstädte besessen haben. Das Zentrum der Doppelstadt bildete der Mühlendamm, an dem sich zwei bedeutende Handelsstraßen kreuzten: Vom Rhein nach Poeln hinein und von Süddeutschland über Leipzig an die Ostseeküste. Der Stau am Mühlendamm bildete insofern kein Hindernis für den Warenverkehr zu Wasser, da die fremden Kaufleute eben durch das Niederlagsrecht ohnenhin gezwungen waren, ihre Güter aus- und umzuladen. Wie unterschiedlich die Gunst der Landesherren verteilt war, zeigt die Tatsache, dass Berlin und Cölln ihrerseits vom Niederlagszwang der Städte Frankfurt /O. und Oderberg befreit waren.

1442 forderte Kurfürst Friedrich II. das Niederlagsrecht von den Städten zurück. Die Einkünfte gingen ihnen damit verloren, doch der Handel blieb. Erst 1807 wurde das Niederlagsrecht förmlich aufgehoben.

In Berlin erinnert die Niederlagstraße auf dem Friedrichswerder an das mittelalterliche Recht. Zwischen der Schleuse im Cöllner Stadtgraben und der Hundebrücke errichtete Philipp de Chièze im Auftrag des Kurfürsten ab 1652 die Gebäude des Packhofes mit Niederlage-, Zoll- und Akziseamt. Die hier zuvor befindlichen Mühlen verlagerte man an die Schlossfreiheit.

1743 veranlasste König Friedrich II. auf Bitten der Kaufleute den Bau eines neuen Packhofes auf dem Gelände des Lustgartens mit Kran und Wachhaus und stellte das Pomeranzenhaus zur Verfügung.

Weitere Abladeplätze für Holz und Steine gab es beidseitig der Spree vor dem Stralauer Tor, an der Abzweigung des Cöllner Stadtgrabens von der Spree und am Unterbaum.

Literatur:
Werner Natzschka: Berlin und seine Wasserstraßen, Berlin 1971.

Literatur aus den Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins:
Vermischte Schriften im Anschlusse an die Berlinische Chronik und an das Urkundenbuch, hg. vom Verein für die Geschichte Berlins, 1. Bd.

Gerhild H. M. Komander 8/2004