Geschichte einer Sammlung und eines Sammlers
Von Elisabeth Schroll

Inhaltsverzeichnis

I. Einführung
II. Geschichte der Sammlung
II.1 Karl Bröhan – Interessen und Ziele
II.2 Sammlungsentwicklung 1966 - 1997
II.3 Vom Privat- zum Landesmuseum
III. Die Sammlung
III.1 Inhaltliche Schwerpunkte
III.1.1 Angewandte Kunst
III.1.2 Darstellende Kunst
III.2 Bewahrung und Verwaltung der Sammlung
III.2.1 Sammlungsverwahrung
III.2.2 Sammlungsverwaltung
III.3 Archiv und Bibliothek
III.4 Erforschung der Sammlung
IV. Das Bröhan-Museum – Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus
IV.1 Dauerausstellung
IV.2 Sonderausstellungen
IV.3 Sammlungspräsentation online
IV.4 Publikationen
IV.5 Förderung und Unterstützung
V. Fazit
VI. Literaturverzeichnis
VII. Abbildungsverzeichnis
VIII. Anhang - Eigenständigkeitserklärung

I. Einführung

Das Berliner Bröhan-Museum verfügt über eine international bedeutende Sammlung von Kunst der Zeit um das Jahr 1900 und Kunsthandwerk des Jugendstils, Art Deco und Funktionalismus. Die vorliegende Arbeit behandelt die Genese und Entwicklung der Sammlung, welche zum Großteil aus der ehemals privaten Sammlung des Kaufmanns Karl Bröhan hervorging. Beleuchtet werden unter Anderem seine Intention beim Aufbau der Sammlung, deren Inhalte und Schwerpunkte, die Präsentation der Objekte im Bröhan-Museum sowie die digitale und analoge Verwaltung der Bestände.

II. Geschichte der Sammlung

Heute umfasst die Sammlung des Bröhan-Museums rund 20.000 Objekte[1] der angewandten und darstellenden Kunst aus den Jahren 1889 bis 1939. Begründet wurde diese 1966 vom Namensgeber des Hauses, Karl Bröhan.[2] Seinen Motiven, der quantitativen und inhaltlichen Entwicklung der Bestände sowie deren Übergang von Privatbesitz in das Eigentum des Landes Berlin wird im Folgenden nachgegangen.

II.1 Karl Bröhan – Interessen und Ziele

Der 1921 in Hamburg geborene Karl Bröhan führte einen erfolgreichen Großhandel zahnmedizinischer Produkte[3]. Privat galt sein Interesse der Kunst und der Kultur; wiederholt führten ihn Reisen in das damals vom Rest der Deutschen Bundesrepublik getrennte West-Berlin, wo er sich aufgrund des freien Geistes und bunten kulturellen Klimas gerne aufhielt[4]. Mitte der 1960er Jahre veräußerte er sein Handelsunternehmen und zog mit Ehefrau Margit und Tochter Nicole nach Berlin, wo er 1966 die Ausstellung „Werke um 1900“ im Kunstgewerbemuseum besuchte. Diese entfachte seine Begeisterung für die darstellende und angewandte Kunst der Jahrhundertwende. Bereits zuvor hatte Bröhan eine Porzellansammlung angelegt und ausgebaut; diese fokussierte allerdings die Porzellankunst des 18. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu diesem etablierten und allseitig geschätzten Bereich des Kunsthandwerks empfand Bröhan die Zeugnisse handwerklicher und künstlerischer Tätigkeit aus den Jahren um 1900 als in Sammlungen unterrepräsentiert, im allgemeinen Kunstverständnis nicht ausreichend geschätzt und zu wenig gewürdigt[5]. Zwar erlebte der Jugendstil seit etwa 1950 bei Liebhabern eine Renaissance, nicht aber bei einem breiten Publikum[6].

Nachdem Karl Bröhan intensiv Literatur zu den Kunstströmungen jener Zeit konsultiert hatte, begann er eine ebenso tiefgehende Sammeltätigkeit. Er nahm an Auktionen im In- und Ausland teil, erstand Möbel und Kunst der Art Nouveau und des Art Deco (z. B. nach Entwürfen von Hector Guimard, Eugène Gaillard, Emile Gallé, J. E. Ruhlmann, später auch Peter Behrens, Richard Riemerschmid etc.)[7] und im Laufe der Zeit auch immer mehr Werke des Jugendstils. Objekte des Industrie-Designs und Funktionalismus kamen im Laufe der Zeit ebenfalls hinzu.

Sein Anliegen war es, in seiner Sammlung möglichst vollständig die angewandte Kunst der Zeit in den betreffenden Ländern, insbesondere Skandinavien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland, abzubilden[8]. Dabei legte er größten Wert darauf, jeweils die exzellenten Stücke der besten Manufakturen eines Landes in die Sammlung aufzunehmen[9].

Bröhan war jedoch nicht an der wahllosen Anhäufung möglichst zahlreicher Objekte interessiert; sein Ziel war auch die wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung und umfassende Erschließung der Bestände, woran er von Beginn der Sammeltätigkeit an arbeitete. Die sieben teils in mehreren Auflagen erschienenen Sammlungskataloge der Sammlung Bröhan, welche alle auf Karl Bröhans persönlichen Recherchen basieren, bezeugen dies.

An darstellender Kunst sammelte er fast ausschließlich Werke der Berliner Secession um die Künstler Hans Baluschek, Karl Hagemeister, Willy Jaeckel und Walter Leistikow. Die Aufnahme dieses Bestandes in die Sammlung begründete Bröhan mit seinem persönlichen Geschmack und Interesse[10]. Auch zur Erschließung der darstellenden Kunst betrieb er einigen Forschungsaufwand und konstatierte in einer seiner frühesten Sammlungspublikationen „Der Sammler stellte sich die Aufgabe, nach für das Verständnis der Kunst des Jahrhundertbeginns maßgebenden Malern zu forschen“[11].

II.2 Sammlungsentwicklung 1966 - 1997

Wie oben erwähnt, begann Bröhan nach dem Besuch der Ausstellung im Jahr 1966, eine private Sammlung zunächst vorwiegend angewandter, später auch darstellender Kunst der Zeit um das Jahr 1900 anzulegen.

Die Bestände wuchsen durch Ankäufe vor allem auf Auktionen im In- und Ausland. Im historischen Archiv des Bröhan-Museums ist durch ein „Ankaufsbuch“ aus dem Jahr 1969 der rege Zuwachs belegt. Die zum Teil sehr vagen („Besteck“), zum Teil sehr präzisen Bezeichnungen („Gemälde xxx von Walter Leistikow“) der Käufe sind ergänzt um die Ankaufssituation wie „aus Privatbesitz“ oder „Auktion am xxx bei xxx“ sowie Kaufpreis und Datum. Viele Werke insbesondere der darstellenden Kunst erstand der Sammler aus Künstlernachlässen.

Der große Zuwachs an Objekten führte nach stetig wachsendem Platzmangel im Wohnhaus der Familie Bröhan schließlich 1972 zum Kauf einer Villa in Berlin-Dahlem. Das Gebäude in der Max-Eyth-Straße 27 wurde nicht als Wohnhaus genutzt. Zunächst wurde die Sammlung Bröhan hier untergebracht und ab 1973 in Teilen ausgestellt[12].

Insgesamt umfasste die Sammlung zu dieser Zeit laut dem (bereits 1972, also vor Öffnung der Sammlung, erstellten) Ausstellungskatalog 200 Gemälde, einige hundert Handzeichnungen und Graphiken sowie über 1000 Kunsthandwerk-Objekte. Ausgestellt wurden auf einer Fläche von 550m2 141 Ölbilder und Pastelle, 52 Zeichnungen, 52 Lithographien und Radierungen und etwa 600 Kunsthandwerk-Objekte[13]. Das Privatmuseum wird in der Literatur als durch familiäre Atmosphäre geprägt beschrieben[14].

Karl Bröhan tätigte stetig weitere Ankäufe und die Bestände wuchsen. 1981 vermachte er anlässlich seines 60. Geburtstages die zu diesem Zeitpunkt mehr als 10.000 Objekte umfassende Sammlung dem Land Berlin.[15] Auch diese Zäsur beendete den Zuwachs nicht; nachstehende Tabelle weist die Ankäufe in den Jahren 1983 bis 1997 aus Privatmitteln Bröhans aus. Sämtliche in dieser Zeit erstandenen Objekte gingen in einer zweiten Schenkung anlässlich des 25jährigen Museumsjubiläums 1998 in den Besitz des Landes Berlin über[16].

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990
 46 929 865 559  663 849 207 154
 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 gesamt
 312 475 210 405 175 89 133 6071

 

II.3 Vom Privat- zum Landesmuseum

Die Schenkung der Sammlung an das Land Berlin war an die Bedingung geknüpft, diese in einem neu zu gründenden Museum auszustellen. Bröhans Kontakte zu Politikern wie Richard von Weizsäcker und Walter Momper[17] dürften sich förderlich auf die Schenkungsannahme und die Umsetzung der damit verbundenen Bedingung ausgewirkt haben. Der Jubiläumsband zum 30jährigen Bestehen des Museums enthält einige Abbildungen, welche Bröhan mit Politiker_innen zeigen.

Das Interesse des Landes Berlin an der Sammlung dürfte auch darin begründet gewesen sein, dass sich die Jugendstil-Sammlung zu dieser Zeit im Kunstgewerbemuseum im Ost-Berliner Schloss Köpenick befand. Kunsthandwerk dieses speziellen Stils war in den Sammlungen West-Berlins kaum vorhanden.[18]

Am 14. Oktober 1983 wurde das Bröhan-Museum dann in einer zum Bauensemble des Schlosses Charlottenburg gehörenden, ehemaligen Infanteriekaserne eröffnet. Die Innenräume des spätklassizistischen Gebäudes wurden durch die Architekt_innen Ute Weström und Winnetou Kampmann zuvor umgestaltet. Karl Bröhan wurde zum Museumsdirektor ernannt, der sich weiter dem Sammlungsausbau und der Bestandserforschung widmete.[19]

Zunächst wurde das Bröhan-Museum als städtische Einrichtung geführt, 1994 erfolgte die Umwandlung in ein Landesmuseum.

III. Die Sammlung

Das Bröhan-Museum wird häufig als Epochenmuseum bezeichnet. Die inhaltliche Zusammensetzung der Sammlung sowie ihre Verwaltung sind Thema der folgenden Abschnitte.

III.1 Inhaltliche Schwerpunkte

III.1.1 Angewandte Kunst

Die Sammlung angewandter Kunst des Bröhan-Museums umfasst insbesondere Möbel, Teppiche, Beleuchtung, Metall, Silber, Glas und Keramik. Diese sind den internationalen Kunstströmungen des Jugendstils bzw. Art Nouveau und Art Deco zuzurechnen; ferner finden sich viele Objekte des Funktionalismus in den Beständen.

Besonders zahlreich und von internationaler Bedeutung sind Porzellanobjekte des Jugendstils/Art Deco. Die bedeutendsten Manufakturen Skandinaviens, Deutschlands und Frankreichs sind durch Objekte vertreten, beispielsweise die Königliche Porzellan Manufaktur Berlin, die Manufakturen Meißen und Nymphenburg, aus Finnland Rörstrand, Bing & Grondahl sowie Sèvres aus Frankreich.

Karl Bröhans Intention war es, diese Kunstströmungen in den jeweiligen Ländern möglichst vollständig abzubilden: „… eine innerhalb des gesetzten Zeitrahmens möglichst vollständige Übersicht über die verschiedenen Entwicklungen im Bereich der angewandten Kunst zu bieten[20]“.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Glaskunst der Moderne[21]; bedeutende Namen wie Emile Gallé, Alfred Beckert, Richard Riemerschmid und Peter Behrens finden sich unter den Entwerfern.

Objekte im Stil des Funktionalismus in der Sammlung wurden beispielsweise nach Entwürfen von Tétard Frères und Jean Puiforcat gefertigt. Sie zeigen die Entwicklungen vom an der Natur orientierten Jugendstil zu einem Industrie-Design im Geist der 1920er und 30er Jahre.

III.1.2 Darstellende Kunst

Diesen Sammlungsbestand baute Karl Bröhan nach anderen Maßstäben auf als den der angewandten Kunst – mit den Bildwerken sollte keine Epoche vollständig abgebildet werden; hier stellte er seinen Geschmack sowie sein persönliches Interesse in den Vordergrund[22].

Den Bestandsschwerpunkt der darstellenden Kunst bilden Malerei und Graphik der Berliner Secession um Hans Baluschek, Karl Hagemeister, Willy Jaeckel und Walter Leistikow. Insbesondere die Werke Baluscheks wurden von Kaiser Wilhelm II. als „Rinnstein-Kunst“ verunglimpft. Gemeint waren Genredarstellungen aus dem Leben der Arbeiter, die sich stilistisch zwischen Naturalismus und Karikatur ansiedeln lassen und häufig zur sozialkritischen Betrachtung animieren[23].

Auch Plastiken aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm Bröhan in die Sammlung auf. Als von herausragender Bedeutung für das Bröhan-Museum seien hier die Künstler Jean Lambert-Rucki und Agathon Léonard genannt, die mit Bronzen wie „La prière“ (1932) und „Danseuse au bracelet“ (um 1900) Bildhauerei völlig neu interpretierten; weiter sind Künstler wie Ernst Barlach, Chana Orloff und Joseph Csaky durch Skulpturen und Plastiken in der Sammlung vertreten[24].

Noch heute wird die Sammlung stetig, aber in kleinem Umfang erweitert[25].

III.2 Bewahrung und Verwaltung der Sammlung

III.2.1 Sammlungsverwahrung

Durch die im Vergleich zu anderen Sammlungen überschaubare Anzahl von Objekten verwahrt das Bröhan-Museum seine Bestände in hauseigenen Depots. Geordnet sind diese nach Objektgattung – Möbel, Glaskunst, Malerei etc. Diese befinden sich in Keller und Obergeschossen des Museumsgebäudes[26].

Die unmittelbare Nähe der Sammlung wirkt sich positiv auf die Gestaltung der Ausstellungen sowie auf die Abwicklung des Leihverkehrs aus, welcher für das Bröhan-Museum für die Verwirklichung eigener Sonderausstellungen sowie den Verleih an andere Museen von großer Bedeutung ist.

III.2.2 Sammlungsverwaltung

Die Sammlung des Bröhan-Museums wird mit dem Datenbanksystem „MuseumPlus“ verwaltet. 1999 begann die heutige Leitung des Archives, die bis dahin überwiegend auf losen Blättern („Ankaufsblätter“) verzeichneten Objekte in die Datenbank aufzunehmen; Inventarnummern wurden erst zu diesem Zeitpunkt vergeben. Bis dahin waren alle Objekte mit der Nummer des Bestandskataloges und einer fortlaufenden Objektkatalognummer versehen worden[27.]

Heute sind alle Objekte der Sammlung verzeichnet, erschlossen und digitalisiert[28].

III.3 Archiv und Bibliothek

Dem Haus zugehörig sind eine Bibliothek mit etwa 5000 Bänden sachbezogener Literatur sowie ein historisches Archiv, in dem sich neben Künstlerbriefen auch Literatur findet.

Insbesondere sind Zeitschriften wie die „Schaulade“ zu nennen, ein historisches Journal für Glas, Keramik und Besteck. Diese Werke dienten und dienen der Bestandserforschung, wie etwa der Datierung einzelner Objekte. Teilweise ergänzte Karl Bröhan die Zeitschriften mit handschriftlichen Notizen wie „in der Sammlung vorhanden“. Auch Werbeanzeigen von Objekten, betitelt beispielsweise mit „Weltneuheit“, „erstmals auf der Messe“ etc. können bei der Erschließung von Objekten bedeutsam werden.[29]

III.4 Erforschung der Sammlung

Karl Bröhan war gelernter Kaufmann, eignete sich im Selbststudium durch Lektüre und Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen wie Ausstellungen jedoch fundiertes Fachwissen über die Kunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts an30. Den quantitativen Sammlungsaufbau wollte er stets durch wissenschaftliche Aufarbeitung und Erforschung der künstlerischen Hintergründe ergänzt wissen. Die Sammlung Bröhan publizierte von Beginn ihres Bestehens als Privatmuseum stets als Ergebnis der Forschung Bestandskataloge, unterteilt sind diese nach Kunstgattung und/oder Materialien.

Die Provenienz der Objekte blieb dabei lange Zeit meist im Hintergrund. Karl Bröhan erstand viele der Werke direkt aus Künstlernachlässen, was die Provenienzfrage lückenlos klärt. Bei ersteigerten Gütern allerdings scheint es, als hätte Bröhan keine Forschung nach dem Vorbesitz gestellt, häufig ist hier in den Ankaufsblättern nichts verzeichnet.

2016 führte das Bröhan-Museum in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutschutz ein Provenienzforschungsprojekt zum Nachlass des aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgten Kunsthändlers Oskar Skaller durch31. Im Nachgang des Projektes wurde eine (befristete) Stelle im Bröhan-Museum für die Provenienzforschung eingerichtet[32].

IV. Das Bröhan-Museum – Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus

Die von Karl Bröhan begründete Sammlung wird in einer Dauerausstellung und wechselnden Sonderausstellungen präsentiert. Im Erdgeschoss befindet sich die regelmäßig umgestaltete Dauerausstellung; im 1. und 3. finden mehrmals jährlich wechselnde Sonderausstellungen statt. Teilweise sind die Bestände auch online einsehbar.

IV.1 Dauerausstellung

Das Bröhan-Museum als Spezial- und Epochenmuseum zeigt Objekte des Kunsthandwerks, Möbel und vereinzelt Bildhauerei gleichberechtigt nebeneinander in nach Zeit und Entstehungsländern geordneten Ensembles33. Häufig wird die Präsentation durch schwarz-weiß-Aufnahmen ursprünglicher Anordnung der Möbel in Wohnsituationen ergänzt (siehe Abb. 12). Arrangiert sind die Objekte in folgender Hierarchieordnung: 1. Stil, 2. Land der Herstellung oder des Entwurfs, 3. Hersteller oder Künstler.

Die Dauerausstellung präsentiert auf ca. 1000m2 Kunsthandwerk des Jugendstils, Art Decos und Funktionalismus in etwa zweijährig wechselnden Arrangements[34].

In den Anfangszeiten des Museums war die Präsentation anders strukturiert – Kunsthandwerk und darstellende Kunst aus verschiedenen Ländern wurden gleichberechtigt nebeneinander in wohnsituationsartigen Ensembles ausgestellt. Zu nennen ist beispielsweise ein Speisezimmer, möbliert nach Entwürfen von Jaques-Emile Ruhlmann 1925/28, dekoriert mit einem Gemälde Willy Jaeckels und einer Plastik Jean Lambert-Ruckis, behängt mit einem Leuchter nach Franz Haegele und komplettiert durch einen Teppich Ivan da Silva Bruhns35. Diese Ausstellungsform orientiert sich möglicherweise an der bis in die 1920er Jahre vorherrschenden museologischen Praxis, Schauräume als Wohnräume zu gestalten36. Gleichwohl wurden die Objekte nicht als Einrichtungs- sondern als Kunstgegenstände präsentiert[37].

IV.2 Sonderausstellungen

Das Bröhan-Museum bietet Besucher_innen jährlich wechselnde Sonderausstellungen zu unterschiedlichen Themen aus Kunst und Design.

Aktuell wird zum 50. Jubiläum des Ost-West-Schmuckgipfels Jablonec das Werk europäischer Schmuckkünstler, entstanden im Rahmen eines Gipfeltreffens 1968, präsentiert. Dieses Treffen fand im Zeichen des „Prager Frühlings“ statt. Gezeigt werden Leihgaben des Museums im tschechischen Jablonec[38].

Weiter werden Grafiken des französischen Grafikerkollektivs Grapus ausgestellt, das sich 1968 gründete – auch dies also eine Ausstellung zu einem 50. Jubiläum. Pierre Bernard, François Miehe und Gérard Paris-Clavel entwarfen und druckten Plakate für soziale Organisationen, Gewerkschaften etc. zu den diese Zeit prägenden Themen wie Kapitalismuskritik, Friedens- und Arbeiterbewegung. Untersucht wird in der Ausstellung insbesondere die Beeinflussung von Kunst und Design durch Politik bzw. Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen und Gestaltung[39].

IV.3 Sammlungspräsentation online

Das Bröhan-Museum präsentiert seine Sammlung nicht eigenständig online. Dies hat mitunter Urheberrechtsschutzgründe; insbesondere liegt dies jedoch in dem großen personellen Aufwand begründet, mit welchem Erstellung und Verwaltung von Online-Datenbanken verbunden sind[40].

Allerdings wurden in Zusammenarbeit mit dem Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS) in insgesamt drei öffentlich geförderten Digitalisierungsprojekten sämtliche Bestände digitalisiert. Teilweise sind diese unter www.bildindex.de und www.deutsche-digitale-bibliothek.de online einsehbar.

In der Online-Datenbank des Bildarchives Foto Marburg sind mehr als 1100 Abbildungen von Werken der angewandten Kunst und deren bibliographische Daten eingepflegt. Die Deutsche Digitale Bibliothek zeigt über 1200 Graphiken, Malereien und Künstlerbriefe aus der Sammlung des Bröhan-Museums.

IV.4 Publikationen

Präsentiert werden die Bestände, zum Teil in regelmäßigen Neuauflagen, in den Bestandskatalogen des Museums. Folgende Kataloge wurden bislang verlegt (ungeachtet der Auflage):

I Porzellan-Kunst vom Rokoko bis zum Empire
II Kunst-Porzellane und Keramik um 1900
III Kunst der 20er und 30er Jahre
IV Kunst der Jahrhundertwende und der 20er Jahre
V Porzellan – Kunst und Design 1889 bis 1939 – Vom Jugendstil zum Funktionalismus
VI Metallkunst der Moderne
VII Glaskunst 1889 - 1939

Das Bröhan-Museum publizierte darüber hinaus in der Vergangenheit mehrfach Werke zur Geschichte und der Arbeit des Hauses sowie Sonderausstellungskataloge.

IV.5 Förderung und Unterstützung

Zusätzlich zu den Mitteln aus dem Haushalt des Landes Berlin erweitert das Bröhan-Museum seine Sammlung mit finanziellen Zuwendungen der Lotto Stiftung, dem Museumsfonds Berlin etc. Unterstützt wird es zudem vom 2004 gegründeten Förderverein „Freunde des Bröhan-Museums e. V.“ unter der Leitung der Witwe des Museumsgründers, Dr. Margit Bröhan41. Auf der Webseite des Hauses findet sich außerdem der Hinweis auf einen weiteren Förderer: „Freier Eintritt an jedem 1. Mittwoch im Monat – ermöglicht durch die Deutsche Wohnen SE[42].

V. Fazit

Ohne Zweifel sind die Leitgedanken Karl Bröhans noch heute in der Arbeit des Bröhan-Museums verankert. Seinem Ziel gemäß werden die in der Sammlung vertretenen Epochen möglichst vollständig in den Ausstellungen präsentiert. Somit hat Karl Bröhan durch die Sammlungsbegründung und seine konstante Mitwirkung an deren Ausbau bis zu seinem Tod im Jahr 2000 den Grundgedanken seiner Sammeltätigkeit, das allgemeine Interesse an der Kunst der Jahrhundertwende zu heben, umgesetzt: „Ich hatte bemerkt, dass in der Epoche um 1900 ein kaum bekannter Schatz lag, der nur darauf zu warten schien, gehoben zu werden[43].“

VI. Literaturverzeichnis

Becker, Ingeborg: Vorwort, in: Becker, Ingeborg; Kanowski, Claudia (Hrsg.): Bröhan Museum. Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus. München et al. 2006.
Becker, Ingeborg: Vorwort, in: Becker, Ingeborg (Hrsg.): 25 Kunststücke aus Jugendstil und Art Deco, Berlin 2011.
Bröhan, Karl: Bröhan Museum Berlin, Braunschweig 1984
Bröhan, Karl (Hrsg.): Katalog zur Ausstellung „Porzellan-Kunst“ im Schloss Charlottenburg Berlin 1969, Berlin 1969.
Bröhan, Karl: Rückblick, in Bröhan Museum (Hrsg.): Bröhan-Museum – Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus 1889 – 1939, erweiterte Auflage, Bonn 2002.
Bröhan Museum (Hrsg.): Bröhan-Museum – Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus 1889 – 1939, erweiterte Auflage, Bonn 2002.
Dreier, Franz-Adrian: Vorwort, in: Bröhan, Karl (Hrsg.): Katalog zur Ausstellung „Porzellan-Kunst“ im Schloss Charlottenburg Berlin 1969, Berlin 1969.
Friedrich, Julia; Prinzing, Andreas (Hrsg.): „So fing man einfach an, ohne viele Worte“ – Ausstellungswesen und Sammlungspolitik in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, Altenburg 2013.
Hiller von Gaertringen, Katrin; Hiller von Gaertringen, Hans Georg: Eine Geschichte der Berliner Museen in 227 Häusern, Berlin 2014.
Joachimides, Alexis: Die Museumsreformbewegung in Deutschland und die Entstehung des modernen Museums 1880 – 1940, Dresden 2001.
Sammlung Bröhan: Kunst der Jahrhundertwende und der 20er Jahre – Katalog der ständigen Ausstellung im eigenen Gebäude, Berlin 1972.

Online-Quellen
http://www.broehan-museum.de/, letzter Zugriff 11. Juli 2018.
https://www.digis-berlin.de/digis/info/, letzter Zugriff 11. Juli 2018.

Sonstige Quellen
Interview mit Dipl.-Ethn. Sonja Jastram, Leiterin Archiv und Bibliothek des Bröhan-Museums, geführt am 7. Juni 2018.

Tabelle 1: Sammlungsausbau durch Privatmittel Karl Bröhans in den Jahren 1983 bis 1997, nach Informationen aus Bröhan Museum (Hrsg.): Bröhan-Museum – Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus 1889 – 1939, erweiterte Auflage, Bonn 2002., Tabellenerstellung Elisabeth Schroll 2018.

Fußnoten:

1. Nach Aussage der Archiv- und Bibliotheksleiterin des Bröhan-Museums, Dipl.-Ethn. Sonja Jastram, Interview geführt am 7. Juni 2018.
2. vgl. Karl Bröhan 1984.
3. vgl. Karl Bröhan 2002.
4. ebd.
5. vgl. Karl Bröhan 1984.
6. vgl. Hiller-von Gaertringen.
7. vgl. Becker 2006.
8. vgl. Karl Bröhan 1984.
9. nach Aussage Dipl.-Ethn. Jastram, dieser und folgender Absatz.
10. vgl. Karl Bröhan 1984.
11. Zitat Karl Bröhan, aus Sammlung Bröhan: Kunst der Jahrhundertwende und der 20er Jahre – Katalog der ständigen Ausstellung im eigenen Gebäude, Berlin 1972, S. 15.
12. vgl. www.broehan-museum.de/das-museum/geschichte-des-hauses/.
13. vgl. Sammlung Bröhan 1972, S. 22.
14. vgl. Bröhan-Museum 2002.
15. vgl. Hiller-von Gartringen.
16. Absatz und nachstehende Tabelle: vgl. Bröhan-Museum 2002, S. 20 - 24.
17. vgl. Karl Bröhan 1984 und Aussage Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
18. Nach Aussage Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
19. vgl. dieser und folgender Absatz Becker 2006.
20. Zitat Karl Bröhan, vgl. Karl Bröhan 1984, S. 19.
21. dieser und folgende Absätze: vgl. Becker 2006.
22. vgl. Karl Bröhan 1984.
23. vgl. Becker 2006.
24. vgl. Karl Bröhan 1984.
25. nach Aussage von Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
26. Dieser und folgende Absätze beziehen sich auf Aussagen von Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
27. ebd.
28. ebd.
29. Nach Aussage der Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
30. vgl. dieser und folgende Absätze Bröhan 1972, Karl Bröhan 1984, Aussage Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
31. vgl. http://www.broehan-museum.de/das-museum/provenienzforschung/,
32. Nach Aussage Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
33. vgl. Becker 2006.
34. vgl. http://www.broehan-museum.de/das-museum/.
35. vgl. Becker 2006.
36. vgl. Joachimides, S. 253.
37. vgl. Hiller-von Gaertringen.
38. http://www.broehan-museum.de/aktuelles/jablonec-68-der-ost-west-schmuckgipfel/.
39. http://www.broehan-museum.de/aktuelles/das-franzosische-grafikerkollektiv-grapus/.
40. nach Aussage Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
41. Nach Aussage Dipl.-Ethn. Sonja Jastram.
42. vgl. http://www.broehan-museum.de/service/.
43. vgl. Bröhan 1972, S. 6.