Wurde ein Stück der Cöllner Stadtmauer gefunden?

Bei der Grabung am Berliner Schloss wurde unter dem Pflaster des westlichen Innenhofes ein mehrere Meter langes Mauerstück freigelegt, das exakt in der Richtung auf den einstigen „Grünen Hut" läuft. Daher vermuten die Archäologen, dass es sich um den nördlichen Teil der Cöllner Stadtmauer handelt. Dieser Verlauf war nicht zu erwarten, denn seit langem wurde zwar spekuliert, aber nie kam es zu einer entsprechenden Vermutung.

Die Meinung der Archäologen wird durch die „Akte zum Schloßbau", die sogenannte „Abtretungsurkunde", gestützt! Dort wird nicht nur das Baugelände des Berliner Schlosses beschrieben, sondern es wird auch die Cöllner Stadtmauer mit Graben erwähnt. Die Übereinstimmung zwischen Text und der obigen Situation ist eindeutig.

Allerdings muss man die tradierte Behauptung zur sogenannten „Klostermure" zurückziehen, denn man beschrieb sie als der nördliche Teil der Klostereinfassung. Nun wird jedoch deutlich, dass es sich um die westliche Seite handeln müsste. Zur Verdeutlichung eine Skizze.

coellner-stadtmauer

Skizze zur Erweiterung von Cölln nach 1297. (Nr. 1 bis 5 siehe Urkundentext)

 

Urkundentext (29 Aug. 1442)
(übertragen nach dem Mittelniederdeutschen Wörterbuch von Lübben durch Reinhardt Link und Hansjürgen Vahldiek)

  1. Von der Ecke der Klosterpforte zur Langen Brücke bis an die Spree
  2. Die Spree flussabwärts bis zur die Stadtmauer, die hier in der Ecke einen (rechten) Winkel bildet
  3. Darüber hinaus der Werder, der sich von der Ecke über die Stadtmauer und den Graben bis zur Spree erstreckt
  4. Ferner die Stadtmauer von der Spree bis gegen das Kloster
  5. Die Klostermauer entlang bis zur Stadtmauer mit Türmen, Wikhäusern und Graben


Demnach wurde die erste Cöllner Stadtmauer bei der Anlage des Klosters weit nach Norden verlegt (nach 1297). Dadurch entstand zwischen Kloster und Stadtmauer ein Geländestreifen von etwa 60 m Breite. Dieses Gelände lag 2 m tiefer. Die Archäologen fanden nämlich hier einen Nutzungsbereich, wo z. B. Handwerker ihren Arbeitsplatz hatten. Darauf deuten Feuerstellen hin. Das muss allerdings noch näher untersucht werden. Bis zum Schlossbau (nach 1442) hatte man offenbar hundert Jahre lang das Gelände genutzt. Nun musste man - sicherlich unter größtem Protest - weichen.

Den Archäologen ist wieder einmal zu danken, dass sie einen weiteren Beitrag zum Verständnis der Stadtentwicklung geleistet haben.


Hansjürgen Vahldiek, August 2011