Siehe auch: Projekt Alt-Cölln - Mitteilungen, - Heft 2, April 2009
Cölln, so hieß die eine der beiden Gründungsstädte Berlins
Sie hat sich wie die Schwesterstadt wohl seit dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts aus einer Kaufmannssiedlung entwickelt und um 1230 durch die askanischen Markgrafen Stadtrecht erhalten.
Der Name verschwand, als König Friedrich I. in einem Erlass von 1709 die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt sowie die Stadterweiterung Neucölln am Wasser unter der Bezeichnung Haupt- und Residenzstadt Berlin zu einer Stadt zusammenfasste. Seitdem 1899 die zur Stadt erhobene Gemeinde Rixdorf ihren Namen in Neukölln änderte (seit 1920 Bezirk von Berlin), hat Berlin diese historische Ortsbezeichnung - in leicht veränderter Form- wieder zurückerhalten.
Eine eindeutige ethymologische Klärung des Ortsnamens konnte nicht gegeben werden. Möglich ist nach dem heutigen Stand der Forschung eine slawische Herkunft (> Kollne = Sumpf) ebenso wie eine deutsch-lateinische (> colonia = Ansiedlung, Neusiedlung). Der Zuzug vieler Rheinländer nach Berlin-Cölln lässt daran denken, daß der Name der Stadt Köln, eine der ältesten deutschen Städte, Pate stand.
Einen Hinweis auf Köln am Rhein gibt das Patrozinium der Cöllner Stadtpfarrkirche St. Petri. In Köln wurde der Heilige besonders verehrt, während Petruspatrozinien in der Mark Brandenburg selten sind. Dass die Diözese Brandenburg an der Havel denselben Schutzheiligen gewählt hatte, mag die Cöllner noch bestärkt haben.
Der prominenteste Ort Cöllns dürfte bis in die Gegenwart das Berliner Schloss sein, obwohl es nicht mehr existiert, namentlich eher mit Berlin als Cölln verbunden zu sein scheint und jünger war als die Siedlung. Denn die Ersterwähnung Cöllns in der Urkunde vom 28. Oktober 1237 gab Anlass für die 750-Jahr-Feier Berlins im Jahre 1987.
Den Bauplatz für das Schloss hatte Kurfürst Friedrich II. den Cöllner Bürgern abgerungen und damit den Berliner Unwillen provoziert. Es wurde zum Teil entlang der Cöllner Stadtmauer bis 1451 errichtet. Der Schlossplatz erinnert an diesen historischen Ort.
Wo also lag Cölln?
Auf dem aktuellen Stadtplan sucht man es vergeblich.
Die Stadt Cölln umfasste das Gebiet der heutigen Spreeinsel ohne jenen Teil, den wir Museumsinsel nennen, also zwischen Fischerinsel und Schlossplatz. Das Stadtgebiet endete etwa am ehemaligen Staatsratsgebäude, dort schloss sich das Klostergelände des Dominikanerordens[Dominikanerkloster] an, der seit 1279 nachweisbar in Cölln angesiedelt war. Das Zentrum der Stadt, der Cöllner Markt mit der Stadtpfarrkirche St. Petri und dem Rathaus lag um den jetzigen Petriplatz und an der Scharrenstraße.
In dieser Gegend ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Was der Krieg nicht zerstörte, war vorher schon verschwunden oder wurde - wie die bis ins Mittelalter zurückreichende Bebauung der Fischerinsel nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Wenige historische Straßennamen wie Breite Straße, Gertraudenstraße, Mühlendamm, Scharrenstraße, Brüderstraße, Neumannsgasse geben Hinweise auf die ursprüngliche Struktur der Stadt.
Allein die Scharren- und die Brüderstraße - benannt nach den Marktscharren und den Dominikanerbrüdern - konnten sowohl ihren Verlauf als auch wenige Beispiele historischer Bausubstanz bewahren: Herausragend das Haus in der Brüderstraße Nr. 13. Kein geringerer als der Verleger, Schriftsteller und Aufklärer Friedrich Nicolai lebte und arbeitete hier. Die berühmte Nicolaische Buchhandlung lag am Ende der Brüderstraße, in der nicht mehr existierenden Straße An der Stechbahn. Das Haus Brüderstraße Nr. 13 war 1674 auf den Grundmauern eines mittelalterlichen Gebäudes errichtet und 1787 durch Carl Friedrich Zelter für Nicolai umgebaut worden. Durch Nicolai war es Mittelpunkt des bürgerlichen geistigen Lebens in Berlin in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die Sperlingsgasse heißt nach dem Roman "Chronik der Sperlingsgasse" von Wilhelm Raabe, erschienen 1854/55, der während der Niederschrift in Cölln wohnte und diesem Viertel mit seinem Werk ein literarisches Denkmal setzte.
In der Breiten Straße erinnert das wieder aufgebaute Ribbeckhaus an frühere und glanzvolle Zeiten dieser Gegend in Berlin. Es ist das einzige erhaltene, wenn auch späte Beispiel (1624) von Renaissancearchitektur in Berlin, wenn man vom Jagdschloss Grunewald absieht, das mit seiner Umgebung erst seit 1920 zu Berlin gehört. Im Inneren ist es modern ausgestattet, wie Besucherinnen und Besucher des Zentrums für Berlinstudien und Zuhörerinnen und Zuhörer der Vorträge (auch des Vereins für die Geschichte Berlins) im Berlin-Saal feststellen können.
Literatur:
Adolf Heilborn: Reise nach Berlin, Berlin 1925, Neuauflage 1966.
Literatur aus den Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins:
Hans Jahn: Berlin im Todesjahr des Großen Kurfürsten. Erläuterungen zum Perspektivplan von Johann Bernhard Schultz aus dem Jahre 1688 (= SVGB, Heft 55: Festschrift zum 70jährigen Bestehen des Vereins für die Geschichte Berlins), Berlin 1935, S. 23-29.
Gerhild H. M. Komander 07/2004
Ergänzender Literaturhinweis:
Hansjürgen Vahldiek: Cölln an der Spree - Ursprung und Wandel der Berliner Spreeinsel. Neue Ansätze in der Forschung. Berlin 2005
[Hinzugefügt von Jörg Kluge 10/2005]