2. 6. 2020

Jürgen Rambow

Meine Geschichte

Zum Ende des 2. Weltkrieges erinnere ich mich ( Jahrgang 40 ) an einen ausgebrannten Panzer in einer Nebenstraße und an den Panzergraben in der Parallelstraße. Wir wohnten in einem Vorort von Berlin, das Haus war von einer Bombe beschädigt und im Garten wurden Kartoffeln und Gemüse angebaut. Meine Mutter ging mit mir „ hamstern“, bei den Bauern der Umgebung nach Lebensmittel fragen und auf den Feldern haben wir zurückgelassene Ähren gesammelt um Brot zu backen.

Später in der Schule gab es noch Schichtbetrieb, aber mit Schulspeisung.

 

So ging es immer weiter: Schule, Lehre, Studium, das „normale“ Leben. Es ging uns gut mit der Perspektive auf eine positive Zukunft.

Dann kam der Mauerbau. Wir hatten keine Verwandtschaft oder enge Freunde im anderen Teil der Stadt und Westberlin war so groß, dass wir die Abgrenzung nicht spürten. Umso deutlicher wurde es, als ein Mitstudent beim Fluchtversuch erschossen wurde. Dir ganze Schule war geschockt und wir haben ein Kreuz zum Gedenken aufgestellt.

200602 fluchtversuch

200602 falschirmEinmal im Jahr fanden im Westen wie im Osten Militärparaden statt, für mich war der Höhepunkt der Absprung und die präzise Landung der Fallschirmspringer.

In dieser geteilten Zeit habe ich meine Frau kennengelernt. Der Umzug nach Berlin, im VW-Käfer, mit dem Fahrrad auf dem Dach durch die Grenzkontrollen. Jedes Kochbuch wurde durchblättert, um DDR-feindliches Material aufzuspüren.

Aber wir hatten eine Wohnung, konnten uns nach und nach einrichten, die Kinder wurden groß und wir haben schöne Reisen unternommen.

200602 zeitung hong kongIn den Tagen des Mauerfalls waren wir in Hong Kong. Meine Frau war im Bad und im Fernsehen lief ein Karatefilm. Plötzlich eine Laufschrift in deutscher Sprache: DIE BERLINER MAUER IST OFFEN. Ich rief meine Tochter an und der Jubel reichte bis China. Im Hotelzimmer neben uns wohnte ein Chinese, denn vor seiner Tür lag eine Chinesische Zeitung mit dem Bild der Berliner Mauer. Die Zeitung habe ich heute noch (der Nachbar möge es mir verzeihen).

Die Feierlichkeiten sind vorbei, Deutschland ist zusammengewachsen und was mich am meisten freut: das alles ohne Blutvergießen, ohne Racheakte, mit der Freude auf eine freie gemeinsame  Zukunft abgelaufen ist.