22. April 2015
Der Verein für die Geschichte Berlins war am 20. April zu Gast in der estnischen Botschaft in der Hildebrandstraße 5. Organisiert hatte die Führung dankenswerter Weise unser Vereinsmitglied, Frau Dr. Astrid Wokalek. Der Kulturattaché Harry Liivrand, selbst Kunsthistoriker und Musikkritiker, führte persönlich durch das Haus, dessen Geschichte höchst spannend ist.

 

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Tiergarten Hildebrandstraße Estnische Botschaft[1]

Vor rund 200 Jahren ist am südlichen Rand des Tiergartens die erste Berliner Villenkolonie entstanden, und der Schokoladenfabrikant Theodor Hildebrand erwarb 1852 ein Grundstück. Es wurde parzelliert und an weitere Bauherren verkauft. Das heutige, villenartige Gebäude wurde 1895 von den Architekten Reimarus & Hetzel errichtet und ist mit seiner Ausstattung weitgehend erhalten.

Die Bauherrin, Frau Hemptenmacher, verkaufte das Haus 1920 an den estnischen Konsul Voldemar Puhk. Im August 1940 wurde die Gesandtschaft der Sowjetunion übergeben. Während des Krieges wurden fast alle Häuser in der Hildebrandstraße zerstört. Nur drei Gebäude blieben fast unversehrt stehen, unter ihnen das Haus Nummer 5.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von den westlichen Hauptsiegermächten unter Treuhandschaft gestellt und „während der Abwesenheit des Eigentümers“ als Mietshaus genutzt, verfiel aber zusehends. Da das Haus im Britischen Sektor lag und Großbritannien die Besatzung Estlands durch die Sowjetunion nicht anerkannt hatte, blieb das Gebäude im Eigentum Estlands. Seit September 1991 ist die Republik Estland wieder Nutzer und Eigentümer. Im August 2000 wurde mit der Restaurierung des Hauses begonnen, und seit dem 1. Juni 2001 befinden sich in dem Gebäude die Büro- und Repräsentationsräume der Botschaft der Republik Estland sowie die Botschafterresidenzen.

Im Haus finden, Dank der finanziellen Hilfe der Botschaft und der Initiative ihres Kulturattachés, zahlreiche kulturelle Veranstaltungen statt. Derzeit können Besucher Mittwochnachmittags die Schmuckausstellung von Urve Küttner, der Grand Lady der estnischen Juwelierskunst, in der Botschaft ansehen. Es finden zahlreiche öffentliche Konzerte und Lesungen statt, über die man sich auf der Website der Botschaft unter www.estemb.de/veranstaltungen informieren kann.

Von Dr. Eva-Maria Barkhofen

1 Quelle: Wikimedia Commons Fridolin freudenfett (Peter Kuley) CC BY-SA 3.0