*um 1560 in oder bei Muskau – um 1640 in Märkisch Buchholz

Von Frau Dr. Doris Teichmann

Tharaeus wurde als Andreas Terreus Muscoviensis 1588 an der brandenburgischen Landesuniversität Frankfurt/O. eingeschrieben.[1] Wie lange er studierte ist unbekannt. Bekannt ist aber, dass er dort Übungen für wendische Theologiestudenten geleitet hat. Noch 1595 bezeichnete Kurfürst Johann Georg von Brandenburg  Tharaeus als Studenten der Universität. [2]Zu diesem Zeitpunkt frequentierte  er bereits 7 Jahre die Hochschule. Tharaeus‘ 1601 in Frankfurt/O. gedruckte Leichenpredigt für die am 14. Juli 1599 im Kindbett  verstorbene Christina von Langen auf Blossien weist nach, dass er 1599 Pfarrer Friedersdorf war, wobei nicht auszuschließen ist, dass er bereits einige Jahre zuvor nach dort berufen wurde.

Das 1609 bei Nickel Voltz in Frankfurt a.O. im Druck erschienene Lehrgedicht von Tharaeus Eine erbermliche Klage der lieben Fravv Gerste vnd ihres Brudern Herrn Flachs hatte Dornau 1619 im Amphitheatrum [3]und   Johannes Bolte 1897in den Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins nachdrucken lassen. Ausgangspunkt für das  Lehrgedicht könnte ein Tischgespräch Luthers gewesen sein, in dem er den Lebenslauf der Gerste darstellte. [4]Luthers  Enchiridion mit dem Kleinen Katechismus für die gemeine Pfarrherr und Prediger war nicht allein im Titel, sondern auch im Inhalt Vorbild für Tharaeus‘ Enchiridion Vandalicum, das 1610 im Druck erschien. [5]Wie Luther beklagte Tharaeus die unzureichende kirchliche Betreuung und die mangelhafte Bildung der Bevölkerung, die in Tharaeus‘ Fall kaum der deutschen Sprache mächtig war.

Im Jahre 1613 trat der brandenburgische Kurfürst trat zur reformierten Kirche über. Die Pfarrerschaft befürchtete, dass damit das geltende ius reformandi Geltung erlangen würde. Angesichts des starken Widerstands seiner Untertanen gegen das reformierte Glaubensbekenntnis verzichtete der Kurfürst in der Confessio Sigismundi vom 10. 5. 1614 auf sein Recht, die Religion seiner Untertanen bestimmen zu dürfen.

1613 bat Tharaeus den brandenburgischen Landesherrn um Unterstützung für den Druck einer wendischsprachigen Postille sowie um seine Versetzung an die vakante Pfarrstelle in Dissen bei Cottbus. [6]Beide Bitten blieben unerfüllt. Die Berufung des überzeugten Calvinisten Samuel Marquardt – er hatte zeitgleich mit Tharaeus in Frankfurt/O. Theologie studiert – an die Stelle des verstorbenen Altlutheraners Christoph Treuer haben sicherlich dazu beigetragen, dass Tharaeus Friedersdorf verließ, zumal dem Konsistorium seine harsche Ablehnung des calvinistisch-reformierten Glaubensverständnisses im  Enchiridion Vandalicum bekannt gewesen sein dürfte.

Das Evangelisches Pfarrerbuch der Mark Brandenburg führte an, dass Tharaeus ab 1628  in Märkisch (ehemals Wendisch) Buchholz Pfarrer gewesen sei. Die Leichenpredigt aus der Feder von Thareus für Eva Schenck von Landsberg aus dem Jahre 1618 belegt, dass er damals schon fast 10 Jahre dieses Pfarramt ausübte. [7]Bislang war nur sicher belegt, dass Tharaeus, der mit einer Tochter des 1619 verstorbenen Lübbener Oberamtskanzlers Gedeon Kindler von Zackenstein verheiratet war, 1627 ein Freihaus in Wendisch Buchholz erworben hatte. Aus den Beglaubigungsurkunden geht hervor, dass Joachim Friedrich Schenck, Herr von Landsberg auf Leuthen, Wusterhausen und Teupitz dieses Haus wegen der ihm von Tharaeus  geleisteten Dienste … Von aller Beschwerung und Urpflichten gäntzlich befreyet hatte. Die Verbindung Tharaeus‘ zur Familie Schenck von Landsberg und seine familiäre Verbindungen zur dortigen Adelsgesellschaft waren  sicherlich der Grund dafür, dass ihm die Beisetzungsfeierlichkeiten für Eva von Schönburg, Ehefrau des Albrecht Schenck von Landsberg auf Leuthen, Buchholz, Teupitz und Wusterhausen übertragen wurde, obwohl Großleuthen einen eigenen Pfarrer [8]hatte.

Ende der 20er Jahre verfasste Tharaeus den Weiber-Spiegel. Das ist eine lustige Comoedia von 7. Personen, den  Ehelichen Haußstand betreffende. Beschrieben von ANDREA THARÆO Muscoviensi, Pfarrherrn im Städtlein Bucholtz. Der Weiberspiegel wurde 1628 in Erfurt gedruckt.

Tharaeus Spur verliert sich in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Das letzte schriftliche Zeugnis datiert vom 9. 12. 1640, als er im Alter von etwa 80 Jahren in Lübben bei einem Kind des Ratsherrn und Steuereinnehmers Christian Bothe zu Gevatter stand. [9]

 

Anmerkungen:

[1] Der Name wurde in fiktivem Bezug zu lat. terra gebildet.

[2] „ ... teste Andreas Terreo, so Vnsre Vniuersitat zu Franckfurtt frequentirt“. Vergl. bei DORIS TEICHMANN, ebda. nach dem Original im Geheimen Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz – in Dahlem, Sign.: GStA PK. I. HA Geheimer Rat. Rep. 54, Nr. 4, Bl. 275. 

[3] .Amphitheatrum ... Encomia et commentaria avtorum, qua vetervm, qua recentiorvm prope omnivm: quibus res, avt pro vilibus wulgo aut damnosis habitae ... in dvos tomos ... à Caspare Dornavio philos. et medico. Hanoviae ... M.DC XIX., S. 222.
Der vollständige Titel lautet: Eine erbermliche Klage der lieben Fraw Gerste vnd ihres Brudern Herrn Flachs, die sie gehalten haben auff einem Stuck Acker, fur Friederstdorff im Ampt Storkow gelegen, wie offt vnd vielmal sie beyde durch der menschen Hende gezogen, vnd sehr vbel tractirt werden, ehe sie von ihnen können gebraucht werden. Diese hat angehöret ANDREAS  THARAEUS Muscouiensis, Pfarrherr daselbst, Welche er auffs Pappir gebracht, vnd was drauss zulernen sey, menniglichen mitgetheilet. Geschehen im Iahr 1609.

[4] Colloquia, oder/  Christliche/ nützliche/ Tischreden Doctoris Martini Lutheri / von den Heuptartickeln Christlicher Lehre/ vnd andern Christlichen vnd nützlichen Sachen / welche er in Collationen / am Tisch / vnd sonsten / gegen Gelerten Leuten / gegen seinen getrewen Mitgehülffen / auch gegen seinen Tischgenossen / frembden Gesten / vnd andern bekümmerten vnd angefochtenen Personen geführet. Erstlich / durch M. Joannem Aurifabrvm Vinariensem, Anno 1566. in Druck gegeben.... Gedruckt zu Jhena / durch Tobiam Steinman/ Im Jahre / M.D.Xcj. (S.226 f).

[5] ANDREAS THARAEUS / Enchiridion Vandalicum. Ein niedersorbisches Sprachdenkmal aus dem Jahre 1610. Herausgegeben und mit einer Einleitung und wissenschaftichen Kommentaren versehen von Heinz Schuster-Šewc, Domowina-Verlag Bautzen 1990

[6]DORIS TEICHMANN, Studien , S. 126, nach dem Original im Geheimen Staatsarchiv ? Preußischer Kulturbesitz ? in Dahlem, Sign.: GStA PK. I. HA Geheimer Rat. Rep. 43 Beeskow-Storkow, Nr. 26.

[7] OTTO FISCHER, Evangelisches Pfarrerbuch der Mark Brandenburg , 1941 Berlin, Bd. I, S. 102.

[8]Die aus dem Schlossarchiv Oels (1885) stammende, 53 Seiten umfassende Leichenpredigt wurde von der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden digitalisiert. http://digital.slub-dresden.de.

[9] 22.9. (1638): h. Christiano Bothen filiolam getaufft, dicta Catharina gefattern. Judith Leipoldin uxor consulis, Barbara Wendelers vidua. Elisabeth Bagleri uxor, Anna Maria Krausens filia, Dn. Andreas Tharae(us). Thomas Kruger von biebersdorff, Dns. Tobias Neander. 9.12. (1640) Dn. Christiano Bothen filiolum getaufft, dictus Martinus, geff. Ihr Gn. D. Albertus Ludwig Schenck her von landtsberg, D. Martinus Kraus Consul. D. Conradus Knisius Archidiacomus, D. Andreas Tharaeus, Rosina uxor Schelij, Catharina Alberti uxor. Sophia Springman dicta Speckmöllers.

Doris Teichmann, Studien zur Geschichte und Kultur der Niederlausitz im 16. und 17. Jahrhundert. Quellengeschichtliche Untersuchungen. Schriften des Sorbischen Instituts /  Spisy  Serbskeho Instituta, Bd. 16; Domowina-Verlag 1998  (320 Seiten).

  • Die Reformation im östlichen Teil des ehemaligen Markgraftum  Niederlausitz  und im benachbarten Niederschlesien / Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Übersetzung des Lutherschen Neuen Testaments durch Miklawš Jakubica 1548.
  • Andreas Tharaeus und die brandenburgischen Dichter seiner Zeit.
  • Andreas Tharaeus und die Migration evangelischer Lehrer und Geistlicher im Reformationsjahrhundert.
  • Mag. Johannes Bock - Bocatius - Sorabus - Lusatus – Vetschoviensis.
  • Michael Schander Cotbusiensis - ein Kommilitone Tharaeus’ und Bocatius’ an der Viadrina.

Doris Teichmann, Wendenpolitik im 17. Jahrhundert am Beispiel von Friedersdorf,  Letopis 46 (1999) 1, S. 16–33.  

Doris Teichmann, Quellenkundliche Erkenntnisse zu Andreas Tharaeus; Letopis 47 (2000) 2, S. 3–41

Doris Teichmann, Neue Erkenntnisse über Andreas Tharaeus Muscoviensis, Letopis 60 (2013) 1, 74 – 105