Das Charlottenburger Schloß
Zur Eröffnung wiederhergestellter Räume im Nering-Eosander-Bau
Von Margarete Kühn

Das Charlottenburger Schloß, das zu den bedeutendsten Bauten des Barock im norddeutschen Raum gehört, hatte im Krieg schweren Schaden erlitten. Der mittlere Bau von Johann Arnold Nering und der größte Teil des Neuen Flügels von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff brannten bis auf geringe Reste der Dekorationen aus; die Kuppel stürzte ein. Die Räume der Erweiterungsbauten Eosanders blieben größtenteils erhalten, jedoch nicht unversehrt.

Die Arbeiten zur Sicherung der Substanz wurden schon bald nach Kriegsende in Angriff genommen und bis 1956 mit Mitteln des Berliner Haushaltes durchgeführt. In diesem Jahr war der äußere Wiederaufbau des Hauptgebäudes von Nering und Eosander sowie des Neuen Flügels im wesentlichen abgeschloßen. Die Kuppel krönt seither eine Fortuna von der Meisterhand Richard Scheibes, die — gleich der ursprünglichen — die Richtung der Winde anzeigt.

Seit 1956 wird die Wiederherstellung des Schloß im Rahmen des damals begründeten Aufbauplanes für Berlin aus besonderen Bundeszuschüssen finanziert. Vom Nering-Eosander-Bau ist zunächst die weniger beschädigt gewesene östliche Hälfte fertiggestellt und im November 1959 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die westliche Hälfte und das Obergeschoß des Neringbaues konnten am 21. Mai 1966 für die Besichtigung freigegeben werden.

Lediglich die am Ende gelegene Kapelle, die bis auf die Süd- und Westwand zerstört war, harrt noch der völligen Wiederherstellung, zu der auch der Neubau, d. h. die klangliche Rekonstruktion der alten Orgel gehört, die mit gutem Grund mit dem Namen des berühmten Orgelbauers Arp Schnitger in Verbindung gebracht wird.

Damit präsentiert sich heute die Sommerresidenz Sophie Charlottes, der „philosophischen Königin" und Freundin von Leibniz, und König Friedrichs I., der sich nach dem Tode seiner Gemahlin dem weiteren Ausbau des Schlosses mit Hingabe widmete, nicht nur im Äußeren, sondern auch in der inneren dekorativen Ausgestaltung weitgehend in der uns bis zum letzten Krieg überlieferten Gestalt.

Während der Neue Flügel, der Friedrich dem Großen als Residenz dienen sollte, in klassizistischer Zeit in großen Teilen innen umgestaltet worden war, ist der ältere Bau von Nering und Eosander nach dem Tode Friedrichs I. nie einem Umbau unterzogen worden. Ihm eignet daher für die Zeit des Barock cm hoher geschichtlicher und künstlerischer Aussagewert.
Dieser beginnt mit den sehr bemerkenswerten städtebaulichen Bezügen, in die das Schloß hineingestellt ist, d. h. die gleichzeitig mit dem Schloß konzipiert worden waren. Mit der Erschließung des Obergeschosses — es ist seit der Verstaatlichung des Schlosses nach dem Ersten Weltkrieg jetzt zum erstenmal der Öffentlichkeit zugänglich — wird dieses städtebauliche Bezugssystem dem Besucher des Schlosses deutlicher als bisher.

Vom oberen runden Saal zieht die breite mehrreihige Lindenallee der Schloßstraße den Blick an: sie ist die repräsentative Auffahrtsavenue zu dem hoheitlichen Schloßbereich. Der heutige Sophie-Charlotte-Platz, an dem sie beginnt, ist zugleich als Bezugspunkt eines auf das Schloß ausgerichteten Koordinatensystems gedacht, dessen zweite Achslinie durch die via triumphalis des alten Berlin, die Straße „Unter den Linden", bestimmt ist, so daß beide Schlösser, die Hauptresidenz in der Stadt, deren Umbau damals schon ins Auge gefaßt war, und die neue villa suburbana hinter dem Tiergarten durch eine strenge geometrische Ordnung in Beziehung zueinander gesetzt sind.

Der Sog, den die Schloßallee für den Betrachter, der sich im oberen Vestibül des Schlosses befindet, besitzt, erlaubt es, sich den parallel laufenden Spandauer Damm, der erst später entstanden ist und der dem städtebaulichen System des Schlosses durchaus widerspricht, fortzudenken und sich das Schloß so vorzustellen, wie es als Schöpfung eines absolutistischen Bauwillens verstanden werden muß, als den beherrschenden Mittelpunkt eines strahlenförmigen Systems von Sicht- und Perspektivlinien, die in dem heutigen Straßengefüge, auch des weiteren Umraumes, noch rudimentär vorhanden sind.

Dieses außerordentlich großräumige Ordnungssystem war in den Grundzügen schon von Nering konzipiert worden, aber erst das von Eosander erweiterte Schloß bietet die architektonische Entsprechung zu jenem barocken Gedanken der allseitigen Ausstrahlung des Schlosses.

Es ist bestimmt durch die beiden gestaffelten Höfe in der Tiefenachse, die jenseits des Baues über den Garten hinaus ins Unendliche weiter zu führen schien, durch die nach vorn und den Seiten weit ausgreifenden Flügelarme, vor allem aber durch den hohen Kuppelturm, in dem die absolutistische Gesinnung des Königs am stärksten zum Ausdruck kommt. In dieser gleichsam sakralen Überhöhung des Baues mochte er die Verkörperung seines Königstums von Gottes Gnaden sehen.

Im Innern liegt der Schwerpunkt des räumlichen Organismus nicht an der Hof- und Stadtseite, sondern an der Gartenseite. Diese Ausrichtung ist durch den Neringbau bedingt. Als Sommerresidenz war er auf den Garten bezogen, der von Anfang an sehr weiträumig und nach den Gesichtspunkten der modernen französischen Gartenkunst Le Nôtres angelegt war. Hier, an der Gartenseite, springt ein ovaler Pavillon zur Hälfte m die Gartenterrasse vor, eine Freiräumlichkeit von erstaunlicher Modernität der baukünstlerischen Gesinnung.

Eine niedrige Kuppel sollte seine architektonische Eigenständigkeit und Geschlossenheit betonen. Sie war wahrscheinlich schon begonnen, als Eosander seine neuen großartigeren Pläne entwickelte und statt der gartenseitigen Kuppel den oben genannten hohen Kuppelturm an der Hofseite errichtete. Innen wird der Pavillon von zwei übereinanderliegenden Sälen eingenommen, von denen der obere den Hauptfestsaal des Schlosses bildet.

Wahrscheinlich unter Eosander im oberen Teil verändert und erhöht, umfängt der weite und lichte Raum den Besucher mit einer heiteren Würde, die schon Wesenszüge des Rokoko vorwegzunehmen scheint. Die inneren fünf Arkaden sind verspiegelt, ein beliebtes Dekorationsprinzip barocker Raumkunst, welche die gärtnerischen Schmuckanlagen und den Himmel gern im Innern widerspiegeln ließ.

Die Verspiegelung war im Laufe des 18. Jahrhunderts beseitigt worden, sie konnte aber auf Grund der Angaben eines im Jahre 1705 sogleich nach dem Tod Sophie Charlotte; auf gestellten Inventarverzeichnisses, das auch ausführliche Raumbeschreibungen gibt, rekonstruiert werden.

Hinter einer der Spiegelflächen ist eine Vitrine eingebaut worden, in der die preußischen Kroninsignien, die sich früher im Schloß Monbijou befanden, ausgestellt sind. Es sind dies: die Carcassen der Königs- und Königinkrone von 1701 (die Steine und Perlen hatte Friedrich der Große 1741 herausnehmen lassen und seiner Gemahlin [Elisabeth Christine]zur anderweitigen Verwendung übergeben), Zepter, Reichsapfel und Reichssiegel, der für das Leichenbegängnis des Großen Kurfürsten angefertigte Totenhelm, ferner das sog. Kurschwert, ein Zeremonialschwert, das Papst Pius II. (Aeneas Sylvius Piccolomini) dem Markgrafen Albrecht, späteren Kurfürsten Albrecht Achilles, für die Unterstützung seiner Kreuzzugsplanes am 6. Januar 1460 auf dem Konzil zu Mantua überreicht hatte, und das von Jobst Freudner aus Ulm in Königsberg angefertigte Reichsschwert des Herzogs Albrecht, das Schwert „von der Preußischen Souveränität".

Der obere ovale Saal bietet auch den besten Blick auf den Garten: das Parterre ist gut übersehbar, ohne daß das für einen Barockgarten so wesentliche kräftige Relief der Broderien und der mit Blumen und Stauden locker aber rhythmisch bepflanzten Einfassungen der Kompartimente in der geringen Aufsicht verschwindet.

Die architektonische Bedeutung des durch den Hauptfestsaal ausgezeichneten Obergeschosses erforderte auch eine entsprechende Ausbildung des Treppenhauses. Es ist nach längerem Hin- und Herplanen erst um 1704 entstanden. Friedrich I. nannte es später mit Recht — in einem Brief an die Kurfürstin [Sofie] von Hannover — „das schönste Ornament vom ganzen Haus". Der Raum ist von angenehmen Verhältnissen, licht, weit und durch plastischen Dekor, der Embleme der Künste und Jahreszeiten zeige, auf das reizvollste ausgeschmückt. Architektonisch besonders bemerkenswert ist, daß die Treppenläufe — nach Art der Treppen in französischen Adelshotels — à jour behandelt, d. h. freitragend konstruiert sind und dies offenbar zum ersten Mal in Deutschland. Dieses System ist zunächst auch ohne Nachfolge geblieben, da die Baugesinnung des deutschen Barock zu monumentaleren Anlagen drängte. Erst das intimere Raumgefühl des Rokoko hat bei uns ähnliche Anlagen entstehen lassen. So ist in Charlottenburg selbst die Treppenanlage Knobelsdorffs im Neuen Flügel typologisch engstens verwandt.

Obwohl das Obergeschoß den Hauptfestsaal enthält und auch außen durch eine Kolossalordnung von Halbsäulen als Hauptgeschoß gekennzeichnet und hervorgehoben ist, muß das Erdgeschoß insofern als das piano nobile gelten, als es die Wohnungen Sophie Charlottes und Friedrichs I. enthielt.

Hier hat Eosander an der Gartenseite die Verlängerung des Mittelbaues auf etwa das Dreifache geschickt benutzt, um das im Barock so beliebte Monumentalmotiv der Enfilade zu entfalten. Vom mittleren ovalen Saal aus gleitet der Blick nach links und rechts durch alle — insgesamt dreizehn — Räume bis m das Ende der Flügel, wo er durch Fenster weiter ins Freie gelenkt wird.
Diese Raumflucht durchschreitend, gewahrt man eine überlegte der Risalitbildung der langen Gartenfront entsprechende Rhythmisierung der Räume nach Form und Größe, die zugleich auch ihrem verschiedenen Zweck und Rang Rechnung tragt. Ursprünglich hatten alle Räume dieser Front bis auf den Boden reichende Schiebefenster, so daß man von ihnen unmittelbar auf die Gartenterrasse gelangen konnte. Es wäre zu wünschen, daß dieses für den ursprünglichen Charakter des Sommerschlosses wichtige und das architektonische Gesamtbild wesentlich mitbestimmende Fenstersystem wiederhergestellt würde.

Während die Enfilade die beiden Phasen des Schloßbaues geschickt überspielt, wird bei näherem Zusehen in dem System der dekorativen Ausgestaltung ein Umbruch deutlich spürbar. Die Wohnräume des Neringbaues haben flache Decken, diejenigen aus der Zeit Eosanders sind gewölbt, an der Gartenseite sogar so hoch, daß für ein Obergeschoß kein Raum blieb und die Fenster der zweiten Etage verblendet werden mußten.

An der Hofseite, wo ein echtes zweites Geschoß erhalten bleiben sollte, sind die Decken Eosanders nur leicht muldenförmig gewölbt, aber die Dekoration, die sich hier besonders gut erhalten hat, ist völlig neuer Art. Während im Neringbau kräftiges stuckiertes Akanthusblattwerk, die Bildfelder aussparend, den Grund der Decke überzieht, finden wir in diesen nur um wenige Jahre jüngeren Räumen eine elegante, graziöse, die ganze Decke überspielende ornamentale Malerei im Stil der französischen Dekorationsmaler Bérain und Audran.

Sie zeigt, mit welcher Aufgeschlossenheit Eosander, der im Jahre 1700, als er die Bauleitung des Charlottenburger Schlosses übernahm, zu einer Studienreise nach Frankreich geschickt worden war, dort die modernen Dekorationsprinzipien aufgenommen hatte. Auch die übrige Ausgestaltung dieser und der anderen Räume Eosanders läßt den Fortschritt in der raumkünst-lerischen Gesinnung erkennen, der mit der Übernahme der Bauleitung durch Eosander eingetreten war.

Von diesem stilistischen Gefälle der beiden Bauphasen abgesehen, zeichnet in gleich anspruchsvoller Weise eine reiche typologische Abwandlung den gesamten Raumkomplex aus. Es gibt meist als Wohnräume dienende getäfelte und textil behandelte Räume, die jeweils wieder wirkungsvoll variiert sind.

Während sich die getäfelten Räume meist erhalten haben, sind die empfindlichen Seidenbespannungen im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts mehrfach erneuert, z. T. auch durch Papiertapeten ersetzt worden. Bei der jetzigen Wiederherstellung
haben die meisten dieser Räume neue Seidenbespannungen erhalten, die nach zeitgenössischen Vorbildern fadengenau in den überlieferten Farben nachgewebt worden sind. Den künstlerischen Höhepunkt bildet das Porzellankabinett, mit dem Eosander den Raumtypus des wohnlich eingerichteten Spiegelkabinetts, wie es auch der Bau Nerings noch besaß, zu einem nur dem ästhetischen Genuß dienenden Raumkunstwerk erhoben hat. Die Lage am (westlichen) Ende des Gartenflügels erlaubte es, den Raum von zwei Seiten durch je drei Fenster zu erhellen und ihm damit eine besondere Lichtfülle zu geben.
Die Wände waren meist verspiegelt, so daß sie das bunte Bild der ostasiatischen Porzellane vielfältig gebrochen zurückwerfen und das „Gesicht wird um so mehr surpreniert, indem man zu gleicher Zeit den Prospekt des Parterres und der Alleen des Gartens in denen Spiegeln entdecket" (Eosander im Theatrum Europaeum).

Das Barocke in der barocken Kunst hat in solchen Porzellankabinetten wohl seine apartesten Blüten getrieben. Daß der Raum, der den größten Teil seiner Porzellane durch die Nachkriegswirren eingebüßt hatte, wieder weitgehend mit chinesischem Porzellan — meist der Kang-hsi-Zeit — ausgestattet werden konnte, ist der großzügigen Unterstützung der Deutschen Klassenlotterie Berlin zu verdanken.

Das Schloß sollte noch einen zweiten Prunkraum erhalten: einen ganz mit Bernstein inkrustierten Raum. Wir vermuten, daß dieser Schmuck für das spätere Rote Tressenzimmer bestimmt war. Auf Grund einer Rechnung darf angenommen werden, daß die Arbeiten 1711 im wesentlichen fertiggestellt waren.

Zum Einbau ist es aber offenbar nicht mehr gekommen. 1717 schenkte Friedrich Wilhelm I. die kostbare Dekoration dem Zaren Peter dem Großen. Im letzten Krieg wurde sie von deutschen Kunstschutzoffizieren aus dem unter Beschuß gelegenen Schloß Zarskoje Sselo, in dem es die Zarin Katharina hatte einbauen lassen, nach Schloß Königsberg verbracht. Mit dem Kriegsende verlieren sich leider die Spuren dieses im gesamten deutschen Schloßbau einzigartigen Raumschmuckes.

Die Ausstattung des Schlosses zur Zeit Sophie Charlottes und Friedrichs I. mit beweglichem Kunstgut, die durch Inventarverzeichnisse weitgehend überliefert ist, weist natürlich große Lücken auf. Doch ist genügend Inventar erhalten, um von dem Wohnstil jener Zeit des preußischen Barock gültige Eindrücke vermitteln zu können.

Ja, Charlottenburg nimmt wohl im Hinblick auf die Erhaltung des räumlichen Ensemble unter den deutschen Barockschlössern einen besonderen Platz ein. Zunächst ist die durch das genannte Inventar von 1705 bezeugte große Vorliebe für die ostasiatische Kunst heute noch deutlich zu verspüren.

Holländische Lackkabinette wie auch europäische Möbel, die die chinesische Lackmalerei nachahmen — es sind teils Berliner, teils auch holländische und englische Arbeiten — sind noch in größerer Zahl im Schloß vorhanden. Daneben gibt es eine Anzahl naturfarbener Möbel (meist Nußbaum) mit vorzüglicher Einlegearbeit.

Zu den wertvollsten Ausstattungsstücken, um die Friedrich der Große das Schloß seiner Großmutter bereicherte, gehören die Wirkteppiche der Berliner Manufaktur Charles Vigne, mit denen er das Vorzimmer westlich des ovalen Saales und die anschließende Audienzkammer Sophie Charlottes ausschmückte, dessen chinesische Seidentapeten, auf denen „gelackte indianische Portraits" hingen, offenbar nicht mehr erhalten waren. Nach diesem Krieg sind noch weitere Wandteppiche der Manufaktur von Vigne hinzugekommen, die aus anderen Schlössern stammen oder hinzu erworben werden konnten.

Unter den Bildern sind diejenigen aus dem Besitz Sophie Charlottes besonders bemerkenswert, nicht nur wegen ihrer Qualität, sondern auch als Zeugnisse der geistigen und künstlerischen Interessen dieser hervorragenden Frau. Besonders schätzte sie Anthonie Schoonjans, der 1702 einige Monate an ihrem Hof war und in dieser Zeit eine außerordentlich fruchtbare Tätigkeit entfaltet hat.
Daß der Künstler seinen eleganten Eklektizismus mit physiognomischer Lebendigkeit zu verbinden wußte, mochte die Vorliebe Sophie Charlottes für seine Kunst begründen. Das große Bild ihres Sohnes als David mit der Schleuder, das jetzt wieder an seinen angestammten Platz in ihrem Schlafzimmer zurückgekehrt ist, und das Bildnis eines russischen Erzbischofs, des Metropolitan von Philippopel, der mehrere Jahre in Berlin gewesen war, gehören zu den besten Gemälden der Sammlung. Das in ihrem Besitz befindlich gewesene Bildnis von Leibniz hat sich leider nicht erhalten.

Die Porträts italienischer Musiker — Buononcini, Ariosti, Pasquini, Corelli — bezeugen die große Vorliebe der Königin für die italienische Musik, der sie erstmals in Berlin eine Pflegestätte bereitete. Von ihnen ist Ariosti mehrere Jahre, Buononcini, der sie im Tonsatz unterrichtete, nur kurze Zeit am Lietzenburger Hof gewesen.

Der sehr reduzierte Gemäldebestand ist seit der Verstaatlichung des Schlosses nach dem Ersten Weltkrieg durch die „Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten", die einstige preußische wie die jetzige Berliner Schlösserverwaltung, vor allem um Werke von Antoine Pesne, dem Hofmaler Friedrichs I., Friedrich Wilhelms I. und — vor allem — Friedrichs des Großen, wesentlich ergänzt worden.

Unter den Neuerwerbungen befinden sich etliche Arbeiten seiner Frühzeit, die sich durch die Verbindung einer geschönten Darstellung des Menschen mit physiognomischer Lebendigkeit jenen vorerwähnten Bildern von Schoonjans natürlich anfügen.

Die ehemaligen Wohnräume des Obergeschosses sind im Krieg völlig vernichtet worden und konnten aus Mangel an dokumentarischen Unterlagen nicht in ihrem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt werden.
Sie wurden mit Kunstwerken ausgestattet, die sich auf den Großen Kurfürsten beziehen, auf den der Besucher des Schlosses schon durch das Reiterdenkmal im Ehrenhof hingewiesen wird, in dem Andreas Schlüter Wesen und Persönlichkeit dieses Begründers des brandenburg-preußischen Staates großartig und gültig zum Ausdruck gebracht hat. Unter den ausgestellten Kunstwerken verdienen die Wirkteppiche der Berliner Manufaktur von Mercier, die die Siege des Großen Kurfürsten gegen die Schweden darstellen, besondere Beachtung. Das bedeutendste Gemälde dieser Schau ist die Apotheose des Großen Kurfürsten (1682 )von Michael Willmann, einem der virtuosesten und eigenwilligsten Maler des deutschen Barock, der — in Königsberg geboren — auch einige Jahre (etwa 1658 bis 1661) am brandenburgischen Hof tätig gewesen war.

Der oranischen Allianz des Großen Kurfürsten ist ein Raum mit Bildnissen von Willem van Honthorst, Jan Mytens und Mathias Czwiczek gewidmet. Schließlich gilt eine kleine Sammlung von Gemälden und Zeichnungen dem Gedächtnis des Berliner Schlosses. Diese Schau soll vor allem denjenigen Besuchern, die das einzigartige Bauwerk nicht gekannt haben, einen Eindruck von seiner bildnerischen Kraft und eigenwilligen Größe vermitteln.

So reicht die Spanne des heute in dem wiederhergestellten Nering-Eosander-Bau dem Besucher Dargebotenen vom originalen Schloßraum bis zum neuen schloßgemäßen Museumsraum und er erlebt das Schloß wieder als ein aus Architektur, Garten und beweglichem Kunstbesitz bestehendes Gesamtkunstwerk, das die Kunst und Kultur des brandenburg-preußischen Barock beispielhaft zu vergegenwärtigen vermag.

Aus: "Mitteilungen" N. F. 7, Januar 1967

Redaktion: Gerhild H. M. Komander 3/2005