Martin Mende (Juni 2013)

Die Gerichtstraße erstreckt sich von der Müllerstraße im Westen über den Nettelbeckplatz bis zur Einmündung der Gartenstraße in die Grenzstraße im Osten. Sie hat ihren Namen seit 1827 nach dem Hochgericht, was sich an der Gartenstraße auf dem Gelände des heutigen Gartenplatzes befand. Der Gartenplatz hieß bis 1861 noch Galgenplatz. Die letzte Hinrichtung fand am 2. März 1837 statt. Die Witwe Meyer wurde gerädert, weil sie ihren schlafenden Mann mit einem Beil erschlagen hatte.

Das ehemalige Vorwerk Wedding war Namensgeber des Bezirks Wedding. Das Vorwerk befand sich zwischen den späteren Straßenverläufen Gericht-, Reinickendorfer- und Wiesenstraße, wurde 1817 von der Stadt Berlin erworben und anschließend parzelliert oder verpachtet. Als Hauptstraßenzug konzipierte man im 19. Jahrhundert die Gerichtstraße wie die Müllerstraße mit einer Breite von 23,5 m.

1828 wurde der erste Weddinger Friedhof in der Gerichtstraße 21-23 (heute 37/38) eingeweiht und 1909/10 das erste Berliner Krematorium gebaut. Das Totenbuch führte bis 1856 der Lehrer Wilhelm Friedrich, der am Anfang nicht nur der einzige Weddinger Lehrer war, sondern auch als Totengräber wirkte. Als der Schulvorsteher Friedrich 1860 nach der Feier seines 50jährigen Dienstjubiläums in den Ruhestand trat, bestand die Schule bereits aus 5 Knaben- und 5 Mädchenklassen. Die Stadt Berlin betrat mit dem städtischen Friedhof Neuland, denn bisher gab es für Begräbnisse nur die von den Kirchen angelegten Kirchhöfe. Die Kirchen wollten ihre Monopolstellung behalten. Eine Beschreibung des Friedhofs und des Krematoriums findet man bei Gerhild H. Komander „Der Wedding", Berlin 2006, S. 97-100, im Buch Geschichtslandschaft Berlin Wedding, eine Publikation der Historischen Kommission zu Berlin, Berlin 1990, S. 170-187 und in der Denkmaltopographie Denkmale in Berlin, Bezirk Mitte, Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen, Petersberg 2004, S. 182-185.
Das Krematoriumsgebäude wurde 2012 vom Berliner Liegenschaftsfonds an die Immobilienkaufleute Frank Duske und Jörg Heitmann veräußert. Die Käufer planen ein Kulturquartier mit Galerien und Ateliers.

Der Plan von den Umgebungen Berlins, angefertigt von Lampe 1827, weist nur wenige Baulichkeiten im Bereich des Beginns der Gerichtstraße in Fortsetzung der Gartenstraße auf. Die Gerichtstraße von der Grenzstraße bis zum Nettelbeckplatz gehörte zum eigentlichen Weddingland, ausgenommen das Areal um das ehemalige Stadtbad Wedding bis zur Ravenéstraße, der „Kleine Wedding". Westlich der Reinickendorfer Straße liegt die Gerichtstraße im ehemaligen Heideanteil der Stadt Berlin und des Vorwerks Wedding.

Das Stadtbad Wedding in der Gerichtstraße 65 wurde nach einem Entwurf von Ludwig Hoffmann erbaut und am 15. Juni 1908 eröffnet. Der Badebetrieb musste 1999 aus baulichen und hygienischen Gründen eingestellt werden. Nach mehrjährigem Leerstand erwarb der Immobilienentwickler Arne Piepgras das Gebäude und stellte es für eine kulturelle Zwischennutzung zur Verfügung („Stattbad Wedding").
In der Gerichtstraße 27 ließ die 1858 gegründete Berliner Wäschefabrik AG vorm. Gebr. Ritter von 1910-1912 ein fünfgeschossiges Fabrikgebäude errichten. Der unter Denkmalschutz stehende Bau an der Ringbahn wird von der IB Hochschule Berlin, einer staatlich anerkannten privaten Hochschule, genutzt.
Gerichtstraße 12/13: In den sechs denkmalgeschützten Gewerbehöfen der Gesobau aus dem Jahre 1912 haben unter anderen etwa 70 Künstler ihre Ateliers. Auch die Walter Bergmann Werkzeugbau GmbH hat hier ihren Sitz.